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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 51.1930

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Lüstner, Gustav: Zur Deutung alter Oertlichkeiten beim Kloster Johannisberg im Rheingau
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https://doi.org/10.11588/diglit.62031#0108
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Zur Deutung alter Oertliehkeiten beim Kloster
Johannisberg im Rheingau.
Von
Gustav Lüstner-Geisenheim a. Rh.
Das Kloster Johannisberg ist das älteste der rheingauischen Klöster. Es
ist eine Gründung des Erzbischofs Ruthard von Mainz (1088—1109), der den
damals noch Bischofsberg genannten Berg dem Albanskloster in Mainz schenkte
zur Verwirklichung seiner Absicht, auf ihm ein Kloster nach den Regeln des
heiligen Benedikt zu errichten. Das Kloster hiess deshalb auch zunächst Bischofs-
berg. Aber schon bei seiner Erhebung zur selbständigen Abtei 1130 und der
gleichzeitig damit erfolgten Weihe des Hauptaltars seiner Kirche zu Ehren
des heiligen Johannes trägt es den Namen Johannisberg, der dann allmählich
auch auf den ganzen Berg überging.
In einer Anzahl Urkunden wird der Johannisberg auch unter dem Namen
„nions episcopi11 aufgeführt. Zedier1) erblickt in diesem Ausdruck ein An-
zeichen für ihre Unechtheit. Er glaubt festgestellt zu haben, dass in allen
echten mittelalterlichen lateinischen Urkunden sich ausschliesslich die Bezeich-
nung Bischofsberg findet, nie aber die lateinische Uebersetzung dieses Namens.
„Die Ortsnamen“, sagt er, „werden in ihren deutschen volkstümlichen Be-
zeichnungen in den mittelalterlichen Urkunden wiedergegeben. Das ist ein
allgemeines Gesetz, das ich überall, soweit deutsche Länder in Betracht kom-
men, bestätigt gefunden habe. Wie daher in der vorliegenden Urkunde (es
handelt sich um die vom Jahre 1109)2) die Ortsbezeichnung in episcopi monte
ein deutlicher Beweis ihrer Unechtheit ist, so sind es ebenso die weiter in
dieser Urkunde vorkommenden Bezeichnungen comitis insula für Lützelau und
in comitis monte für Grevenberg“.
Diese Auffassung Zedlers dürfte' im allgemeinen richtig sein. Sein
Gesetz lässt aber, wie andere Gesetze, Ausnahmen zu, und deshalb erfordert es
bei seiner Anwendung Vorsicht. Damit wird sein Wert für die Urkundenkritik
bedeutend abgeschwächt, denn wenn es in dem einen Fall versagt, bleibt es
fraglich, ob es in dem anderen zutreffend ist. Es ist ihm dann die Beweiskraft
genommen. Das gilt gerade für den von Zedier als Beweis für die Richtig-
keit seines Gesetzes herangezogenen Bischofsberg, denn dieser wird tatsächlich

x) Zedier, G. Nassauische Annalen, Bd. 45, 1918 —1921, S. 2 und 37.
“) Sauer, ”W. Codex diplomaticus Nassoicus, Nr. 161.
 
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