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Hubel, Achim [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Aufbruch ins zweite Jahrtausend: Innovation und Kontinuität in der Mitte des Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 16: Ostfildern, 2004

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van Eickels, Klaus,: Zeitenwende oder Mitte des Mittelalters? Lebensordnungen und Ordnungsvorstellungen im Umbruch des 11. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.34730#0019

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KLAUS VAN EICKELS

Zeitenwende oder Mitte des Mittelalters?
Lebensordnungen und Ordnungsvorstellungen im
Umbruch des 11. Jahrhunderts
Deutsche Historiker sind es gewöhnt, das Mittelalter in drei Phasen einzutei-
len. Früh-, Hoch- und Spätmittelalter sind im Sprachgebrauch der Forschung
so fest verankert, dass sich ein weiteres Nachdenken darüber zu erübrigen
scheint. Evident und bewährt erscheint aus deutscher Sicht die Einteilung der
1000 Jahre des Mittelalters in drei etwa gleich lange Perioden. Dynastische
Brüche und die Auflösung übergreifender Strukturen markieren die Wende-
punkte: Das Zerbrechen des karolingischen Großreiches wurde zum nicht
mehr hintergehbaren Ausgangspunkt der Entstehung Deutschlands und
Frankreichs, als nach der Einheit des Herrschaftsverbandes auch die dynasti-
sche Einheit verloren ging und die einzelnen Reichsteile sich Könige aus den
Reihen ihres eigenen Adels wählten. Das Ende der Staufer leitete über zu
einer Phase springender Königswahlen ohne dynastische Kontinuität und
machte so den Weg frei für den deutschen Sonderweg der Staatswerdung auf
der Ebene der Territorien.
Die übrigen Dynastiewechsel traten demgegenüber als Zäsuren zurück.
Besonders eng verbunden erscheinen in der Rückschau die drei aufeinander-
folgenden hochmittelalterlichen Dynastien. Die Staufer leiteten sich in weibli-
cher Linie unmittelbar von den Saliern her. Deren Ansippung an die Ottonen
war zwar zweifelhaft, doch übernahmen sie in vieler Hinsicht deren Herr-
schaftspraxis. »Ottonisch-salisch« wurde Generationen von Mediaevisten zur
festen Fügung, seit Leo Santifaller 1953 den Begriff des »ottonisch-salischen
Reichskirchensystems« geprägt hatte1 2. Unter den kritischen Augen der neue-
ren Forschung mutierte zwar das »Reichskirchensystem« zur »Reichskirche«;
»ottonisch-salisch« aber blieb auch diese“.
Die Zeit um 1000 als eine Zeitenwende zu betrachten, erscheint vor dem
Hintergrund dieser Tradition geradezu abwegig. Gewiss, der Übergang der
Herrschaft vom heiteren römischen Jüngling Otto III. auf den finsteren baye-
rischen Herzog Heinrich II. bedeutete einen tiefen Bruch, da Königsnähe und

1 Leo SANTIFALLER, Zur Geschichte des ottonisch-salischen Reichskirchensystem. Graz/
Wien/Köln “1964.
2 RUDOLF SCHIEFFER, Der geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik
(Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften. Vorträge G 352), Opladen 1998;
TIMOTHY Reuter, The Tmperial Church Systerm of the Ottonian and Salian Rulers. A Recon-
sideration, in: Journal of Ecclesiastical History 33, 1982, S. 347-374.
 
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