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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 56.1896

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Das Leben des Malers Raphael Ritz von Niederwald
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III.
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IV.
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https://doi.org/10.11588/diglit.43115#0029
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Gottes emporschauten. Das war aber dem Besteller zu profan, auf einem Altarbilde
durften nur Heilige und Engel stehen, und er gab nicht nach, bis Ritz dem Buben und
dem Mädel Flügel anmalte, dagegen löschte er seinen Namen auf dem Bilde aus.
Besseres Verständnis fand seine eigenartige Auffassung der Altarbilder an der
Madonna, die auf Breitmatten, dem Sommersitze seiner Freunde, die ländliche Kapelle
schmückt und zugleich als Andenken hochgehalten wird. Die Mutter Gottes sitzt unter
einem Baume mit dem Jesuskinde auf dem Schoosse und vor demselben kniet ein
blondlockiges Landmädchen, das ihm mit beiden Händchen einen Strauss von Alpen-
blumen darbietet. Maria hält die Hand ihres Kindes nach dem Mädchen hin, um
dessen schlichte Gabe entgegenzunehmen. Im Hintergründe erglüht das Bietschhorn
im letzten Strahle der scheidenden Sonne, was bei dem dunkeln, im Schatten gehaltenen
Vordergrund eine andächtige Abendstimmung über das Bild hinhaucht. Diese Auf-
fassung des Motivs versinnlicht den Glauben an die Fürbitte Maria’s, die als Vermitt-
lerin zwischen ihrem göttlichen Sohne und uns armen Menschenkindern verehrt wird.
Nach einem zweijährigen Aufenthalte im Wallis, wo er nebenbei, besonders in der
Kirche auf Valeria vortreffliche Studien machte, die vorzüglich durch die Perspektive
und die Beleuchtung ausgezeichnet, als vollendete Bilder können betrachtet werden,
zog es ihn unwiderstehlich nach Düsseldorf zurück. Der Vater sah selbst ein, dass es
dem jungen Künstler hier an der nötigen Anregung zum Schaffen fehle, und er durch
anderweitiges zu sehr von seiner eigentlichen Berufsthätigkeit abgehalten werde; so
kehrte denn Ritz im Jahr 1865 wieder nach Düsseldorf zurück.
Da arbeitete er neuerdings mit Lust und Eifer und äusserte in seinen Briefen sein Be-
dauern darüber, in Sitten so viel Zeit verloren zu haben. Allein diese rosige Stimmung in
der Fremde war von kurzer Dauer; an einem Brustkatarrh schwer leidend, musste er
nach der alten Heimat zurückkehren und da Genesung suchen. Schwer krank lag er
noch mehrere Monate im Bette, bis zufällig ein fremder Arzt sein Atelier zu besuchen
kam, der eine andere Kurmethode vorschlug’, worauf sein Zustand sich rasch besserte.
Ein Aufenthalt in Evolena kräftigte die angegriffene Lunge vollends so, dass er noch
im gleichen Sommer mit seinem Freunde Ant. v. Torrente eine Bergbesteigung von
10,000 Fuss Höhe machte und sich als geheilt betrachten konnte. Zugleich benutzte
er diese Zeit zu Landschaftsstudien.
IV.
Von da an setzte sich Ritz im Wallis fest. Sein Vater hatte ihm in einem Garten
nahe an ihrem Hause ein Atelier eingerichtet, an dem rings die verschiedenen Studien
hingen, einige archäologische und mineralogische Gegenstände herumstanden und auf
der Staffelei immer ein angefangenes Bild, oft auch ein bereits vollendetes den Be-
sucher erfreute. Wie aber jemand kam, und wäre es auch sein vertrautester Freund
gewesen, so packte er den Malkasten zusammen, zum arbeiten musste er allein und
aufgelegt sein. Auf die Bemerkung, es sei ein Diebstahl an der Nachwelt, dass er
 
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