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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.4151#0046
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4~

Nach H. von Angeli's „Bildniss Ihrer kais erli chen
Hoheit der Frau Erzherzogin Maria Theresia" hat
Sonnenleitcr kürzlich einen meisterhaften Stich vollendet, welcher
vermöge des künstlerischen Werthes der Vorlage, wie der
glänzenden Interpretation desselben durch den Stichel zw den
reizvollsten Leistungen des modernen Porträtsliches zählt, und
den franzosischen Arbeiten auf diesem Gebiete während des
vorigen Jahrhunderts nicht unebenbürtig erscheint. Leider ist das
Blatt nur in äusserst wenigen, für die hohe Besitzerin der Platte
ausschliesslich bestimmten Exemplaren gedruckt worden, und
bleibt sonach zahlreichen Kupserstichliebhabern, sür welche es
eine hochst willkommene Bereicherung ihrer Mappen wäre, ja
selbst den öffentlichen Sammlungen, wo es von Kunstjüngern mit
Nutzen studirt werden könnte, ganz unerreichbar.
Ein Sammelwerk, betitelt „L'Ens ei gn eme nt desBeaux-
Arts'L wird gegenwärtig mit Unterstützung der Kunstverwaltung
des franzosischen Staates bei A. Quantin in Paris publicirt, das
auch bei den nichtsranzösischen Kunstliebhabern grossen Anklang
finden dürfte. Der Herausgeber hat sleh zum Zweck gesetzt, über
alle Zweige der Kunstwissenschast, der Kunstgeschichte und der
Kunsttechnik populär geschriebene und reich illustrirte Mono-
graphien competenter Fachmänner zu dem äusserst mässigen
Preise von 3 Francs 50 Centimes für den Band zu veröfsentlichen,
welche theils allgemeine, theils spezielle Themata behandein
und in ihrer Gesammtheit kein irgendwie wichtiges Gebiet der
Kunstkenntniss unberücksichtigt lassen sollen. Diese Bibliothek ist
auf ungefähr hundert Bände berechnet und zählt unter ihren
Mitarbeitern die bedeutendsten Fachschriftsteller Frankreichs, wie
Ph. Bnrty, de Chennevieres, Henri Delaborde, Gerspach, Eugene
Gttillaume, Louis Gonse, Henry Havai d, G Laseneßre, de Loßalot,
Paul Lefort, Paul Mantz, Maspero, Eugene Muniz, Marius Vachon
u.A. Diebis jetzt erschienenenvier Bände, welche die holländische
Malerei, die Mosaik, die Anatomie vom künstlerischen Stand-
punkte aus und die griechische Archäologie behandeln, lasfen
darauf schliessen, dass die populäre Kunst Encyclopädie, mit der 1
Quantin seinen so vielfach verdienstvollen Kunstverlag nun
bereichert, ihrem Zwecke vollkommen entsprechen und zur Ver-
breitung von Kunstkenntnisfen, namentlich in den niederen
Schulen und in den mit der Kunst in Berührung slehenden Arbeiter-
kreisen wesentlich beitragen wird. Die Ausstattung, einschliesslich
des Einbandes, ist, ungeachtet des billigen Preises der Bände,
die auch einzeln abgegeben werden, des Qttantin'ichen Verlages
vollkommen würdig.

Den Essay .DieAntiken in den Stichen von Marc-
anton, Agostino Veneziano un d Mar c o Dente," den Dr. Henry
Thode kürzlich bei E. A. Seemann publicirt hat, begrüssen wir
als eine vielversprechende Vorarbeit aus dem noch nicht genügend
bearbeiteten Gebiete der speziellen Nachweisung des Einflusses,
den die Kunstwerke der Antike auf die KUnsUer der Renaissance
ausgeübt haben. Das genau umschriebene Gebiet, welches der
Verfasser der besprochenen Abhandlung sich gewählt hat, ist
allerdings dasjenige, wo der fragliche Nachweis am klarsten und
leichterten zu sühren war; allein es ist immerhin ersreulich, dass
die Losung der Ausgabe endlich mit Fleiss und Sachkenntnis
unternommen worden ist, so dass wir die von Dr. Thode in Aus-
sicht gestellten, weiteren einschlägigen Forschungen mitlnteresse
erwarten. Der Verfasser hat seinen Stoff ganz zweckmässig in
der Weise eingetheilt, dass er zunächst die Blatter betrachtet, in
welchen antike Bildwerke durch den Stich treu wiedergegeben
werden sollten, dannaber die Stiche nach Werken vonRenaissance-
künstlern, zu denen antike Vorbilder in grosserer oder geringerer
Umgestaltung benutzt worden waren In der letzteren Hinsicht
ragen die Werke von Raffael und Giulio Romano besonders
hervor; in Bezug aus die Stiche Marcantons, welche antike Kunst-
werke treu zu reproduciren beabsrchtigen, ist die Frage zu ent-
scheiden, ob Rassael bei der Herstellung der Zeichnungen sür
den Stich unmittelbar Hand angelegt habe. Der Verfasfer ver-
neint, unseres Erachtens mit vollem Rechte und aus überzeugenden
Gründen, diese Frage; indessen wäre doch zu wünschen, dass das
bevorstehende Jubiläum des Urbinaten zu einer speziellen, gründ-
lichen Erörterung der Frage nach dem Masse der Mitarbeiter-
schaft Rassael's an den Reproductionen antiker Kunstwerke
durch Marcanton und seine Schule Anlass gebe.
Ober das ,,D euts che S ehr if twes e n und dieNoth-
wendigkeit seiner Re f o rnt" hat F. Samneckcn im eigenen
Verlage einen interessanten Esfay publicirt, welcher unter
histonseher Darsteilung der Entwicklungsgeschichte des latei-
nischen Schriftstammes und unter Vergleichung der Haupt-
Schriftarten nach ihrem practischen Werthe zu dem Resultate
gelangt, dass eine möglichst rasche Verdrängung der deutsehen
Druck- und Schreibschrift durch die lateinische höchst wünsehens-
werth sei. Wir slehen ganz auf der Seite dieses beachtenswerthen
Esfays; gleich bei Gründung dieser Zeitschrift haben wir theils
aus künstlerischen Gesichtspunkten, theils aus Rücksicht sür nicht-
deutsehe Leser, die sich in grosser Zahl eingestellt haben, zur
latemischen Schrift gegriffen.

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