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Bode, Wilhelm von
Die italienischen Hausmöbel der Renaissance: mit 100 Abbildungen — Monographien des Kunstgewerbes, Band 6: Leipzig: Verlag von Hermann Seemann Nachfolger, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.60866#0012
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Abb. 2. Florentiner Truhe mit Stuckdecor im Kunstgewerbe-Museum zu Berlin.

I. Florenz und Toskana.

Im Mittelalter war das italienische Wohn-
1 zimmer nach unseren heutigen Be-
griffen beinahe kahl. Wie jetzt noch im
italienischen Bauernhaus der grosse Herd
den Mittelpunkt und seine Ummauerung
den eigentlichen Aufenthaltsort der Be-
wohner in kalter und nasser Jahreszeit bil-
det, so war das Kamin, von meist kolos-
saler Form, das hervorragendste Stück,
der eigentliche Mittelpunkt im Zimmer des
mittelalterlichen Palastes. An den Wänden
liefen Bänke herum, die durch Aufschlagen
der Sitze zugleich als Truhen benutzt
werden konnten, und auf denen, wenigstens
in einzelnen Zimmern, grosse weiche Kissen
das Sitzen behaglich machten. Truhen,
die mit den Bänken an den Wänden
wechselten, wurden, wie diese, auch zum
Sitzen und zum Teil auch als Tische ver-
wendet. Ein grosser langer Tisch (nur
ausnahmsweise werden es mehrere ge-
wesen sein) stand vor den Bänken oder
wurde, wenn er gebraucht wurde, davor
aufgestellt. Daneben und am Kamin standen
schmucklose Schemel mit Strohgeflecht.
In einem kleineren Zimmer bildete ein
niedriges Bett von ausserordentlichem Um-
fange, mit hoher, ringsum laufender Stufe,
die sowohl als Sitz wie als Truhe benutzt
wurde, mit Ausnahme einer Reihe schmuck-
loser Schemel und Stühle, das einzige
Möbel. Zur Unterbringung der notwen-
digsten Geräte und Gefässe, soweit sie

nicht in den Truhen ihren Platz fanden,
dienten in den Zimmern und Kammern
offene, seltener geschlossene Wandschränke
in den tiefen Mauern. Dieses spärliche
Mobiliar war von einfacher Form und von
kräftigem Bau; es erbte sich daher durch
Generationen fort, ohne sehr verändert
oder vermehrt zu werden.
Die neue Zeit, die „Renaissance“, liess
in dieser Einrichtung zunächst keine
wesentliche Aenderung eintreten; sie fand
ihre Aufgabe nach dieser Richtung an-
fangs in der Ausbildung der Kirchen-
möbel. Das Chorgestühl, der Bischofs-
thron, das Lesepult, die Orgel, das Ge-
schränk und die Pulttische der Sakristeien,
die Einrahmungen der Altarbilder u. a. m.
erhalten in dieser Zeit, ganz besonders
in Florenz, ihre einfachen, aber grossen
monumentalen Formen und werden äusser
durch bescheidene Schnitzereien mit den
schönsten Intarsien und gelegentlich auch
durch Bemalung aufs feinste farbig be-
lebt. Daneben werden die Rathäuser,
Hospitäler, Bibliotheken und andere öffent-
liche Bauten in ähnlicher, zum Teil schon
sehr prächtiger Weise mit Möbeln aus-
gestattet.
Erst gegen die Mitte des XV. Jahr-
hunderts, ausserhalb Florenz erst in der
zweiten Hälfte des Quattrocento wird, mit
dem Vordrängen der einzelnen Persönlich-
keit und der scharfen Ausbildung des
 
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