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Aus Sammlungen.
Berlin. Ausstellungen im kgl. Kupferstich-
kabinett. — Trotz der Einrichtung des neuen Aus-
stellungssaales, der allein etwa 80Blätter größeren Formats
in den Wechselrahmen der Schranktüren aufzunehmen
vermag (etwa 40 kleinere lassen sich noch im Durchgangs-
raum zum Studiensaal unterbringen), war es notwendig,
die Fülle der im Jahre 1907 gemachten Neuerwerbungen |
vom Gebiet moderner Graphik auf zwei Ausstellungen zu '
verteilen, deren zweite sich am Beginn des neuen Jahres an
die erste anschloß. Die Herbstveranstaltung galt vor allem
den neu erworbenen Werken deutscher und öster-
reichischer Künstler. Auf der Versteigerung der Sammlung
Mohrmann waren seltene und kostbare Radierungen
Klingers erstanden und durch die Muniflzenz des Fräu-
leins Elise Koenigs dem Kabinett zum Geschenk gemacht
worden, insbesondere Probedrucke der Blätter VII und X
aus »Eine Liebe« sowie des Blattes XIII (Christus und
die Sünderinnen), aus »Ein Leben« und des Blattes IV
aus Opus X (Eine Mutter). Neben einem prachtvollen
Abzug des Blattes II aus »Vom Tode I« (Seeleute) im
I. Zustand, einem Probedruck der »Träume« und ver-
schiedenen kleinen Stücken vervollständigte Fräulein
Koenigs die Reihe der verschiedenen Zustände und Drucke
der Radierung »Felix Koenigs auf dem Totenbett« in
dankenswertester Weise durch die Überweisung der ent-
sprechenden Blätter aus eigenem Besitz. Auf der gleichen
Versteigerung waren auch von Otto Greiner verschiedene
Arbeiten — meist Steindrucke —, darunter das zarte Blatt
»Auf der Terrasse« angekauft worden. Das wachsende
Interesse für B oeh le hatte die Direktion veranlaßt, sich bei
Zeiten um die Werke des FrankfurterMeisters zu bemühen;
so konnten acht der neuerdings erworbenen Blätter gleich-
falls vorgeführt werden. Eine annähernd ebenso große
Zahl Leibischer Radierungen, darunter seltene und her-
vorragend schöne Drucke wie der »Kopf eines Knaben«,
vereinigten sich zu einer erlesenen Gruppe. München war
durch Eugen Kirchner, Maria La Roche und Lilli
Gödl-Brandhuber ein wenig mager vertreten, gut
Stuttgart durch eine Reihe der farbenfeinen Steindrucke
Schmoll von Eisenwerths (für den hessischen
Kalender und Anderes) und der schwerkräftigen Hafen-und
Seebilder Carlos Grethes, denen sich Robert Haugs
bekannter Steindruck »Tod und Landsknecht« anschloß.
Die Dresdener Zeising, Sterl, Siegfried Berndt und
Gertrud Schäfer gaben ein erfreuliches Bild ihres
Könnens und Wollens in teilweise ungemein gelungenen
Farbensteindrucken, deren Motive zumeist den malerischen
Schönheiten Dresdens wie seiner Umgebung entnommen
waren. Eine Anzahl fein gesehener, technisch vortrefflicher
Landschaftsradierungen stammte von Ernst Gundel-
finger - Darmstadt, eine großzügige »Berglandschaft« von
Hermann Gattiker- Zürich, dessen andere neuerdings
erworbene Arbeiten erst in der zweiten Ausstellung zu
I Wort kommen konnten. Von den Berlinern sah man nur
einige Steindrucke Kappsteins (»Hundeköpfe« und
»Tempelruinen von Paestum«), eine Radierung Hermann
Strucks (»Polnischer Jude«) sowie Albert Krügers
große Radierung nach Liebermanns Porträt des Bürger-
meisters Petersen, schließlich eine kleine Reihe Orlikscher
Steindrucke: frühe aus der Prager Zeit, Eindrücke von
Reisen durch Frankreich, Schottland und einige der
beliebten japanischen Motive — nur ein verschwindend
kleiner Teil der nunmehr bereits außerordentlich statt-
lichen Orlik-Kollektion, mit deren Komplettierung die
Verwaltung zurzeit beschäftigt ist. Ludwig H. Jung-
nickel hatte für Wien die Führung übernommen. Neben
Radierungen (»Paviane«, »Beißerei« u. a.) fanden vor allem
seine brillanten in Spritztechnik ausgeführten Blätter wie
die prachtvollen »Tiger« und die »Leoparden« das Inter-
esse, das sie verdienen. Daneben behauptete sich Richard
Lux mit seinen diskreten Aquatintaarbeiten und Ra-
dierungen (»Häuser an der Hz«, »Frauenbergstiege«),
ebenso wie Ferdinand Gold mit einigen Radierungen
in allen Ehren. Der Verbindungsraum vereinigte eine
größere Kollektion von Arbeiten Joseph J. Penneils,
Motive aus England, Amerika und Spanien, die sämtlich
als Geschenke des Künstlers in den Besitz des Kabinetts
gekommen waren. Die großen Fenstervitrinen beher-
bergten L.von Hofmanns »Tänze«.
Der Schwerpunkt der Jänner-Ausstellung war auf die
Werke ausländischer Kunst gelegt. Eine Reihe farben-
starker Lunois'scher Steindrucke — in erster Linie Szenen
aus dem spanischen Volksleben behandelnd — empfing
den Eintretenden. Zwei Manets (»Guerre civile« und
»Polichinelle«), Arbeiten von Steinlen, Carriere, Tou-
louse-Lautrec, Fantin-Latour und anderen gaben
einen würdigen Begriff von der Höhe der französischen
Lithographie. Ein großer Rops, »Medaille de Waterloo«,
jene phantastische Karikatur auf Napoleon I., erweckte
ein besonderes, auch gegenständliches Interesse. Die
französische Radierung vertraten dieses Mal nur Jacque-
mart mit einigen seiner technisch meisterhaften »Bijoux«
und Cottet mit einem Blatt, trauernde Fischersfrauen dar-
stellend. Einen außerordentlich feinen und geschlossenen
Eindruck gab eine Kollektion farbiger Holzschnitte und
Steindrucke Lucien Pissarros, meist Illustrationen zu
Märchenerzählungen, von ungemeinem Stimmungsgehalt.
Neben prächtigen Zorns und trockenen Farbenstein-
drucken Larssons fiel ein brillantes Schabkunstblatt
Olaf Langes nach Velazquez »El Nino de Vallegas« auf.
An der Spitze einer größeren Zahl englischer Künstler
möchte man wohl die wirklich monumentalen Blätter
Frank Brangwyns nennen, jene wuchtigen Kompo-
sitionen wie den »Schiffsbau« mit dem Gewirr eines
Gerüstes, die »Baustelle«, den »Türkischen Friedhof« und
anderes, denen sich einige Arbeiten Alfred Easts in
Aus Sammlungen.
Berlin. Ausstellungen im kgl. Kupferstich-
kabinett. — Trotz der Einrichtung des neuen Aus-
stellungssaales, der allein etwa 80Blätter größeren Formats
in den Wechselrahmen der Schranktüren aufzunehmen
vermag (etwa 40 kleinere lassen sich noch im Durchgangs-
raum zum Studiensaal unterbringen), war es notwendig,
die Fülle der im Jahre 1907 gemachten Neuerwerbungen |
vom Gebiet moderner Graphik auf zwei Ausstellungen zu '
verteilen, deren zweite sich am Beginn des neuen Jahres an
die erste anschloß. Die Herbstveranstaltung galt vor allem
den neu erworbenen Werken deutscher und öster-
reichischer Künstler. Auf der Versteigerung der Sammlung
Mohrmann waren seltene und kostbare Radierungen
Klingers erstanden und durch die Muniflzenz des Fräu-
leins Elise Koenigs dem Kabinett zum Geschenk gemacht
worden, insbesondere Probedrucke der Blätter VII und X
aus »Eine Liebe« sowie des Blattes XIII (Christus und
die Sünderinnen), aus »Ein Leben« und des Blattes IV
aus Opus X (Eine Mutter). Neben einem prachtvollen
Abzug des Blattes II aus »Vom Tode I« (Seeleute) im
I. Zustand, einem Probedruck der »Träume« und ver-
schiedenen kleinen Stücken vervollständigte Fräulein
Koenigs die Reihe der verschiedenen Zustände und Drucke
der Radierung »Felix Koenigs auf dem Totenbett« in
dankenswertester Weise durch die Überweisung der ent-
sprechenden Blätter aus eigenem Besitz. Auf der gleichen
Versteigerung waren auch von Otto Greiner verschiedene
Arbeiten — meist Steindrucke —, darunter das zarte Blatt
»Auf der Terrasse« angekauft worden. Das wachsende
Interesse für B oeh le hatte die Direktion veranlaßt, sich bei
Zeiten um die Werke des FrankfurterMeisters zu bemühen;
so konnten acht der neuerdings erworbenen Blätter gleich-
falls vorgeführt werden. Eine annähernd ebenso große
Zahl Leibischer Radierungen, darunter seltene und her-
vorragend schöne Drucke wie der »Kopf eines Knaben«,
vereinigten sich zu einer erlesenen Gruppe. München war
durch Eugen Kirchner, Maria La Roche und Lilli
Gödl-Brandhuber ein wenig mager vertreten, gut
Stuttgart durch eine Reihe der farbenfeinen Steindrucke
Schmoll von Eisenwerths (für den hessischen
Kalender und Anderes) und der schwerkräftigen Hafen-und
Seebilder Carlos Grethes, denen sich Robert Haugs
bekannter Steindruck »Tod und Landsknecht« anschloß.
Die Dresdener Zeising, Sterl, Siegfried Berndt und
Gertrud Schäfer gaben ein erfreuliches Bild ihres
Könnens und Wollens in teilweise ungemein gelungenen
Farbensteindrucken, deren Motive zumeist den malerischen
Schönheiten Dresdens wie seiner Umgebung entnommen
waren. Eine Anzahl fein gesehener, technisch vortrefflicher
Landschaftsradierungen stammte von Ernst Gundel-
finger - Darmstadt, eine großzügige »Berglandschaft« von
Hermann Gattiker- Zürich, dessen andere neuerdings
erworbene Arbeiten erst in der zweiten Ausstellung zu
I Wort kommen konnten. Von den Berlinern sah man nur
einige Steindrucke Kappsteins (»Hundeköpfe« und
»Tempelruinen von Paestum«), eine Radierung Hermann
Strucks (»Polnischer Jude«) sowie Albert Krügers
große Radierung nach Liebermanns Porträt des Bürger-
meisters Petersen, schließlich eine kleine Reihe Orlikscher
Steindrucke: frühe aus der Prager Zeit, Eindrücke von
Reisen durch Frankreich, Schottland und einige der
beliebten japanischen Motive — nur ein verschwindend
kleiner Teil der nunmehr bereits außerordentlich statt-
lichen Orlik-Kollektion, mit deren Komplettierung die
Verwaltung zurzeit beschäftigt ist. Ludwig H. Jung-
nickel hatte für Wien die Führung übernommen. Neben
Radierungen (»Paviane«, »Beißerei« u. a.) fanden vor allem
seine brillanten in Spritztechnik ausgeführten Blätter wie
die prachtvollen »Tiger« und die »Leoparden« das Inter-
esse, das sie verdienen. Daneben behauptete sich Richard
Lux mit seinen diskreten Aquatintaarbeiten und Ra-
dierungen (»Häuser an der Hz«, »Frauenbergstiege«),
ebenso wie Ferdinand Gold mit einigen Radierungen
in allen Ehren. Der Verbindungsraum vereinigte eine
größere Kollektion von Arbeiten Joseph J. Penneils,
Motive aus England, Amerika und Spanien, die sämtlich
als Geschenke des Künstlers in den Besitz des Kabinetts
gekommen waren. Die großen Fenstervitrinen beher-
bergten L.von Hofmanns »Tänze«.
Der Schwerpunkt der Jänner-Ausstellung war auf die
Werke ausländischer Kunst gelegt. Eine Reihe farben-
starker Lunois'scher Steindrucke — in erster Linie Szenen
aus dem spanischen Volksleben behandelnd — empfing
den Eintretenden. Zwei Manets (»Guerre civile« und
»Polichinelle«), Arbeiten von Steinlen, Carriere, Tou-
louse-Lautrec, Fantin-Latour und anderen gaben
einen würdigen Begriff von der Höhe der französischen
Lithographie. Ein großer Rops, »Medaille de Waterloo«,
jene phantastische Karikatur auf Napoleon I., erweckte
ein besonderes, auch gegenständliches Interesse. Die
französische Radierung vertraten dieses Mal nur Jacque-
mart mit einigen seiner technisch meisterhaften »Bijoux«
und Cottet mit einem Blatt, trauernde Fischersfrauen dar-
stellend. Einen außerordentlich feinen und geschlossenen
Eindruck gab eine Kollektion farbiger Holzschnitte und
Steindrucke Lucien Pissarros, meist Illustrationen zu
Märchenerzählungen, von ungemeinem Stimmungsgehalt.
Neben prächtigen Zorns und trockenen Farbenstein-
drucken Larssons fiel ein brillantes Schabkunstblatt
Olaf Langes nach Velazquez »El Nino de Vallegas« auf.
An der Spitze einer größeren Zahl englischer Künstler
möchte man wohl die wirklich monumentalen Blätter
Frank Brangwyns nennen, jene wuchtigen Kompo-
sitionen wie den »Schiffsbau« mit dem Gewirr eines
Gerüstes, die »Baustelle«, den »Türkischen Friedhof« und
anderes, denen sich einige Arbeiten Alfred Easts in