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Hellmut Meyer und Ernst, Autographenhandlung und Antiquariat <Berlin> [Hrsg.]
Der Prinz von Preussen und das Revolutionsjahr 1848: 232 Briefe des Prinzen Wilhelm an König Friedrich Wilhelm III. Briefe des preussischen Königshauses und anderer Fürsten ... Versteigerung (Katalog Nr. 37) — Berlin, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.5719#0091
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88

326 — Photoansichtskarte (Arbeitszimmer des Fürsten in Villa Malta) mit
4 eigh. Zeilen u. U. (Rom), 4. V. 1913.

327 - 2 Briefe mit eigh. Kompliment u. U. Rom, 23. II. u. 18. III. 1915.

3 Seiten. 8°.

Vertrauliche Mitteilungen an einen Geheimrat über seine Ver-
handlungen in Rom 1914—1915 wegen einer Verständigung zwischen Oesterreich-Ungarn
und Italien. Beiliegend: Postkarte (Ansicht seines Arbeitszimmers) m. eigh. Kompli-
ment u. U. Rom, 4. V. 1915. „Der glorreiche Sieg im Osten war uns Deutschen am
Tiber eine grosse Freude."

328 - Brief m. eigh. Kompliment u. U. Berlin, 8. XII. 1921. 6 Seiten. 8».

Soweit von einer Schuld Deutschlands am Kriege überhaupt gesprochen werden
kann, lag sie nach dem Urteil Bülows in der ungeschickten und kurzsichtigen Politik
des Reichskanzlers v. Bethmann-Hollweg und seines Staatssekretärs v. Tagow. Statt
noch im letzten Augenblick die Absendung des Ultimatums und die Abreise des öster-
reichischen Gesandten in Belgrad, des Freiherrn v. Giesl zu verhindern, Hessen sie den
österreichischen Staatsmännern völlig freie Hand und erkannten die grauenhafte Gefahr
erst, als es zur Abwehr zu spät war. Man schob in Berlin einen grossen Teil der Schuld
am Ausbruch des Krieges dem „kriegslustigen" Freiherrn v. Giesl zu. Von ihm rühre auch
der Ausdruck „Ultimatum" her, der „sofort von dem Grafen Berchtold schriftlich gerügt
wurde, als dieser unheilvolle Mann in Wien sofortiges kriegerisches Vorgehen verlangte
und dabei die Bezeichnung Ultimatum in Bezug auf die bekannte österreichisch-ungarische
Note gebrauchte." Weder die Diplomaten des Wiener Ballplatzes noch die der Berli-
ner Wilhelmstrasse waren ihrer Aufgabe gewachsen und wenn auch kein „dolus" bei
ihrem Entschluss zum Kriege vorwaltete — von einer „maxima stultitia" kann man
weder Wien noch Berlin freisprechen. Im weiteren Verlauf seines Briefes kommt Bü-
low auf die bosnische Krise zurück, als sich Europa ebenfalls am Rande des Krieges
befand und nur durch sein Eingreifen die drohende Katastrophe vermieden wurde.

329 — Zwei Berichte eines Diplomaten in Maschinenschrift mit eigh. Korrek-
turen über Gespräche mit dem Fürsten Bülow vor und nach dem Aus-
bruch des Krieges. 1913—14. 9 u. 11 Seiten. Folio u. Reischach, Hugo,
Frhr. von, Oberhofmarschall. 2 eigh. Briefe m. U. Berlin 27. XI. 1929
und Karlsruhe, 2. I. 1930.

In beiden Berichten tritt das deutliche Bestreben Bülows hervor, sich von dem Vor-
wurf zu reinigen, der Wiener Diplomatie jene blinde Gefolgschaft geleistet zu haben,
die in dem Wort von der „Nibelungentreue" gipfelte, und dadurch dem deutschen
Zusammenbruch an der Seite Oesterreichs die Wege bereitet zu haben. „Ich habe
Oesterreich-Ungarn die Nibelungentreue gehalten, sagte er, aber niemals hätte' ich
unseren unzuverlässigen Freunden an der Donau die Führung überlassen. Ich habe
viel zu lange in Wien gelebt, um nicht längst im Klaren gewesen zu sein über die
Schwäche und grosse Unzuverlässigkeit unserer Bundesgenossen . . . Leider gelang es
der persönlichen Liebenswürdigkeit und der traditionellen geschmeidigen Art der Wie-
ner Diplomaten, uns das Heft langsam aus der Hand zu winden." Auf den Krieg über-
gehend äusserte er die schlimmsten Befürchtungen. „Ich sehe sehr schwarz in die
Zukunft. Der Krieg wird ungeheure Dimensionen annehmen und mindestens mehrere
Jahre dauern. Auch ein siegreiches Deutschland wird materiell ruiniert aus dem Kriege
hervorgehen . . . Die Zeit arbeitet gegen uns ... Ich habe die ernstesten Befürchtun-
gen für Kaiser und Reich und das Haus Hohenzollern ... Ich weiss, dass ich in Ber-
lin persona ingratissima bin, dass man meine Korrespondenzen und meinen Verkehr
durch geheime Agenten aufs schärfste kontrollieren lässt und dass ich auf Schritt und
Tritt durch geheime Spitzel verfolgt werde."

Gegen die Ausführungen Bülows wandte sich Freiherr v. Reischach in
2 Briefen von unerhörter Schärfe. Für ihn war Bülow überhaupt kein Diplomat, nur
ein Seiltänzer, eine willenlose Puppe in den Händen des pathologischen Narren v. Hol-
stein. Wie konnte ein Mann, der solch ein Hasser Oesterreich-Ungarns war, von der
Nibelungentreue sprechen! Geradezu schamlos aber war der Brief, den er an Theo-
dor Wolff vom Berliner Tageblatt sandte und den dieser nach dem Tode Bülows ver-
öffentlichte. „Wenn es im Himmel ein Kriegsgericht gibt, das über diese Deutsche tagt,
welche ihrem Vaterlande geschadet, so gehört Bülow zu denen, die erschossen werden."

Hellmut Meyer & Ernst, Berlin W 35. Lützowstrasse 29.
 
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