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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Contr.]; Universität Heidelberg [Contr.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0249
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6. Tod ohne Gewalteinwirkung

pörende Gerücht vom Mord durch den Beichtvater aufzugreifen, da es nicht nur
ein Erklärungsmodell für ihre aktuelle Situation bot, sondern auch einen Schul-
digen. Daher verbreitete sich das Gerücht wie ein Lauffeuer, führte wohl zu
handfestem Vorgehen gegen die Dominikaner und beeinflusste die Über-
lieferungen zu den folgenden Königstoden.
Die zehn vorgestellten Fälle zeigen zunächst auf, dass Krankheit und Gift-
mord für mittelalterliche Schreiber passende Erklärungsmodelle für ein und
dieselbe Situation boten. Der Unterschied lag in der moralischen Ausrichtung,
die sich aus einem Giftmord ergab. Darüber hinaus muss festgehalten werden,
dass die Umstände, die nach dem Tod des Herrschers in seinem Reich eintraten,
maßgeblich beeinflussten, wie Chronisten den Tod ausgestalteten. Der in den
Reichen Heinrichs VI. von den Zeitgenossen attestierte Niedergang sorgte dafür,
dass nur wenig über den Tod und viel über dessen Folgen niedergeschrieben
wurde. Folgten auf den Tod des Herrschers militärische Auseinandersetzungen,
wie vor allem bei Friedrich II. und Konrad IV. im Süden sowie bei Heinrich VII.
im Norden, wurde ein Schuldiger gesucht. Stand allerdings bereits ein neuer
Herrscher bereit, wie bei Konrad III. und bei Konrad IV. für das nördliche
Reichsgebiet, war dies nicht der Fall. Alle Schilderungen und Notizen haben
dabei gemein, dass sie mit narrativen Strategien arbeiten, um mittels guter oder
schlechter Tode ihre moralische Deutung zu vermitteln. Sie sind Ausdrucks-
formen, die in der Historiographie genutzt werden konnten, um Veränderungen
in der Lebenswelt der Schreiber mit Deutung und Sinnstiftung zu versehen.
 
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