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Deutscher Museumsbund [Mitarb.]
Museumskunde: Fachzeitschrift für die Museumswelt — 1.1905

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Pauli, Gustav: Die Kunsthalle zu Bremen
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https://doi.org/10.11588/diglit.69241#0150

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Pauli, Die Kunsthalle zu Bremen

dagegen wird die hoffnungsreiche Entwickelung der modernen, namentlich der
deutschen Kleinplastik und Plakettenkunst aufmerksam verfolgt. Sie ist bereits in
einer Reihe ausgezeichneter Werke vertreten. Lebensgroße Skulpturen sollen nur
in vereinzelten hervorragenden Exemplaren hinzukommen. Mit Rodins age -d’airain
ist ein Anfang gemacht worden. Die traditionelle Gipssammlung ist, soweit es
möglich war, durch Tönung im Sinne der Originale ihrer Schrecken beraubt. Auf
wenige Hauptwerke beschränkt, ist sie in zwei Räumen des Erdgeschosses verteilt
und zur Dekoration des Treppenhauses verwendet worden.
Die alte, 1847—1849 erbaute, jetzt gänzlich in dem Neubau aufgegangene
Kunsthalle genoß die Vorteile einer überaus anmutigen Lage in dem Gartengelände
des Walls. Sonst konnte sie in museumstechnischer Hinsicht nicht eben als Muster
gelten. Den Hauptraum bildete ein nach Norden orientierter riesiger Saal, der
durch eine Reihe hoher Fenster Seitenlicht empfing und erst durch nachträglich
eingebaute hölzerne Scheerwände für die Ausstellung von Bildern benutzbar wurde.
An dieses Haus, das man zunächst unverändert bestehen ließ, konnte Dank
den außerordentlichen Spenden einiger Bremer Bürger, namentlich des Herrn
Karl Schütte, in den Jahren 1899—1902 ein umfangreicher Erweiterungsbau gefügt
werden. Erst nachdem dieser vollendet war, wurde die alte Kunsthalle mit ent-
sprechenden Veränderungen im Innern und Äußern dem Neubau organisch ange-
gliedert. Zwei bremische Architekten wirkten hierbei zusammen, Albert Dunkel
als Meister des Grundplans, Eduard Gildemeister als der des geschmackvoll diskreten
Äußeren. Die Gesamtanlagc ist die für freiliegende Museen naheliegende: Ein
zentrales Treppenhaus, das von Sammlungsräumen umgeben ist. Sehr geschickt
ist eine nicht unbeträchtliche Achsenverschiebung des Gebäudes von Norden nach
Süden (s. Abb. 1, 2 und 3) verdeckt worden, so daß der Besucher ihrer nur bei genauer
Prüfung gewahr wird. Wie immer, hat man auch hier zu viel Raum auf das
Treppenhaus, dies Lieblingskind der Architekten, verschwendet (Abb. 4). Doch mag
man es den Baumeistern zugute halten, weil sie in der Disposition der Neben-
räume mit anerkennenswerter Ökonomie unter Vermeidung unnützer Gänge und
Gelasse verfahren sind. Einen großen Vorteil weist die Anlage darin auf, daß die
von Lichtwark mit Recht bemängelte darmförmige Aneinanderreihung der Säle
vermieden ist. Durch sechs verschiedene Zugänge kann man im Oberstock die
Museumsräume betreten, die sich durch eine wohlerwogene Verteilung der Türen
leicht in verschiedene Raumgruppen trennen lassen.
Als ganz besonders gelungen darf man die hellen und weiten Lagerräume des
Erdgeschosses bezeichnen, aus denen ein Aufzug von 500 Kilo Tragkraft in die
oberen Stockwerke führt.
In den Sammlungs- und Ausstellungsräumen sind, abgesehen von den Sälen
der Plastik und der Kupferstichsammlung rund 375 laufende Meter brauchbarer
Behangfläche mit Oberlicht und 225 laufende Meter mit Seitenlicht beleuchtet.
 
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