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Religion und Philosophie. 425

nichts weiter, and wir gewinnen nichts, wenn wir uns
einbilden, dass wir mehr besitzen.

Wir sahen jedoch, dass unsere Sinne, während sie
uns ein Wissen von nichts als endlichen Dingen verschaffen,
zu gleicher Zeit in fortwährender Berührung mit dem,
was nicht endlich oder wenigstens noch nicht endlich ist,
stehen; ja, dass ihr Hauptgeschäft darin besteht, das End-
liche aus dem Unendlichen, das Sichtbare aus dem Un-
sichtbaren, das Natürliche aus dem Uebernatürlichen, die
phänomenale Welt aus dem nicht phänomenalen Universum
herauszuarbeiten. Yon dieser fortwährenden Berührung
mit dem Unendlichen entsprang der erste Impuls zur
Religion, die erste Ahnung von einem Etwas, das ist, das
aber die Sinne nicht erreichen, was unsere Sprache oder
unser Verstand nicht nennen, nicht begreifen kann.

Hier war die tiefste Quelle aller Religion, hier lag
die Lösung des Räthsels, das vor allen anderen Räthseln,
nennen wir sie Fetischismus, Figurismus, Animismus oder
Anthropomorphismus, gelöst werden musste — nämlich,
warum der Mensch sich nicht mit seinem Wissen von end-
lichen, sinnlichen Gegenständen begnügte, und wie ihm je
der Gedanke gekommen, dass es irgend Etwas in der
Welt gibt oder geben kann, ausser was er zu berühren,
zu hören, zu sehen vermag, nenne man es nun Machte,
Geister oder Götter.

Als unsere Ausgrabungen unter den Ruinen der
Vedischen Literatur uns einmal bis auf diesen natürlichen
Felsen gebracht, gruben wir weiter fort, um zu sehen, ob
wir nicht noch wenigstens auf einige der Säulen stossen
würden, die einst auf diesem Felsen errichtet worden; ob
wir nicht einige der Bogen und Gänge blosslegen könnten,
 
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