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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

kennen, der figürliche Schmuck am Rahmen ist derber und primitiver; die Donatus-Reliefs
zierlicher und doch renaissancemäßiger in Einzelform und Proportion. Simone Ferrucci,
der Meister des Tabernakels, kann die Reliefs in Arezzo nicht geschaffen haben.
Für diese Annahme spricht auch ein weiteres: Simone war in Ghibertis Werk-
statt, als der Taufbrunnen entstand. Stilkritische Überlegungen wiesen ja für ihn auf
etwa 1430 hin, und die oben erwähnte Angabe aus zwei alten Führern auf 1339
scheint eher für solche Datierung als gegen sie zu sprechen: Am Aretiner Taufstein
wird — wie an dem von Empoli (1443) — das Datum 1429 angebracht gewesen sein,
und die vierte C ist irrtümlich für eine X gelesen worden. Wer Guiden-Literatur kennt,
weiß auch, wie gedankenlos solche oft voneinander abgeschrieben, so daß der einmal
gemachte Fehler immer wiederkehrt.
Mit Bernardo Rossellino, dem Meister des Misericordia-Reliefs von 1433, und
mit dem Schöpfer des Royzelli-Grabmals in S. Francesco zu Arezzo haben die Donatus-
Reliefs nichts gemein. Ihr Stil weist auf einen Donatello-Schüler hin, und das Wahr-
scheinlichste ist, daß Donatello in den zwanziger Jahren den Auftrag für den Aretiner
Taufstein erhalten und — wie am Brancaccigrabmal in Neapel — den Entwurf und
das Relief für die Schauseite geschaffen hat, alles übrige aber seiner Werkstatt über-
ließ. Er teilte sie damals mit Michelozzo; von ihren Gehilfen ist Pagno di Lapo zu-
meist bekannt, jedoch von ihm keine eigene Arbeit aus jenen Jahren nachzuweisen.
Wahrscheinlicher klingt deshalb die Zuweisung des Aretiner Brunnens und der Donatus-
Reliefs an Michelozzo. Denn auch sein Stil strebt in einer fast klassizistischen Weise
harmonische Schönheit an. Ähnliche Typen wie in Arezzo finden sich an den Tugend-
gestalten der Gräber Coscia und Brancacci. Aber in den Reliefs vom Aragazzidenkmal
sind alle Formen sehr viel wuchtiger und bewegter, und so lange sie für eigenhändige
Arbeiten des Michelozzo gelten; muß man für die Donatus-Reliefs auf die Fixierung
ihres Schöpfers verzichten, darf aber den Taufstein — wie er früher gewesen — als
Arbeit aus Donatellos Werkstatt von 1429 bezeichnen.
III.
Ein verschollenes Relief der Pieta. Ein monumentaler Zug ist in dem
kleinen Tonrelief der Pieta, und seine geschlossene Komposition, wie Ausdruckskraft
und Typen verraten ohne weiteres die Herkunft aus Donatellos Kreis. Es befindet
sich heute in florentinischem Privatbesitz. Ich erfuhr seinen Schlupfwinkel — ohne
nähere Angaben — von Herrn Professor Schmarsow und danke ihm an dieser Stelle
noch einmal für seine Liebenswürdigkeit.
Die obere rechte Ecke ist abgebrochen und wieder angesetzt, andere Bruch-
stellen sind nur in den Narben erhalten. Manche Einzelheiten, so die Muster auf
Marias Ärmeln und Johannis' Schultern sind durch den Abdruck aus einer abge-
brauchten Form sehr flau geworden; ja, die Andeutung von Marias linker Schulter
nicht mehr erkennbar. Farbspuren fehlen, doch künstliche Schmutzfärbung beweist,
daß hier ein altes Stück vorgetäuscht werden sollte. Es ist aber nur der moderne
Abdruck einer alten Komposition. Merkwürdig primitiv wirkt die doppelte Parallelität
der Arme, auch die Länge der verdeckten ist unverständlich; sehr interessant und echt
 
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