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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.3561#0016
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Männer aus dem Verwaltungsrathe des sogenannten
älteren Kunstvereins, dessen letzte Lebenskeime schon
seit längerer Zeit in kleinen Local-Ausstellungen in
dem abseits gelegenen Häuschen im Volksgarten zu
ersterben drohten, beriethen, aus diesen kümmer-
lichen Resten eines einst blühenden Kunstinstitutes
noch etwas Rechtes und Gedeihliches zu schafsen.
Die damalige Vereinsleitung strebte vor Allem
Lebensfähigkeit und produktive Gebarung an, daher
sie auch nicht lange auf den alten breitgetretenen
Bahnen verweilen konnte. Schon nach Ablauf von
wenigen Jahren wurde erkannt und namentlich durch
die damals so glücklichen Verhältnisse, unter denen
die Kunst, wie noch nie in diesem Jahrhundert, einen
lucrativen Markt fand, die Anschauung gefördert,
dass das Kunstvereinswesen der ersten Hälfte unseres
Jahrhunderts in der ihm gegebenen Form wohl seine
Schuldigkeit gethan habe, jedoch, insbesondere in
jenen vorerwähnten Tagen, einer Reorganisation,
oder aber, wie es hier geschah, einer gedeihlichen
Zweckumstellung bedürfe.
Die Künstler und die Kunstfreunde waren auch
damals im vollen Rechte, wenn sie die Mühsal der
Kunstvereine belächelten, mit der sie etliche Tau-
sender zusammenbrachten, um damit einige Bilder
zu kaufen, während im Künstlerhause am ersten Tage
einer Jahresausstellung schon um 100.000 fl. Bilder an
Private verkauft wurden. Solch' eine mesquine Stel-
lung gegenüber den colossalen Erfolgen, die man da-
mals im Künstlerhause verzeichnete, konnte der neuen
Vereinsleitung durchaus nicht gefallen, auch wenn
sie es in der kurzen Zeit ihres Wirkens dahingebracht
hatte, den Verein durch Errichtung von Monumental-
werken (so dicFiguren auf derElisabethbrücke), durch
tüchtige Ankäufe für die Verlosung, durch gute
Nietenblätterweit ansehnlicher als bisher zu gestalten.
Dennoch blieben in einer wahrhaft kläglichen Mino-
rität alle seine Anstrengungen für Ankäufe gegenüber
dem Massenbedarf an Kunstgegenständen, welchen
die weiten Paläste der mittlerweile entstandenen
Ringstrasse erforderten.
Der Gedanke, die vorhandenen Vereinsmittel
einem künstlerischen Zwecke zuzuführen, welcher in
seiner Pflege weniger von der Gunst der Zeit tangirt
wurde, daher einer gewissen Nachhilfe und Förderung
bedurfte, lag daher nahe und dieser Gedanke war
nicht nur ein an sich gesunder, sondern auch ein
ebenso edler.

Der Verein der vaterländischen Kunstfreunde
gab seine bisherige, antiquirte Kunstvereinstendenz
auf und bildete sich zu einer „Gesellschaft für
vervielfältigende Kunst" um. Der alte mürbe
Stamm trieb neue Zweige und ward alsbald ein
grünender Baum, der nicht lange auf die Früchte
warten liess. Es war eine Corporation geschafsen,
welche es sich einzig und allein zur Aufgabe zu stellen
hatte, die graphischen Künste, insbesondere aber
vorderhand den Kupferstich und die Radirung
in Pflege zu nehmen.
So rasch die Idee entstanden war, so rasch ge-
langte sie zur That. Im Jahre 1872 gründete sich der
Verein aus dieser neuen Basis, stellte ein Curatorium
von Kunstfreunden, Künstlern und Kunstgelehrten
zusammen, welches die Vorschläge des aus fünf Mit-
gliedern bestehenden Verwaltungsrathes zu erwägen,
zu beschliessen, wie auch die gesammte Thätigkeit
des Vereins seinen Mitgliedern gegenüber zu sanctio-
niren hatte. An der Spitze dieses Curatoriums stand
der damalige gemeinsame Finanzminister, Seine
Excellenz Freiherr von Hofmann, und nach dessen
im Jahre 1885 erfolgtem Ableben übernahm Seine
Excellenz Graf Abensperg- Traun das Präsidium des
Curatoriums der Gesellschaft und sonach auch die
oberste Leitung in allen Ausstellungsangelegenheiten
des Vereins.
Das, was sonst bei den Kunstvereinen gewisser-
massen die Beigabe in Form eines sogenannten
Vereinsblattes war, wurde nun zur Haupttendenz
des neuen Vereines erhoben. Die Gesellschaft appel-
lirte hiebei freilich nicht auf den gewöhnlichen Los-
abnehmer der Kunstvereine, sondern hatte vornehm-
lich ihr Augenmerk auf den Sammler gerichtet, der
nicht allein seine Wände schmückt, sondern die
gewonnenen Schätze in Mappen einlegt, um sie von
Zeit zu Zeit zu ästhetischem Genusfe hervorzuholen.
Und man hatte sich nicht geirrt: war die Zahl der
Theilnehmer an diesen neuen Unternehmungen des
Vereins auch keine solche, mit der sich viel Sprünge
machen liess, so waren ihr doch viele der alten
Vereinsmitglieder treu geblieben, welche für das
neue Gebiet der Thätigkeit des Vereins, dem sie seit
Langem angehörten, ein warmes Interesfe fassten
und so die Ideen des neuen Verwaltungsrathes in
einer Weise gestalten halfen, wofür ihnen an dieser
Stelle der aufrichtigste Dank zum Ausdruck gebracht
werden muss.

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