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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0187
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186

III Kommunikation über Kirchenreform zur Zeit Heinrichs III.

Das zweite Problemfeld für den Mediävisten bildet wie so häufig die Da-
tengrundlage, hängt der Zugang zur Vergangenheit über deren Kommunikati-
onsverhältnisse doch einerseits substantiell von Qualität und Dichte der Über-
lieferung ab, die aufgrund der Situationsgebundenheit und Flüchtigkeit des
Kommunikationsprozesses jedoch kaum dauerhafte Spuren von Kommunika-
tion und deren Wirkung aufweist.1054 Andererseits müssen selbst diese Spuren
„als eigenständige Bestandteile eines vergangenen Kommunikationsgesche-
hens" betrachtet und daraufhin befragt werden, ob sie nicht Idealisierungen
verkörpern und damit nur bedingt Aussagen über die realen Verhältnisse zu-
lassen.1055

IIL2 Personelle Aspekte
An der Kommunikation über Kirchenreform waren nachweislich über 875 Per-
sonen aktiv oder passiv in 2146 Kommunikationsakten beteiligt.1056 Die tat-
sächliche Zahl muss aufgrund der Quellenlage, was insbesondere Synoden und
päpstliche Rundbriefe betrifft, als weitaus höher eingeschätzt werden.
Gemäß der zugrunde liegenden Thematik sowie angesichts der ottonisch-
salischen Reichskirche erstaunt der mit über 78,6% hohe Anteil von Geistlichen
keineswegs.1057 Innerhalb der Geistlichkeit verteilen sich die Beteiligungen auf
mindestens elf Päpste und Gegenpäpste, acht Kardinäle, 360 (Erz-)Bischöfe, 151
sonstige Kleriker sowie 158 Religiöse. Von ihnen konnten sieben Päpste, drei
Kardinäle, 26 Bischöfe, fünf sonstige Kleriker sowie elf Religiöse als aktive Re-
former erwiesen werden, während die übrigen entweder nur passiv beteiligt
waren oder gar kritisiert wurden.
Den mit Abstand höchsten Aktivitätsgrad, d.h. das Verhältnis von nur be-
teiligten Personen zu aktiven Reformern, weisen somit die Päpste auf, gefolgt
von den Kardinälen. Im Vergleich dazu blieben Episkopat und Religiöse auf
einem sehr geringen Niveau, das nur noch von Klerikern unterschritten wur-
de.1058 Der Aktivitätsgrad nahm demzufolge parallel zur hierarchischen Stellung
ab. Dies überrascht hinsichtlich des Papsttums nicht, wurden doch mehrere
Päpste gezielt von Reformern ausgewählt, während die Kardinäle ihre Erhebung
großteils diesen mit Reformansprüchen erhobenen Päpsten verdankten. Bei der

1054 Depkat, Mediengeschichte 2003, S. 43.
1055 Ebd., S. 44. Das Zitat bei Stollberg-Rilinger, Kommunikation 2004, S. 496.
1056 Grundlage der folgenden Ausführungen ist die beiliegende Datenbank. Aufgrund ungenauer
Quellenangaben ist diese Zahl noch zu erhöhen. Dies betrifft die Kommunikationspartner
„König und Bischöfe von Dalmatien", „Klerus und Richter Italiens", „alle kath. Bischöfe, Klerus
und Volk", „Suffragane, Klerus und Volk von Amalfi", „Bischöfe und Große Galliens" sowie
„Patarener in Mailand".
1057 Zu den Geistlichen zählen Religiöse, Kleriker, Bischöfe, Päpste und Kardinäle. Eine tabellarische
Übersicht zu den folgenden Ausführungen in Tab. 6.
1058 Anteil an der Gesamtkommunikation: Päpste 63,6%, Kardinäle 37,5%, Episkopat 7,2%, Religiöse
7%, Kleriker 3,3%.
 
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