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Die Landes-Gemäldegalerie in Buda-Pest.
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und Frau in schwarzer Tracht mit reichem,
höchst sorgfältig ausgeführtem Schmuck (beide
von i56i datirt) angehören. Diele beiden
Bilder würden jeder grossen Galerie zur
Zierde gereichen. Sonst ist von den ältere -
Deutschen nur L. Cranach noch in hervor-
ragender Weise repräsentirt. Für die deutsche
Porträtmalerei des liebzehnten Jahrhunderts,
die für unsern Geschmack erfreulichste Seite
der damaligen Kunst, zeugt das tüchtige
männliche Bildnils von F. Kessler. Auch B.
Denner und A. Elzheimer sind sehr gut ver-
treten. Ebenso die deutschen und besonders
die österreichischen Maler der Barock- und
Zopfzeit, die Daniel Gran, Unterbergcr, Hohen-
berg, van Schuppen, sowie Raphael Mengs,
Angelika Kaufmann u. s. w. — England ist
* durch ein gutes, aber nicht ganz gut er-
haltenes Porträt von Joshua Reynolds und
durch ein Thierstück von G. Morland re-
präsentirt. — Unter den Bildern der franzö-
lischen Schule nennen wir in erster Linie
die sehr schöne Abendlandschaft von Claude
Lorrain, dann das Brustbild eines jungen
Mädchens von Greuze, die trefflichen Bild-
nilse von Hyancinthe Rigaud (darunter be-
sonders das Porträt des Kardinals Fleury),
die schöne Originalskizze von Le Brun (Apo-
theose Ludwig's XIV.), endlich die Bilder
von Fr. Millet, Seb. Bourdon, A. Manglard,
L. de la Hire u. s. w.
Wenn wir schliesslich den Besitz der
Esserhdzy'schen Galerie an Werken italic-
nischer Malerei im Allgemeinen charahteri-
siren sollen, so kann es auch hier ielbltver-
ständlich nur auf eine Berührung der Spitzen
ankommen; denn obwohl mancher glänzende
Name vor der Kritik verblasst, leider auch
manches treffliche Bild in sehr verdorbenem
Zustande auf uns gekommen ist, halten die
mit Auszeichnung zu nennenden italienischen
Bilder doch an Zahl und Kunstwerth den
niederländischen so ziemlich die Waage.
Beginnen wir mit der lombardischen Schule,
welcher das eine der in unserer Publikation
erschienenen Bilder, die dem Beltraffio zuge-
schriebene Madonna, entslammt. Nach Münd-
ler gehört dieses tresfliche und sehr gut er-
haltene Bild zweifellos dem Bernardino Zenale
da Treviglio. Der grosse Begründer der Mai-
länder Schule des sechzehnten Jahrhunderts,
Lionardo, dem in den früheren Katalogen
eine Madonna mit dem Kinde zwischen der
h. Barbara und der h. Katharina vindicirt
worden war, hat diele an seinen Schüler
Luini abtreten müssen, welcher in der Galerie
ausserdem durch eine anmuthige Madonna
mit der h. Elisabeth und Johannes repräsen-
tirt ist. Eine dritte Madonna mit dem h.
Hieronymus tauschte den Namen Lionardo's
gegen den des Gian Pedrini ein. Dem Cor-
reggio dagegen muss von den ihm bei-
gelegten Werken wohl mindestens eines,
nämlich die kleine Madonna mit dem Kind
an der Brust, obwohl die Malerei stark ge-
litten hat, als echt zuerkannt werden. Was
es mit seinem sogenannten Selbstporträt für
eine Bewandniss habe, lassen wir dahingestellt.
Aus der Nachfolge des Correggio ist die
h. Familie mit dem h. Franciscus Seraphicus
von Parmigianino (Francesco Mazzuoh) her-
vorzuheben. Verhältnissmässig schwach sind
die Venetianer, besser nur die der späteren
Zeit vertreten. Wir nennen vor Allem die
köstliche, voll bezeichnete Madonna von
Carlo Crivelli; dann die früher irrthümlich
dem Cima zugeschriebene Madonna von
Previtali. Das dem Tizian zugeschriebene
Porträt Bembo's dürfte wohl nur ein freilich
ganz vorzüglicher Jacopo Bassano sein. Von
dem meisterhaften grossen Tiepolo liegt den
Mitgliedern der Gesellschaft Unger's brillante
Radirungvor. Ausserdem sind noch die ausge-
zeichneten Veduten von Antonio Canale (Vene-
dig) und Canaletto (Florenz) hervorzuheben.
Von den Ferraresen ist Garofalo durch eine
»Ehebrecherin vor Christus«, von den bologne-
sischen Meistern Francesco Francia mit seinen
Schülern Innocenzo da Imola und Girolamo
Marchesi da Cotignola, Letzterer durch ein
interesiantes, voll bezeichnetes Jugendbild
(Leichnam Christi, von Johannes und Niko-
demus umgeben) schön vertreten. Damit
nähern wir uns dem Kreise, den Raffael's
Zauber berührt, wie wir diesen besonders
deutlich in der prächtigen »Anbetung der
Hirten« von Ridolfo Ghirlandajo (datirt i5io)
spüren. Rafsael selbst ist, wie männiglich be-
kannt , durch die reizvolle kleine Madonna
mit den zwei Kindern repräsentirt, welche
vom Papst Clemens XI. der Kaiserin Elisabeth
und von dieser dem Fürsten Kaunitz verehrt
wurde, dessen Sohn sie dann dem Fürsten
Esterhäzy verkaufte. Das Bildchen ist un-
vollendet und gehört osfenbar in Raffaers
spätere florentinische Zeit; man vermuthet,
dass er es unfertig zurückliess, als er i5o8
nach Rom übersiedelte. Von den übrigen
Florentinern und Umbriern wollen wir
ferner Andrea del Sarto, Puligo, Bronzino
Pietro Perugino und Pinturicchio (?), sowie
schliesslich aus den andern Schulen Italiens
noch Giulio Romano, Guido Reni, Carlo
Dolce und das intereslänte Selbstbildniss
des Michelangelo da Caravaggio namhaft
machen.
Ausser der Sammlung Esterhäzy umfasst
die Landes-Gemäldegalerie noch Gemälde
von dreierlei Herkunft: Erstens eine Anzahl
von Bildern aus der i836 erfolgten Schenkung
Ladislaus Pyrker's, welche sich früher
im Nationalmuseum befanden, Werke der
Die Landes-Gemäldegalerie in Buda-Pest.
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und Frau in schwarzer Tracht mit reichem,
höchst sorgfältig ausgeführtem Schmuck (beide
von i56i datirt) angehören. Diele beiden
Bilder würden jeder grossen Galerie zur
Zierde gereichen. Sonst ist von den ältere -
Deutschen nur L. Cranach noch in hervor-
ragender Weise repräsentirt. Für die deutsche
Porträtmalerei des liebzehnten Jahrhunderts,
die für unsern Geschmack erfreulichste Seite
der damaligen Kunst, zeugt das tüchtige
männliche Bildnils von F. Kessler. Auch B.
Denner und A. Elzheimer sind sehr gut ver-
treten. Ebenso die deutschen und besonders
die österreichischen Maler der Barock- und
Zopfzeit, die Daniel Gran, Unterbergcr, Hohen-
berg, van Schuppen, sowie Raphael Mengs,
Angelika Kaufmann u. s. w. — England ist
* durch ein gutes, aber nicht ganz gut er-
haltenes Porträt von Joshua Reynolds und
durch ein Thierstück von G. Morland re-
präsentirt. — Unter den Bildern der franzö-
lischen Schule nennen wir in erster Linie
die sehr schöne Abendlandschaft von Claude
Lorrain, dann das Brustbild eines jungen
Mädchens von Greuze, die trefflichen Bild-
nilse von Hyancinthe Rigaud (darunter be-
sonders das Porträt des Kardinals Fleury),
die schöne Originalskizze von Le Brun (Apo-
theose Ludwig's XIV.), endlich die Bilder
von Fr. Millet, Seb. Bourdon, A. Manglard,
L. de la Hire u. s. w.
Wenn wir schliesslich den Besitz der
Esserhdzy'schen Galerie an Werken italic-
nischer Malerei im Allgemeinen charahteri-
siren sollen, so kann es auch hier ielbltver-
ständlich nur auf eine Berührung der Spitzen
ankommen; denn obwohl mancher glänzende
Name vor der Kritik verblasst, leider auch
manches treffliche Bild in sehr verdorbenem
Zustande auf uns gekommen ist, halten die
mit Auszeichnung zu nennenden italienischen
Bilder doch an Zahl und Kunstwerth den
niederländischen so ziemlich die Waage.
Beginnen wir mit der lombardischen Schule,
welcher das eine der in unserer Publikation
erschienenen Bilder, die dem Beltraffio zuge-
schriebene Madonna, entslammt. Nach Münd-
ler gehört dieses tresfliche und sehr gut er-
haltene Bild zweifellos dem Bernardino Zenale
da Treviglio. Der grosse Begründer der Mai-
länder Schule des sechzehnten Jahrhunderts,
Lionardo, dem in den früheren Katalogen
eine Madonna mit dem Kinde zwischen der
h. Barbara und der h. Katharina vindicirt
worden war, hat diele an seinen Schüler
Luini abtreten müssen, welcher in der Galerie
ausserdem durch eine anmuthige Madonna
mit der h. Elisabeth und Johannes repräsen-
tirt ist. Eine dritte Madonna mit dem h.
Hieronymus tauschte den Namen Lionardo's
gegen den des Gian Pedrini ein. Dem Cor-
reggio dagegen muss von den ihm bei-
gelegten Werken wohl mindestens eines,
nämlich die kleine Madonna mit dem Kind
an der Brust, obwohl die Malerei stark ge-
litten hat, als echt zuerkannt werden. Was
es mit seinem sogenannten Selbstporträt für
eine Bewandniss habe, lassen wir dahingestellt.
Aus der Nachfolge des Correggio ist die
h. Familie mit dem h. Franciscus Seraphicus
von Parmigianino (Francesco Mazzuoh) her-
vorzuheben. Verhältnissmässig schwach sind
die Venetianer, besser nur die der späteren
Zeit vertreten. Wir nennen vor Allem die
köstliche, voll bezeichnete Madonna von
Carlo Crivelli; dann die früher irrthümlich
dem Cima zugeschriebene Madonna von
Previtali. Das dem Tizian zugeschriebene
Porträt Bembo's dürfte wohl nur ein freilich
ganz vorzüglicher Jacopo Bassano sein. Von
dem meisterhaften grossen Tiepolo liegt den
Mitgliedern der Gesellschaft Unger's brillante
Radirungvor. Ausserdem sind noch die ausge-
zeichneten Veduten von Antonio Canale (Vene-
dig) und Canaletto (Florenz) hervorzuheben.
Von den Ferraresen ist Garofalo durch eine
»Ehebrecherin vor Christus«, von den bologne-
sischen Meistern Francesco Francia mit seinen
Schülern Innocenzo da Imola und Girolamo
Marchesi da Cotignola, Letzterer durch ein
interesiantes, voll bezeichnetes Jugendbild
(Leichnam Christi, von Johannes und Niko-
demus umgeben) schön vertreten. Damit
nähern wir uns dem Kreise, den Raffael's
Zauber berührt, wie wir diesen besonders
deutlich in der prächtigen »Anbetung der
Hirten« von Ridolfo Ghirlandajo (datirt i5io)
spüren. Rafsael selbst ist, wie männiglich be-
kannt , durch die reizvolle kleine Madonna
mit den zwei Kindern repräsentirt, welche
vom Papst Clemens XI. der Kaiserin Elisabeth
und von dieser dem Fürsten Kaunitz verehrt
wurde, dessen Sohn sie dann dem Fürsten
Esterhäzy verkaufte. Das Bildchen ist un-
vollendet und gehört osfenbar in Raffaers
spätere florentinische Zeit; man vermuthet,
dass er es unfertig zurückliess, als er i5o8
nach Rom übersiedelte. Von den übrigen
Florentinern und Umbriern wollen wir
ferner Andrea del Sarto, Puligo, Bronzino
Pietro Perugino und Pinturicchio (?), sowie
schliesslich aus den andern Schulen Italiens
noch Giulio Romano, Guido Reni, Carlo
Dolce und das intereslänte Selbstbildniss
des Michelangelo da Caravaggio namhaft
machen.
Ausser der Sammlung Esterhäzy umfasst
die Landes-Gemäldegalerie noch Gemälde
von dreierlei Herkunft: Erstens eine Anzahl
von Bildern aus der i836 erfolgten Schenkung
Ladislaus Pyrker's, welche sich früher
im Nationalmuseum befanden, Werke der