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Lorke, Ariane; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0020
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1.1 Fragestellung und Forschungsstand

19

Einige der für die Kirchenreform relevanten Personen und Aspekte waren
bereits Gegenstand von Studien, deren Resultate eine solide Grundlage für die
vorliegende Arbeit bilden. Eine übergreifende Betrachtung dieser sowohl für das
salische Herrschaftsverständnis als auch für das Verhältnis von regnum und
sacerdotium zentralen Phase steht indes aus. Aus der Kombination dieser beiden
Befunde ergeben sich die zeitlichen und räumlichen Grenzen der Studie:
Ausgehend von den zentralen Ereignissen am Ende des Jahres 1046 in Sutri
stehen Bedingungen, Umsetzung sowie Folgen einer postulierten Vereinigung
nach 1046 im Fokus. Aufgrund des weiteren Postulats einer die kirchenrefor-
merischen Kreise vereinigenden Initiative Heinrichs IIc. sowie den personell und
politisch gravierenden Einschnitten nach seinem Tod umfasst der engere Un-
tersuchungszeitraum die Jahre 1039 bis 1056, also die eigenständige Regie-
rungszeit Heinrichs III.21 Um aber der Prozesshaftigkeit des Phänomens Kir-
chenreform Rechnung zu tragen, werden die erste und die zweite Hälfte des
11. Jahrhunderts nicht ausgeblendet, sondern im Rahmen eines erweiterten
Untersuchungszeitraumes von etwa 1030 bis 1064 einbezogen. In diesem Zu-
sammenhang findet der Einfluss der kommunalen Bewegung in Oberitalien
Berücksichtigung, da in diesem Umfeld Kommunikation mit zentralen Kir-
chenreformem erfolgte.22 Hingegen kann der generellen Bedeutung des Adels
lediglich im Zusammenhang mit hier behandelten Personen und ohne Anspruch
auf Vollständigkeit nachgegangen werden.23 Gleiches gilt für die Bedeutung von
Patrozinienwahl und Reliquientranslationen24, Ketzergruppen25 und klösterliche
ZzZvrtas-Bestimmungen.
Die Grenzen des römisch-deutschen Reiches der frühen Salierzeit, das neben
dem deutschen auch das italische und seit 1033 zudem das burgundische Kö-

21 Dass „Heinrich die Führung der Reform übernahm" und ihr dadurch „zum vollen Durchbruch
verhülfen" hat, postulierte beispielsweise Fleckenstein, Hofkapelle 2 1966, S. 292. Als Schlag-
wörter personeller und politischer Veränderungen seien hier nur genannt: Tod Papst Viktors II.
1057, Vormundschaftsregierung der Kaiserin Agnes und Cadalus-Schisma, dadurch größere
Selbstständigkeit des Papsttums, Ausgleichsbemühungen mit den sächsischen Großen durch
Agnes, Vetternwirtschaft Erzbischof Annos II. von Köln als Lenker des Reiches (vgL W. Goez,
Kirchenreform 2008, S. 119). Ferner zeigte sich in dem auf der Lateransynode des Jahres 1059
formulierten allgemeinen Verbot der Laieninvestitur (MGH Const. 1, Nr. 384; vgl. R. Schieffer,
Investiturverbot 1981) die selbstbewusste, ambitionierte Politik des inzwischen erstarkten
Papsttums, das auf eine Neubestimmung des Verhältnisses von sacerdotium und regnum zielte
und damit eine der umfassendsten Krisen des Mittelalters hervorrief.
22 S. unten Abschnitt II.3.7 zur Pataria.
23 Für das östliche Niedersachsen im zweiten Drittel des 11. Jahrhunderts vgl. beispielsweise
Fenske, Adelsopposition 1977.
24 Vgl. Staab, Reform 1992, S. 126.
25 Vgl. Patschovsky, Häresie 1999, Sp. 1934f. zum 11. Jahrhundert, das „Vorspiel-Charakter mit nur
wenigen weit verstreuten und untereinander nicht verbundenen Fällen" habe sowie grundle-
gend Grundmann, Beiträge 1976 und ders., Ketzergeschichte 1978. Zur Verschränkung von
Ketzertum und Kirchenreform bezüglich Spiritualität und sozialem Spektrum vgl. auch Capi-
tani, Eresie 1994 sowie Bosl, Armut 1981. Die Auseinandersetzungen um die Sakramentenlehre
Berengars von Tours bleiben ebenfalls außen vor (vgl. dazu Ganz, Auctoritas 1990; Montclos,
Lanfranc 1971; speziell zum Verhältnis zur römischen Kirche Capitani, Affaire 1975).
 
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