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Bode, Wilhelm von
Die italienischen Hausmöbel der Renaissance: mit 100 Abbildungen — Monographien des Kunstgewerbes, Band 6: Leipzig: Verlag von Hermann Seemann Nachfolger, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.60866#0010
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Bode, Italienische Hausmöbel der Renaissance.

und vorzügliche Erhaltung einmal das
beste Material auch für die Behandlung
dieser Materie bieten werden, wenn sie
erst durch eine günstige Aufstellung ans
Tageslicht gebracht sein werden und bis
dahin nicht etwa der Feuersgefahr, der
sie in so hohem Masse ausgesetzt sind,
zum Opfer gefallen sein sollten.
Besonders erschwerend für das Stu-
dium der italienischen Möbeltischlerei ist
auch der Umstand, dass wir über die
Herkunft der wirklich guten Möbel, die
uns erhalten sind, sehr häufig, wenn nicht
bei der Mehrzahl schlecht oder gar nicht
unterrichtet sind. Von altem Hausmobiliar
ist an Ort und Stelle ganz ausserordent-
lich wenig erhalten, und bei den in den
Museen aufbewahrten Stücken ist der
Ort der Herkunft, auch wenn man aus-
nahmsweise beim Ankauf darauf achtge-
geben hat, meist deshalb unzuverlässig,
weil die italienischen Händler, von denen
sie in der Regel erworben wurden, schon
seit Jahrzehnten in ganz Italien ihre Ware
zusammenkaufen. Wo sie ausserhalb Ita-
liens, namentlich auf Pariser Versteige-
rungen, gelegentlich vorkommen, ist über
die Herkunft fast nie mehr etwas bekannt.
Das Studium des Hausrates hat ein
mannigfaches Interesse. Es ist ein wert-
volles Hilfsmittel beim Studium der hohen
Kunst, der Architektur wie der Malerei.
In kulturhistorischer Richtung bietet es
den Einblick in das häusliche Leben der
Völker; das Mobiliar hat man daher nicht
mit Unrecht „die Seele des Hauses“ ge-
nannt. Von hervorragender Bedeutung
ist es für die Kenntnis des Stils in seiner
Entwickelung zu den verschiedenen ZeiteTT
und bei den verschiedenen Völkern. Unsere
Aufgabe beschränkt sich darauf, das Mo-
biliar eines bestimmten Volkes in ganz
bestimmter Zeit: bei den Italienern wäh-
rend der Renaissance, in seiner formalen
und dekorativen Bedeutung und in der all-
mählichen Entwickelung während dieser
Zeit im einzelnen wie im ganzen zu cha-
rakterisieren. Jene anderen Fragen können
daher nur ganz nebenbei berührt werden.
Die behagliche Einrichtung des deut-

schen Zimmers der Renaissance in seinem
bescheidenen Umfang mit den Holztäfe-
lungen und Holzdecken, den Kachelöfen
und Einbauten wie den mannigfachen Mö-
beln verleitet wohl, die Einrichtung des
italienischen Zimmers im XV. und XVL
Jahrhundert ähnlich, wenn auch prächtiger
und monumentaler zu denken. Der Cha-
rakter des italienischen Wohnraumes hatte
aber mit dem des deutschen so wenig
gemein wie das Leben des Südländers
mit dem des Nordländers. Während der
Nordländer schon durch das Klima mehr
auf das Haus und enge niedrige Räume
angewiesen ist, lebt der Italiener, damals
noch mehr als heute, im Freien, auf den
Strassen, den Plätzen und in den Hallen,
in den Kirchen, Rathäusern und Zunft-
häusern. Auch das italienische Haus, oder
richtiger der städtische Palast und die
Villa, die fast allein zu künstlerischer Aus-
gestaltung und Einrichtung kamen, be-
sassen daher weniger einen intimen als
einen öffentlichen Charakter. In den Ar-
kaden, im Hof mit seinen Hallen und in
den anstossenden Sälen spielte sich das
Leben der Italiener und ihres Anhanges
vorwiegend ab. Die grossen festlichen
Räume, für gelegentliche Aufnahme zahl-
reicher Personen bestimmt, konnten nur
verhältnismässig wenige Möbel und nur
solche von einfachem, grossem Charakter
enthalten. Diese bestimmten aber zu-
gleich die Einrichtung der abgelegeneren
Familienräume, der Zimmer in den oberen
Stockwerken. Der Umstand, dass die Fest-
räume meist nur bei Festen und Besuchen
benutzt wurden und daher die Stoffe,
Gobelins und feineren Möbel nur dann aus
der Guardaroba, aus den Truhen und
Kasten herausgeholt wurden, machte den
Eindruck der Paläste den grössten Teil
des Jahres über noch weniger behaglich.
Art und Entwickelung des Mobiliars
sind in den verschiedenen Gegenden Ita-
liens nicht unwesentlich verschieden. Am
abweichendsten sind sie in Venedig, schon
durch die besondere Bauart der Paläste,
durch das eigenartige venetianische Leben
 
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