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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0310
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VI Kirchenreformer in der Mitte
des 11. Jahrhunderts
In Anlehnung, Spezifizierung und Weiterführung der Kriterien Black-Veldt-
rups1490 zur Erschließung kirchenreformerischen Engagements stehen Werde-
gang der Personen, ihr Verhältnis zu Papsttum, Königtum und anderen Refor-
mern1491 sowie ihr Bemühen um das Erreichen von Reformzielen im Zentrum der
folgenden Artikel. Im Sinne größtmöglicher Transparenz bedarf es der Definition
von Kriterien, welche der Aufnahme von Personen in den Katalog zugrunde
liegen.1492
1. Notwendig ist das Zutagetreten reformerischer Aktivitäten, worunter affir-
mative Äußerungen oder Handlungen in Bezug auf die in Abschnitt II. 1
erläuterten Themen verstanden werden: Geistliches Gemeinschaftsleben,
Gottesfrieden, Simonie und Nikolaitismus, Verwandtenehe, Kanones-
sammlungen und Laieneinfluss. Die Diversität und Heterogenität der Re-
formen wird insbesondere darin deutlich, dass paradoxerweise hierzu auch
Personen gezählt werden müssen, die sowohl das notwendige Kriterium
erfüllen als auch gegen die neuen Ideen handelten und zum Teil dafür ver-
urteilt wurden.
2. Als weitere Zulassungskriterien gelten aktiver Austausch mit Personen, die
das notwendige Kriterium erfüllen, über die in Abschnitt II.2 von Bd. 1
besprochenen Themen sowie mit Reformindizien verbundene Amtsüber-
tragungen durch einen Reformer.1493

1490 Black-Veldtrup, Agnes 1995, S. 334.
1491 Die Verwendung der Begriffe Reformer, Reformgesinnter sowie der Reform zugeneigte Person
erfolgt synonym. Die Bezeichnungen implizieren folglich keine Differenzierung hinsichtlich des
Grades an reformerischer Aktivität. S. folgende Ausführungen sowie oben Abschnitt II. 1.
1492 Aufgrund der Diversität der Aktivitäten sowie einer häufig mangelhaften Quellenlage gestaltete
sich die Definition eindeutiger und alle Eventualitäten berücksichtigender Kriterien schwierig.
Beispielsweise reicht eine alleinige wirtschaftliche Unterstützung für ein bischöfliches Eigen-
kloster durch den Eigenkirchenherm nicht aus, da es sich hierbei um eine Pflichtaufgabe han-
delte. Nur wenn die Hintergründe ausreichend erhellt und dabei Motive der Kirchenreform
hinter der Unterstützung zu erkennen sind, erfolgte eine Aufnahme. Häufig waren dabei Ein-
zelfallentscheidungen nötig, deren Ergebnisse durchaus diskutierbar wären.
1493 Die Verbindung beider Aspekte - Kontakt und Reformindizien - schließt beispielsweise fol-
gende Fälle aus: Bischof Hezilo von Hildesheim (1054-1079), den mit Bischof Burchard II. von
Halberstadt eine enge Freundschaft verband, ohne dass er selbst im Sinne der Reform wirksam
wurde (vgl. Goetting, Hildesheim 1984, S. 271-295, besonders S. 293). Ebenso Bischof Kunibert
von Turin, dem Petrus Damiani bezüglich der Kanonikerreform und Alexander II. hinsichtlich
der treuga Dei schrieben, ohne dass ein aktives Engagement Kuniberts zu belegen wäre (s. oben
Anm. 769f. und vgl. Hoffmann, Gottesfriede 1964, S. 220). Auch die meisten Übertragungen von
Abbatiaten durch Poppo von Stablo fallen heraus, da über die bedachten Äbte nur selten re-
formrelevante Hinweise vorliegen. S. unten Abschnitt VI.3.8.
 
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