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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 56.1896

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Das Leben des Malers Raphael Ritz von Niederwald
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I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.43115#0015
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Neben der Botanik hatte Raphael auch grosse Freude an der Mineralogie. Die
Anregung dazu gab ihm ein Oheim in Niederwald, der sehr seltene Mineralien besass
und seinen Neffen zum Aufsuchen derselben aufmunterte, was wohl den Grund zu seiner
schönen Sammlung legte.
Das Reisen lag ihm nun einmal in den Beinen, und 1849 machte er mit Herrn
Pfarrer Bortis eine Wanderung nach Piemont, Tessin und an den Rhonegletscher.
Bei dieser Gelegenheit kehrten sie eines Tages in einer kleinen Restauration ein, in
welcher sich italienische Arbeiter und andere Gesellschaft befanden, welch’ letztere aber
nicht zur besten gehörte. Die mit Mineralien schwer belasteten Taschen wurden ab-
gelegt und weckten bei den Arbeitern den Verdacht, dieselben möchten Geld enthalten.
Als nun Raphael und Pfarrer Bortis sich zur Weiterreise aufmachten, folgte ihnen bald
der ganze Tross in der Hoffnung auf einen guten Fang. Das Ziel der Reisenden war
eine einsame, wilde Schafalpe, wo sie die Nacht zuzubringen gedachten. Die Lage war
wohl etwas unheimlich, aber Ritz wurde von seinem Humor nicht im Stich gelassen.
Die Beiden versteckten ihre Taschen, sobald sie ankamen, warteten den Einbruch der
Nacht ab, zogen dann ihre weissen Hemden über die Kleider und stiegen bei heran-
brechendem Mondlicht mit Bergstöcken bewaffnet langsam wie eine Geisterscheinung
auf das Dach der Hütte. Beim Anblick dieser Gespenster floh das Gesindel entsetzt
davon, der Weg war schlecht und mancher kam nicht mit heiler Haut nach Hause.
Daheim zeichnete und malte er fleissig unter der Leitung seines Vaters, der ihn
für das Porträt- und das religiöse Fach bestimmte. Zu diesem Zwecke kam Ritz 1851
zu seinem Oheim, Herrn Kunstmaler Kaiser in Stans, wo er bei demselben und im
Atelier von Deschwanden zuerst religiöse Bilder malte. Das ewige Kopieren jedoch
liess ihn sehr unbefriedigt und oft noch gedachte er in spätem Jahren, wie unglücklich
er sich damals gefühlt. Es wurde ihm bald klar, dass dies nicht das rechte Feld seiner
Thätigkeit sei, nach der Genremalerei zog es ihn hin. Er kehrte daher ins Elternhaus
zurück, um sich am 28. Oktober 1858 auf den Weg nach Düsseldorf zu begeben.
II.
Es geht den Menschen wie einem Schiffe, das oft lange lavieren muss, bis es ins
rechte Fahrwasser gelangt; so war nun auch Ritz nach manchem Zick-Zack endlich
auf die Bahn gekommen, die ihn zu der ehrenvollen Stellung führte, die er auf dem
Gebiete der Kunst einnahm. Freilich hatte er erst noch manches Hindernis zu über-
winden, bis er sich seinem Beruf nach Wunsch hingeben konnte.
Wir entwerfen nun das Bild seiner Studienperiode in Düsseldorf nach seiner Kor-
respondenz mit den Eltern, die uns gütigst zur Verfügung gestellt wurde. Aus
allen Briefen spricht ein warmes, kindliches Herz, voll Liebe und Dankbarkeit; daneben
zeigt sich darin ein reger und feiner Sinn für Kunst, der alles beobachtet, was auf
seine Lebensaufgabe Bezug hat. Nachdem er seinen Eltern gemeldet, dass er aus
Mangel an Raum für einstweilen noch nicht in den Antikensaal eintreten konnte,
schreibt er in einem Briefe an seine Eltern und Geschwister:

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