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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0017
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16

I. Einleitung

nach bisherigem Forschungsstand auf verschiedenen Ebenen statt: Neben dem
generellen Streben nach einer Besserung geistlicher Lebensweisen standen die
Bekämpfung von Simonie und Nikolaitismus im Klerus, das Bemühen um die
Freiheit der Kirche von laikalen Einflüssen und nicht zuletzt die Erneuerung des
Papsttums im Zentrum - dies alles auf Basis des kanonischen Rechts.5
Träger dieser Gedanken waren individuell handelnde Personen oder Ver-
treter verschiedener, vor allem innerhalb des Reiches beheimateter Gruppen mit
divergierenden Interessenslagen.6 Nach Ansicht der Forschung hätten sich seit
dem Beginn des 10. Jahrhunderts so genannte,Reformkreise' ausgebildet, die bis
in die Mitte des folgenden Jahrhunderts weitgehend getrennt voneinander
agierten.7 Die Charakteristika dieser Kreise blieben indes meist unscharf,8 so dass
hier noch immer die von Tellenbach 1985 benannten Begriffsprobleme bestehen:
„Alle diese unter den Begriff ,Reformpartei' zu bringen, ist zwar üblich, aber
irreführend. Es gibt zu verschiedene Persönlichkeiten und Gruppen".9 Die For-
schung hatte zuvor bereits versucht, auf weniger belastete Begrifflichkeiten
auszuweichen und vermehrt über Richtungen, Gruppen sowie Kreise gespro-
chen. Dadurch waren freilich andere Schwierigkeiten wie mangelnde inhaltliche
Füllung und Begriffsschärfe entstanden. Schmid beispielsweise hatte 1981 en
passant zwar „mehrere Richtungen" im „Lager der Kirchenreformer" benannt,
seine Entscheidungskriterien allerdings nicht offengelegt.10 Dennoch folgte ihm
die Forschung und übernahm ohne Spezifizierung die Gruppenbezeichnungen:
römisch orientierte, burgundisch-monastisch-cluniazensische, lothringisch-ka-
nonistische, asketisch-italische und episkopale Reformer, wobei sich letztere in
Gruppen mit „eigenen Reformvorstellungen" auf gliederten.11
Mit der Synode von Sutri12 Ende des Jahres 1046 sei schließlich eine Wende
eingetreten: Die durch König Heinrich III. initiierte Befreiung des Papstamtes aus

rung vorliegender Studie wird der Begriff ,Gregorianische Reform' im Folgenden nicht zur
Anwendung gebracht.
5 Erläuterungen finden sich in Abschnitt II. 1.
6 Zur Unabhängigkeit der Gruppen vgL Mikoletzky, Bemerkungen 1948, besonders S. 233-235.
7 VgL W. Goez, Kirchenreform 2008, S. 17-56; Freund, Briefe 2007, S. 47f.; Th. Schieffer, Reform-
bewegung 1952, S. 25.
8 VgL die summarische und unspezifische Verwendung des Begriffes ,Reformkreis' zuletzt bei
Sonntag, Klosterleben 2008, S. 23, 101f.; H. Keller, Begrenzung 1986, S. 123f.; R. Schieffer, Be-
nedikt IX. 1980; Laqua, Traditionen 1976, S. 139. - Für das Spätmittelalter wird von Reform-
verbänden und Reformzirkeln gesprochen, vgL dazu Studt, Reformverbände 2008.
9 Tellenbach, Reform 1985, S. 108.
10 K. Schmid, Piacenza 1975, S. 94. Kurze Zeit später konstatierte Fink, Papsttum 1981, S. 22: „Aus
vielen Quellgründen ist das entstanden, was man die Reform des 11. Jahrhunderts zu benennen
beliebt. Damit ist nicht nur die klösterliche Reform des burgundischen Cluny allein gemeint,
sondern auch die der alten Reichsklöster im lothringischen Raum ebenso wie eremitische Be-
wegungen im nördlichen und mittleren Italien." - VgL Ladner, Theologie 1968, S. 85; Tellenbach,
Libertas 1936, S. 216.
11 K. Schmid, Piacenza 1975, S. 94.
12 Aus der Vielzahl der Untersuchungen vgL zuletzt van Wijnendaele, Silences 2005; Engelbert,
Heinrich III. 1999; Anton, Synode 1997. Die Quellen (keine Akten oder Beschlüsse, vorrangig
 
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