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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0018
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1.1 Fragestellung und Forschungsstand

17

Machtkämpfen des stadtrömischen Adels und die anschließende Installation
eines neuen Papstes mit reformerischem Interesse habe ein Zusammenfinden der
bis dahin kaum kooperierenden , Reformkreise' bewirkt.* * 13,,Ihre Bemühungen
bündelten sich nunmehr im gemeinsamen Ziel einer grundlegenden Reform der
Kirche und des Papsttums."14 Wie diese Zusammenarbeit aber zustande kam,
wie sie sich konkret gestaltete und welche Rolle Heinrich III. tatsächlich spielte,
fand bislang nur unzureichende Klärung.15
Ziel der vorliegenden Studie ist es, diese Fragen zu beantworten. Dazu wird
der Blick auf die Kirchenreformer und deren Kommunikationsverhalten ge-
richtet: Mit wem kommunizierten sie wann und auf welche Weise über re-
formrelevante Themen? Wie entstanden und entwickelten sich Reformkontakte?
Welche Rolle spielten einzelne Personen, Gruppen, Vermittler, Institutionen oder
räumliche Aspekte? Ebenso gilt es nachzuspüren, ob und inwieweit die von der
Forschung häufig ohne Erläuterung als ,Reformkreise' bezeichneten Personen-
gruppen nachweisbar sind und in welchem Kontext diese Bezeichnung über-
haupt Anwendung finden kann. Zur Beantwortung dieser Fragen sind das Zu-
standekommen, die Entwicklung, Quantität und Qualität sowie Folgen der
postulierten Zusammenarbeit zu ermitteln. Ziel ist eine Vorstellung darüber zu
erlangen, wie Kommunikation (i. w. S. als Austausch von Informationen ver-
standen) in diesem Themenkomplex funktionierte.
Gerade der Austausch von Informationen stellt nämlich „eine Grundvor-
aussetzung für das Funktionieren mittelalterlicher Herrschaft und für die Re-
gelung des gemeinsamen Miteinanders" dar.16 Aufgrund der Alltäglichkeit der
Nachrichtenübermittlung bildet die mittelalterliche Kommunikation allerdings
kaum einmal den Hauptgegenstand der Überlieferung, weshalb Fragen nach der
praktisch-technischen Seite von Kommunikation im Mittelalter erst seit jüngerer
Zeit gestellt werden.17 Erkenntnisse darüber, auf welchen Wegen die Reformer

historiographischer Natur) in den MGH Conc. 8, S. 184-196. Am überzeugendsten m. E. Wolter,
Synoden 1988, S. 379-394.
13 Vgl. Freund, Briefe 2007, S. 47f.; H. Keller, Begrenzung 1986, S. 44f.; Th. Schieffer, Umprägung
1969, S. 19.
14 Freund, Briefe 2007, S. 47f. Vgl. auch R. Schieffer, Motu 2002, S. 34-40 und Tellenbach, Kirche
1988, S. F120-145.
15 Auch Howe, Church 1997, S. 161f. forderte Personenstudien zu frühen Reformern „in order to
see whether what has traditionally been seen as the Gregorian Reform was actually only the last
stage of the great millennial reform movement". - Die hier genutzte Perspektive auf die Re-
former stellt nur eine Seite der Medaille dar, die andere Seite bilden ,Reformverlierer'. Diese Sicht
nahm Johrendt, Reformverlierer 2016 ein.
16 Freund, Briefe 2007, S. 45. - Die Grundbedingungen von Herrschaft und Konfliktlösung zu
bestimmen, bilde ein zentrales Element der Mittelalterforschung, welche in Deutschland vor-
rangig das Modell der konsensualen Herrschaft ausleuchte, so Johanek, Mittelalterforschung
2003, S. 33. - Zur Bedeutung von Kommunikation für die Kirche vgl. H.-J. Schmidt, Einleitung
2008, besonders S. 11; ebd. Anm. 6 zur Beschreibung der Kirche als System.
17 Vgl. die Tagungen Comunicare nel medioevo. La conoscenza e l'uso delle lingue nei secoli XII-XV (Lori
Sanfilippo - Pinto, Communicare 2015), Formen mittelalterlicher Kommunikation (Lützelschwab,
Formen 2015), Die Ordnung der Kommunikation und die Kommunikation der Ordnungen im mittel-
alterlichen Europa (Andenna u.a., Ordnung 1 2012 und Andenna u.a., Ordnung 2 2013). Vgl. auch
 
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