Abb. 95. Römische Truhe im Kaiser Friedrichs-Museum zu Berlin.
IV. Rom und Neapel.
pür Rom dürfen wir bei der Kunstliebe
1 einer Reihe von Päpsten zur Renais-
sancezeit wie bei der grossen Prachtliebe
und dem Luxus, der am päpstlichen Hofe
von den Nepotenfamilien und den reichen
Geistlichen entfaltet wurde, die vielfach
noch bei Lebzeiten ihre Reichtümer zu
ihrem Ruhm und für ihre Genüsse zu
verwerten suchten, einen grossen Luxus
auch in der Hauseinrichtung annehmen.
Dies bestätigen uns die Urkunden, die
wir den Forschungen von E. Müntz,
Bertolotti u. a. verdanken. Erhalten ist
uns aber an nachweislich aus Rom
stammenden Möbeln des fünfzehnten Jahr-
hunderts sehr wenig; erst etwa seit
dem zweiten oder dritten Jahrzehnt des
sechzehnten Jahrhunderts begegnen uns
römische Möbel häufiger; freilich fast
nur eine bestimmte Gattung und darin
namentlich Truhen. Wie auch hierin die
Prachtliebe der hohen Geistlichkeit sich
geltend machte, davon haben wir u. a.
einen sicheren Anhalt in der Beschreibung
der Ausstattung, welche Lucretia Borgia
bei ihrer Verheiratung mit Herzog Ercole
von Ferrara von ihrem Vater Papst
Alexander VIII. erhielt. Für den Transport
des Hochzeitsgutes in den Prachttruhen,
Schmuckkasten u. s. f. bewegte sich ein
Zug von mehreren hundert Maultieren
von Rom nach Ferrara.
Von dem alten Mobiliar des Vatikans
oder anderer päpstlicher Paläste ist uns
leider — wenn wir nicht etwa Raphaels
Tapeten dazu rechnen wollen — kaum ein
Stück mehr erhalten; aber einen Begriff
von der künstlerischen Vollendung auch
dieser Ausstattungsstücke der Wohn- und
Staatsräume eines Julius II. und Leo X.
geben uns die prächtig geschnitzten
Thüren und Fensterläden in den Stanzen,
für deren Anfertigung Raphael den Gio-
vanni Barile aus Siena berufen hatte,
während gleichzeitig der jüngere Luca della
Robbia die farbigen Fliessen der Fuss-
böden herstellte, die uns zum Teil noch
— freilich in kaum erkennbarem Zu-
stande — erhalten sind.
In diese klassische Zeit reichen auch
die frühesten Stücke jener Gattung von
Möbeln, die für Rom besonders charak-
teristisch sind: jene mit Schnitzarbeit
in Hochrelief bedeckten Möbel, bei
denen die Holzfarbe nur ganz leicht ge-
tönt und nur einzelne Teile gelegentlich