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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0356
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8.1. Friedrich I.: Der Kaiser ertrinkt vor den Augen aller Christen

355

8. Sonderfälle
In dieser Untersuchung werden die Tode Friedrichs I. und Ludwigs IV. als Son-
derfälle untersucht. Von den anderen hier untersuchten Toden unterscheiden
sich diese beiden Fälle dadurch, dass sie im Kern ihrer Überlieferungen als
Unfälle gelten könnten. Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Tode ist, dass in
einem Teil der jeweiligen Überlieferung ein Sturz vom Pferd eine bedeutende
Rolle einnimmt. Neben diesen Gemeinsamkeiten herrschen auch Unterschiede
vor: Während Friedrich I. auf Kreuzzug ums Leben kam, verstarb Ludwig IV. im
Herzogtum Bayern. Der Tod Friedrichs I. weist hierdurch Berührungspunkte zu
den unter „Tode im Felde" diskutierten Fällen auf, schlagender Unterschied
muss hierbei allerdings bleiben, dass Friedrich I. auf einem Kriegszug, aber nicht
im Rahmen einer kriegerischen Handlung ums Leben kam. Die Überlieferung
zum Tod Ludwigs IV. zeigt sich hingegen geprägt durch die seit dem Tod
Heinrichs VII. stark verbreiteten Giftmordgerüchte und weist somit mehr Be-
züge zu den „Toden ohne Gewalteinwirkung" auf. Da in Ludwigs Fall jedoch
kaum von einer Krankheit gesprochen wird, überwiegen auch hier die Unter-
schiede.
8.1. Friedrich L: Der Kaiser ertrinkt vor den Augen aller Christen
Im Sommer 1190 kam Kaiser Friedrich L, genannt Barbarossa, in Kleinasien auf
dem Kreuzzug ins Heilige Land ums Leben.2067 Die Umstände sind nicht zu
klären, im Mittelpunkt der zahlreichen Varianten steht die Überquerung eines
Flusses. Friedrich I. ist der einzige römisch-deutsche König, der auf Kreuzzug
verstarb.2068 Der Tod des Kaisers auf dem Kreuzzug löste ein großes Echo in den
Quellen verschiedener Reiche aus, denn im Kreuzzugsheer befanden sich Ritter
aus vielen europäischen Monarchien.2069 Neben der großen Popularität, die
Friedrich I. bei seinen Zeitgenossen besaß, ist dies auch dadurch begründet, dass
die Todesart widersprüchliche moralische Deutungen nahelegte: Der Tod in der
Fremde und der plötzliche Tod waren Anzeichen eines schlechten Todes, der Tod
auf dem Kreuzzug implizierte jedoch einen guten Tod.2070 Dies stellte die be-

2067 Zu Friedrich I. stellt Görich, Friedrich die maßgebliche Biographie dar. - Der genaue Sterbeort
war vor allem im 19. Jahrhundert Gegenstand von Erörterungen siehe bspw. Riezler, Kreuzzug,
S. 126 f. Seit Eickhoff, Friedrich, S. 180-183 wird jedoch einheitlich auf eine Stelle am Ufer des
Flusses Saleph nahe der Straße Nr. 35 von Karaman nah Silifke refernziert. Seit 1971 steht hier
auch eine Gedenktafel, Görich, Friedrich, S. 590.

2068 Gerade unter den Staufern gab es allerdings eine gewisse Kreuzzugstradition: Bereits Friedrichs
Onkel Konrad III. hatte als König einen Kreuzzug angetreten, Friedrich I. begab sich selbst auf
einen weiteren Kreuzzug, sein Sohn Heinrich VI. organisierte einen Heereszug, blieb selbst
jedoch in Sizilien, während Friedrich II. wiederum persönlich ins heilige Land zog.

2069 Die Überlieferung ist zusammengestellt bei RI IV,2,4 Nr. 3470, einige hier behandelte Quellen
müssen jedoch ergänzt werden.

2070 Siehe Kapitel 4.3.1. sowie 4.3.2., Abschnitt „Plötzlichkeit". Hiestand, Barbarossa, S. 107.
 
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