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252 XI. Entdeckungen und Wissenschaft

weiter verfolgt, hier durch die Wiederentdeckung des Hellenismus,
die auch auf die schon länger bekannte römische Kunst neues
Licht warf, dort durch das Eindringen in die Fernen griechischer und
vorgriechischer Frühzeit, das zu weiteren Ausblicken in die all-
gemeinen Verhältnisse früheuropäischer Kunstübung führte.

Diese beiden Perioden finden wir auch in dem Betriebe der
archäologischen Wissenschaft wieder. Wir müssen dabei Kunst-
geschichte und Kunsterklärung unterscheiden.

In der Kunstgeschichte herrschte bis in die zwanziger
Jahre Winckelmanns Auctorität unbestritten. Einzelnes war wohl
von Friedrich Thiersch oder von Alois Hirt zu neuern und zu
bessern gesucht, aber es drang wenig durch. 1817 bemühte sich
Goethes Freund Heinrich Meyer die Elgln Marbles als ziemlich
unerheblich neben dem »phidiasschen« Koloß von Monte Cavallo
hinzustellen und gönnte ihnen erst 1824, vielleicht durch den En-
thusiasmus seines großen Freundes (S. 40 f.) angesteckt, etwas
wärmere Anerkennung. Es lag eben damals noch so fern zu den
eigentlichen Quellen hinaufzusteigen; man begnügte sich mit den
dürftigen Literaturzeugnissen, mit den römischen Kopien und mit
Winckelmanns darauf beruhendem Geschichtsbau.

Für die Kunsterklärung bot Viscontis gefällige, elegante,
aber selten in die Tiefe dringende Behandlungsweise das allge-
mein befolgte Muster; sie beherrschte die Wissenschaft und half
den Geschmack für die Antike im großen Publikum verbreiten.
Zoegas tiefgründige, aber spezifisch nordische Art fand wenig
Anklang. Obgleich Zoega in der Religionsgeschichte mystischen
Spekulationen nicht abhold war, bewährte er in den eigentlich
archäologischen Fragen eine nüchterne, rein sachliche Methode
der Erklärung, die unmöglich in einer Zeit Gnade finden konnte,
wo Creuzers nebeliger mythologischer Synkretismus die roman-
tisch gestimmten Kreise beherrschte. Auch Gerhard entwickelte
sich unter dem Einflüsse Creuzers und bildete sich früh ein System
mythologischer Kunsterklärung aus, das als Fachwerk bequem sein
mochte, dem man aber am wenigsten Voraussetzungslosigkeit nach-
rühmen konnte. Anders Zoegas Schüler Welcker, der vor allem
die bildende Kunst in die engste Beziehung zur Poesie setzte. :ü
 
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