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Lorke, Ariane; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0019
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18

I. Einleitung

ihre Interessen kommunizierten, Unterstützung fanden und ihre Vorhaben
schließlich durchsetzten oder eben auch nicht, leisten also einen Beitrag zum
besseren Verständnis mittelalterlicher Herrschafts- und Gesellschaftsstruktu-
ren.* * * * * * * 18
Die Fragestellung gilt insbesondere der praktisch-technischen Seite von
Kommunikation19, d. h. dem mündlichen und schriftlichen Nachrichtenaus-
tausch, dessen personellen und institutionellen Grundlagen sowie den mit der
Informationsübermittlung intendierten Zielen und daraus resultierenden
Handlungen.20 Das Vorhaben versteht sich damit als Ergänzung zur Erforschung
der Kommunikationsgeschichte und knüpft zugleich an aktuelle Forschungs-
fragen und -methoden wie den ,spatial turn' und die soziale Netzwerkanalyse
(NWA) an.

den Forschungsüberblick im Sammelband von Laubinger - Gedderth - Dobrinski, Text 2007;
Mostert, Approaches 1999; Heimann - Hlaväcek, Kommunikationspraxis 1998; Banniard, Voce
1992 sowie North, Kommunikation 2000, S. 2-5, 45-52 zur Frühen Neuzeit. Richter, Kommuni-
kationsprobleme 1976 äußerte sich bezeichnenderweise noch nicht zum Thema Korrespondenz
oder Briefpraxis. Für das Spätmittelalter ist die Frage nach dem Zusammenhang von Kom-
munikation und Reform nicht neu: vgL die Literatur bei Studt, Reformverbände 2008, S. 304,
Anm. 20.
18 Zwei Beispiele mögen die Aktualität dieser Überlegungen illustrieren: Das DFG-Netzwerk
Zentrum und Peripherie? Das universale Papsttum und die europäischen Regionen im Hochmittelalter
begreift die „vielgestaltige Interaktion zwischen dem Papsttum und den Regionen, als kom-
munikativen Prozess" und untersucht daher anhand der römischen Zentrale und einzelnen
Regionen das „Werden einer universalen, auf Rom ausgerichteten Kirche im mittelalterlichen
Europa". (<http://www.zentrumundperipherie.de/Inhalt/tabid/56/language/de-DE/De-
fault.aspx>, Zugriff am 09.07.2017). - Die Veranstalter der Tagung Reformen. Grenzen und Mög-
lichkeiten herrschaftlicher Steuerung durch institutionellen Wandel von der Antike bis zur Gegenwart
(Mainz 2009) wollten „einen Beitrag zur Debatte um die Geschichte politischen Handelns leisten,
jenes Handelns also, ,das auf die Herstellung und Durchsetzung allgemein verbindlicher Re-
gelungen und Entscheidungen (...) in und zwischen Gruppen von Menschen abzielt' (Werner
Patzelt)." Innerhalb der althistorischen Sektion galt ein Interessenschwerpunkt der „Bedeutung
von Gemeinschaften von Experten, die um ein Reformhandeln herum regelmäßig zu beobachten
seien", aber auch innerhalb der mediävistischen Sektion wurde die Kombination von Reform
und Kommunikation diskutiert. Zitate bei Frings, Tagungsbericht 2009. - VgL auch Schneid-
müller, Herrschaft 2000.
19 Zum Begriff Kommunikation s. unten Abschnitt III.l.
20 Die Studie war eingebettet in ein größeres Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr.
Stephan Freund, Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Otto-von-Guericke Universität
Magdeburg. Unter dem Titel Wo ist die Kaiserin? - Nachrichtennetze und Kommunikationsknoten-
punkte im früh- und hochmittelalterlichen Reich umfasste dieses Projekt mehrere Studien zur
pragmatischen Kommunikation im Mittelalter. Sie gingen von der schriftlichen Überlieferung
des Mittelalters aus, berücksichtigten aber gleichermaßen die strukturellen Voraussetzungen
des Informationsaustauschs, um schließlich ein Bild von der Beschaffenheit der pragmatischen
mittelalterlichen Kommunikation (konkrete Formen des Nachrichtenaustauschs, Wegesituati-
on, geographische Aspekte etc.) zeichnen zu können. Dies diente dem Verständnis des kultur-
geschichtlichen Phänomens vom Zustandekommen und Funktionieren sozialer Ordnung und
Herrschaftsausübung in Zeiten des Reisekönigtums bzw. generell in vormodemer Zeit, zugleich
aber auch dazu, Kontinuität und Wandel im Vergleich zu früheren und späteren Phasen der
Geschichte sichtbar werden zu lassen.
 
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