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des Marstalls geleitet habe. Die Bibliothek der
andern Facultäten stand vereint über jener im
zweiten Geschoffe.

Doch gerade von dieser Artistenfacultäts-Biblio-
thek, sowie von denen der obern Facultäten will
ich hier nicht sprechen, obgleich sie Schätze der Uni-
versität waren, obschon sie 1623 das Schicksal ihrer
berühmteren Schwester theilen mußten und mit nach
Nom wandern, sondern vor einer dritten, der glünzend-
sten, dem Hauptheile sämmtlicher hiesigen Univer-
sitäts-Brbliotheken, von der Stifts - Biblioth ek,
oder der spater auch fürstlichen Bibliothek ge-
nannten.

Auch diese, obgleich stets von den Fürsten als
ihren Beitrag zum „Studium" betrachtete stets
abgesonderte Bibliothek gehörte der Universität, denn
sie gehörte zum Stift und das Stift gehörte der
Universität, war zu ihrem Glanz und zu ihrem
Vortheil von Nuprecht III. gegründet und mit der
Universität auf ewig verbunden worden, wie ich
das an einem andern Orte nachgewiesen habe. Ge-
rade dieser Theil der Bibliothek war es, dem das
kurfürstliche Haus seine ganze Gunst und Munificenz
zuwandte und sie zur glänzendsten Bücherei Deutsch-
lands machte. Aber sie ist der jüngste Theil der
hiesigen Universitäts-Bibliothek, während jene bei-
den erstgenannten schon im Jahre 1396 aufgestellt
waren, lebte diese 1400 noch gar nicht. Das war
das Jahr, mit dem der Neubau der Stiftskirche bei
heil. Geist begann.

Aber sicher, wie wir weiter unten uns über-
zeugen werden, stand schon bei Fertigung des Pla-
nes der zweiten Heiliggeistkirche, der Stiftskirche,
dem Kurfürsten auch die Gründung einer Stifs-
Bibliothek zu Gunsten der Universitüt lebhaft vor
Augen und ward beim Neubau auch auf die Unter-
bringung derselben Bedacht genommen. Auch der
Papst begünstigle die künftige Gründung einer Bü-
cherei an dem Stifie feierlich durch ein etwas son-
derbares Mittel, indem er bestimmte, daß die, welche
diesein Stifte und seiner Bibliothek etwas schenken
würden, sonst nicht gehalten sein sollten, unrecht an
sich gerissenes bischöflich wormsisches Gut wieder her-
auszugeben (Copialbuch Fol. 71).

Das Chor der Kirche und ein Theil des Schiffes,
wie es heute noch steht, war in den Jahren 1400
bis 1410 vollendet. Dies letzte war auch das Todes-
jahr Ruprecht III. Aber was des Vaters Lieb-
lingsidee war, das führte voller Pietät der kräftige
Sohn Ludwig der Bärtige aus. Er vereinte das
Stift und was ihm gehörte mit der Universitüt
und baute das Schiff der Kirche aus. Das Stift
zählte 12 Capitelherrnpfründen. Drei davon wur-
den mit drei Mitgliedern der theologischen Facultät
besetzt, drei mit drei der juristischen, eine mit einem
der medizinischen, drei mit drei der artistischen, die
beiden ersten fielen je den ersten Geistlichen oder
Pfarrern bei heil. Geist und bei St. Peter, also

den beiden ersten Pfarrern der beiden kirchlichen
Gemeinden in Heidelberg zu.

Der erste Kanonicus aus der medizinischen Facul-
tät war nun der Profeffor Wilhelm Tenstal von
Deventer in Holland. Dieser vermachte 1413 seine
werthvolle Bibliothek „zur Benützung für Mcister
und Schüler" als Dank für sein Kanonicat dem
Stifte, wie er auch, ats die Kirche (das Schiff) der
Vollendung entgegen ging (1419) dahien eine Altar-
pfründe oermachte.

Wo war diese Bibliothek, die, wenn sie auch
für jene Zeit eine bedeutende war und 50 Bände
umfaßt haben sollte, aufgestellt, sie, die der Kern
war der später so bedeutenden? Alle Beschreibungen
späterer Zeit sprechen es einer alten Bemerkung
nach und so sagte auch Hofrath Wilken in seiner
Geschichte der Heidelberger Büchersammlungen, einem
etwas selten gewordenen Buche von 1817, „das
war der erste Anfang der Bibliothek des Stiftes
zum heiligen Geist, welche in dem Chore der Heilig-
geistkirche aufgestellt und späterhin durch glänzende
Bereicherungen so wichtig und berühmt wurde. Na-
türlich im Chore, denn es war ja sonst nichts aus-
gebaut. Diese Bereicherungen ließen nicht lange auf
sich warten. Kaum war das Schiff recht fertig, ver-
machte Ludwig III. im Jahre der Erfindung der
Buchdruckerkunst seine Privatbibliothek von 152
Bänden, darunter ein Buch, das er eigenhändig
abgeschrieben hatte, dem Stifte. Das Vermächt-
niß ward schon 1421 aufgerichtet, „damit alle Stifts-
personen, wie auch Schüler und Meister des neuen
Studiums dieselben brauchen mögen u. s. w." Diese
Bücher sollten aber Niemanden ins Haus gegeben
werden, mit alleiniger Ausnahme kurfürstlichen Per-
sonen, und auch diesen nur auf einen Monat.
Jnzwischen hatte auch das Stift aus eigenen Mit-
teln dazu angeschafft, wenn immerhin auch nur
Wenige. Wo standen diese circa 200—250 Bücher
jetzt? Die eine und alte Antwort lautet nun fort
und fort: im Chore der Heiliggeistkirche. Aber diese
200—250 Bücher erforderten einen sehr bedeuten-
den Naum, denn sie waren alle geschrieben, sie
wurden, bedenken wir das ja, nicht in Schränken
und Kasten aufbewahrt, — diese (oistms) begegnen
uns erst, als Otto Heinrich die Schlohbibliothek,
die nun schon meist gedruckte Bücher besaß, hieher
verbringen ließ, ausdrücklich für diese gedruckten
Bücher — sondern sie wurden auf langen Pulten,
ganz ähnlich unsern langen Schulbänken, aufgelegt,
6 —12—16 u. mehr auf einer Bank; stellen wir uns das
jetzt ja deutlich vor, wir werden darauf zurückkommen
müssen. Da lagen diese pergamentenen Folianten
oder Quartanten, alle in kostbares Leder, Sammt,
Seide eingebunden, mit silbernen oder vergoldeten
Hacken und Spangen, (Worte einer alten Beschrei-
bung dieser Bibliothek), alle auf einer Bank mit
einer Kette oder mit einer eisernen Stange ange-
schloffen, welche durch Metallringe lief, die an den
 
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