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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0021
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20

I. Einleitung

nigreich umfasste, fungieren als prinzipielle, aber nicht systemisch zu verste-
hende räumliche Begrenzung des Untersuchungsraumes, da die Kontakte zwar
im Wesentlichen aber nicht ausschließlich auf Reichsgebiet stattfanden. Einer-
seits liegt dies in mangelndem Interesse seitens der Herrscher anderer Gebiete
begründet. Frankreich als das naheliegendste Beispiel offenbart zugleich die
Komplexität der Entwicklung: Während König Robert II. von Frankreich (reg.
996-1031) gelegentlich im Sinne der Reformideen agiert hatte,26 stand sein Sohn
und Nachfolger Heinrich I. den religiösen Problemen und Reforminitiativen eher
gleichgültig gegenüber.27 Die Bischöfe der Kronbistümer, welche immerhin ein
Drittel aller französischen Bischofssprengel ausmachten, folgten zumeist dem
Beispiel ihres Königs.28 In den übrigen Bistümern scheinen einige Anstrengun-
gen unternommen worden zu sein,29 die integriert werden, soweit sie in Zu-

26 Vgl. die Neubewertung seiner Bedeutung im Rahmen der Gottesfrieden bei Riehes, Peace 2010,
besonders S. 207, 220, 222.
27 Vgl. Foulon, Eglise 2008, S. 28, 63; Boshof, Heinrich I. 1996; ders., Lothringen 1978, S. 109; A.
Becker, Studien 1955, S. 28f., 35. - Exemplarisch hierfür sei die Abwesenheit König Heinrichs I.
bei der Reimser Synode Papst Leos IX. Anfang Oktober 1049 genannt. Eine von Heinrich parallel
angeordnete Heerfahrt habe dem Zweck gedient, möglichst viele Bischöfe zu binden und von
einem Erscheinen in Reims abzuhalten, so Schrör, Metropolitangewalt 2009, S. 100, Anm. 24.
Immerhin widersetzte Heinrich I. sich den Reimser Beschlüssen nicht und so sah Große,
Überlegenheit 2007, S. 206, Anm. 54 in Heinrichs Zurückhaltung auch keine grundsätzlich
ablehnende Haltung. Vgl. dazu jüngst ders., Papa 2012, S. 318f. Allerdings wollte Heinrich das
Bistum Le-Puy-en-Velay 1053 für Geld dem Archidiakon von Mende überlassen, obwohl die
örtlichen Kleriker bereits einen Kandidaten gewählt hatten (s. unten Anm. 758). Und laut einem
Brief Papst Stephans IX. habe dessen Vorgänger Viktor II. eine in Reims geplante Synode nicht
abgehalten, da er „aurait craint une attitude hostile de la part du roi" so Bur, Leon IX 2006, S. 246,
Anm. 49. Zu Heinrich vgl. einführend Boshof, Heinrich I. 1996. - Nach 1056 kommen übrigens
die bis dahin regelmäßig bestehenden persönlichen Kontakte zwischen deutschen und franzö-
sischen Königen für ein knappes Jahrhundert gänzlich zum Erliegen, wie Schneidmüller, Salier
2007, S. 5 resümierte.
28 Bereits zum ersten römischen Konzil Leos im April 1049 war der geladene gallische Klerus - bis
auf Halinard von Lyon - nicht erschienen (vgl. Gresser, Synoden 2006, S. 13-17). Auf dem in
voriger Anm. genannten Reimser Konzil fehlten die Bischöfe der Krondomäne, so dass drei
Exkommunikationen wegen unentschuldigter Abwesenheit ausgesprochen wurden. Außer der
spannungserzeugenden Ortswahl benannte J. Ehlers, Kapetinger 2000, S. 57 als stärkste An-
triebskräfte zum Widerstand die „Abneigung einer großen Mehrheit der Bischöfe gegen Re-
formen, die ihre eigenen Laufbahnen, ihre Lebensweise, ihr Selbstverständnis radikal in Frage
stellen mußten." Ähnlich urteilten auch Hiestand, Legats 1993, S. 47 und Große, Papa 2012, S.
318f. Demgegenüber waren zwei Wochen später in Mainz nahezu der gesamte deutsche
Reichsepiskopat und Kaiser Heinrich III. präsent. Vgl. zu beiden Versammlungen Gresser,
Synoden 2006, S. 17-22 und Hefele - Leclercq, Histoire 1973, S. 1020-1026. - Zum Verhältnis von
König und Bischöfen vgl. H. Hoffmann, König 2000, besonders S. 125-127, zu den Bischöfen
Neustriens Boussard, Eveques 1970.
29 Zum Westen vgl. Foulon, Eglise 2008, S. 68, der mit Bezug auf das Loire-Gebiet urteilte: „En
definitive, ime reforme de l'eglise a ete engagee au Xie siede selon une optique carolingienne
privilegiant restauration temporelle et liturgique (...). La lutte contre la simonie et le nicolaisme
demeurent les parents pauvres de cette reforme (...). Dans le Maine, apres 1055, le renouveau
spirituel du clerge a sans doute progresse gräce ä une suite ininterrompue de prelats reforma-
teurs. Mais, 1'oeuvre reste fragile et particulierement sensible aux aleas des equilibres politiques
et de velleites reformatrices fugaces des pouvoirs seculiers". Hiestand, Legats 1993, S. 57 kam zu
 
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