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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.4238#0055
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Besprechungen neuer Erscheinungen (Einzelblätter, Mappen und Bücher).

K. Ederer, »Eisbär«. Nach der Originallithographie.

Wandtafelwerk der k. k. Hof- und Staats-
druckerei.

Die vor kurzem ausgegebenen neun Blätter bezeichnen den
Beginn eines Unternehmens, das den heutzutage herrschenden Bestre-
bungen, der Schule und dem Haus für geringes Geld gute, ursprüngliche
Kunst zu vermitteln, seine Entstehung verdankt. Das von der Staats-
druckerei im Vereine mit der Lehrmittelzentrale durchgeführte Unter-
nehmen soll nicht nur Wandbilder, welche farbige Originallithographien
sind, sondern auch solche, die für Schulzwecke geeignete Kompositionen
namhafter Künstler reproduzieren, umfassen. Außerdem aber sollen noch
Bilderbogen erscheinen, auf welche man nach dem Mißerfolg, der den
von unserer Gesellschaft publizierten beschieden war, besonders gespannt
sein darf. Von den beiden letzten Kategorien ist bis jetzt noch nichts
erschienen.

Das Unternehmen ist vor allem aus zwei Gründen mit großer
Freude zu begrüßen: erstens weil der künstlerische Standpunkt gegen-
über dem pädagogischen in energischer Weise betont ist. Dies findet
nicht nur darin seinen Ausdruck, daß auch rein künstlerische Blätter,
denen jede pädagogische Nebenabsicht fehlt, ausgegeben werden und
auch bei jenen Bildern, bei denen der lehrhafte Zweck im Vordergrund
steht, die Ausführung von Künstlerhand verlangt wird, sondern auch
darin, daß sich in der Jury, welche über die Annahme der eingesandten
Entwürfe zu entscheiden hat, die aus allen Lagern der Wiener Künstler-
Schaft genommenen Maler in der überwiegenden Majorität befinden.
Zweitens ist das Unternehmen darum so erfreulich, weil es, sich nur an
österreichische Künstler wendend, allem Anscheine nach dazu berufen ist,
die derzeit in unserem Vaterlande so gut wie nicht gepflegte Original-
lithographie zu neuem Leben zu erwecken.

Was bisher vorliegt, ist ein erster Anfang und muß demgemäß
milde beurteilt werden. Es ist selbstverständlich, daß sich das Unter-
nehmen vorderhand mit den Voigtländer-Teubnerschen Künstler-Stein-
zeichnungen, die ja natürlich die Anregung gegeben haben und als
Vorbild dienen, noch nicht messen kann. Gleichwohl findet sich unter
den bisher erschienenen neun Blättern bereits das eine oder das andere,
das als vollständig gelungen bezeichnet werden kann. Die Palme gebürt
jedenfalls dem »Eisbären« von Ederer, einem Mitglied der jüngsten
Fraktion der Wiener Künstlerschaft, des Jungbundes. Das zweite
Blatt (»Pyramide«), das von dem jungen Tiermaler herrührt, ist weniger
glücklich. Dagegen verrät der »Bahnhof« von Danilowatz, einem
Schüler der Wiener Kunstakademie, ein nicht gewöhnliches Talent. Beide
Künstler haben, was hier nicht verschwiegen werden soll, gleich der
Mehrzahl der neun, deren Entwürfe zur Ausführung gelangten, zum
erstenmale auf Stein gezeichnet. Comploj, ein anderes Mitglied des
Jungbundes, verrät in seinem »Aschenbrödel« seine starke dekorative
Begabung, die freilich gerade diesmal allzusehr auf den Pfaden Leflers
wandelt. Eine vorzügliche Stimmungslandschaft ist Kurzweils »Donau-
fischer«, und auch Supp antschi ts ch' »Donautal« ist eine tüchtige,
wenngleich etwas spießbürgerliche Arbeit. Bambergers »Über-
schwemmung« ist matt, und Lenz' »Mühle« sowie Wilts »Herbstwald«
sind beide, jedes Blatt in anderer Weise, Mißgriffe.

Die einzelne Tafel, die durchschnittlich mit sechs Farben gedruckt
ist und 66 : 88 Zentimeter mißt, kostet 6 Kronen, ein Künstlerdruck
kommt auf 40 Kronen. A. W.

Publikationen des »Kunstwarts«: Schwind-
Mappen, Richter-Mappe und Dürer-Mappe. München.
Georg D. W. Callwey.

Im Anschluß an seine Böcklin-Mappe hat der »Kunstwart« eine
S c h vv i n d - Mappe herausgegeben, die solchen Anklang fand, daß er
ihr bald eine zweite folgen lassen konnte. Von den 14 Bildern, die in
den beiden Mappen wiedergegeben sind, entstammen 13 dem Schwind-
Schatze der Münchener Schack-Galerie (sie besitzt 33 Gemälde des
Meisters!), und eines befindet sich in der Nationalgalerie zu Berlin. Die
Reproduktionen sind Autotypien, deren jeder — eine einzige aus-
genommen — ein Ton untergedruckt ist, und müssen sämtlich als
sehr gelungen bezeichnet werden. Was die im besten Sinne des Wortes
populäre Doppelpublikation so wertvoll macht, ist nicht nur die treff-
liche Auswahl, sondern vor allem der Umstand, daß sie etliche Werke
Schwinds zum erstenmal gut, einige aber überhaupt zum erstenmal
reproduziert. Zu diesen Verdiensten gesellt sich noch ein weiteres, das
freilich allen Kunstwartpublikationen gemein ist, der niedere Preis:
beide Mappen kosten zusammen nur 3 Mark! Dem Text der zweiten
Mappe ist die Reproduktion eines kleinen von Lenbach gemalten
Porträts Schwinds eingefügt, das, wie ich höre, hier zum erstenmal
publiziert wird.

Einen anderen Liebling aller Deutschen, die sich den Kindersinn
bewahrt haben, bringt uns die nächste Mappe des »Kunstwarts« ins
Haus: Ludwig Richter. Es sind in ihr drei Aquarelle und drei Ölbilder
des lieben Künstlers wiedergegeben. Die Aquarelle (»Rast am Brunnen«
von 1861, »Kleinhandel« und »Ruhe auf der Flucht«, das letzte Werk in
Wasserfarben, das der Meister geschaffen hat) gehören ebenso wie das
wenig bekannte und hier vielleicht zum erstenmal würdig reproduzierte
Ölbild »Aus dem Riesengebirge«, das ein ganz wunderbares Stück
stimmungsvoller Landschaftsmalerei ist, der Berliner Nationalgalerie an.
Während die bisher aufgezählten Reproduktionen Netzätzungen mit
untergedrucktem Ton sind, hat der Kunstwartverlag die Kosten nicht
gescheut und die beiden Perlen Richterischer Kunst in der Dresdener
Gemäldegalerie, den »Brautzug« und die »Überfahrt am Schrecken-
stein« in guten Lichtdrucken mitgeteilt. Auch hier ist dem Text, der in
der bekannten sympathischen Weise geschrieben ist, ein gutes Porträt
Richters beigegeben. — Der Preis der Mappe beträgt 1 >/., Mark.
 
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