vollständig unbekannt waren, sondern nur für die Benützung einer Quelle spricht, welche wie die zugrunde liegende Passio
s. Uendezlavi nichts von denselben wusste. Dagegen sind andere Darstellungen, welche von Bl. 185 bis Bl. 187 der Aus-
weisung des Clerus aus Böhmen, der Weigerung Wenzels hinsichtlich der Theilnahme am Götzendienste, der Wiederein-
führung der Geistlichkeit, der Entsendung der Boten nach Regensburg behufs Erlangung der Erlaubnis zur Erbauung der
Veitskirche gelten, bei den Karlsteiner Bildern nicht berücksichtigt worden. Dieselben berühren sich also theilweise mit
den Illustrationen der Wenzelslegende in der Welislawbibel, erweitern die Darstellungsmotive durch einzelne mehr beliebt
gewordene Züge und verzichten zugleich auf einen Theil der Bilderbehandlung der Welislawbibel. Die Bewegung des die
Sichel führenden oder den Dreschflegel schwingenden Wenzel, die Oblatenform beim Hostienbacken (Taf. XXVII, Abb. 3),
das Abnehmen der Trauben (Taf. XXVII, Abb. 4), die Bestattung in der viereckigen Tumba, hinter welcher die Klagenden
erscheinen, stehen in beiden Cyklen einander ungemein nahe. Ein so nebensächliches Object wie die geradezu überein-
stimmende Oblatenform fällt für diese Thatsache umso schwerer ins Gewicht, weil es zeigt, dass der Maler solche Dinge
einfach herübernahm, wie er auch passende Bewegungsmotive unbedenklich verwertete, ohne dabei etwas von dem Rechte
der Bethätigung seiner künstlerischen Freiheit zu vergeben. Dagegen vollzog sich in den Karlsteiner Bildern eine weitere
Scheidung des Stoffes, indem die Darstellungen aus der Wenzelslegende nicht mehr mit jenen der Ludmilalegende ver-
quickt wurden, sondern letztere mit den besser zu ihnen passenden Beziehungen der Vorgänger des heil. Wenzel, welche
inhaltlich eigentlich dazu gehörten, zu einem Ganzen, zu einem selbständigen Cyklus sich abrundeten; ebenso rückten in
den Textbehandlungen die Ludmilamomente einerseits und die Wenzelsmomente andererseits immer mehr voneinander und
krystallisierten sich allmählich regelmäßiger und abgeschlossener um ihren natürlichen Mittelpunkt. Was die Karlsteiner
Bilder gegen die Welislawbibel als ein Mehr ausweisen, konnte wie der Empfang am Kaiserhofe und die Begegnung mit
dem Herzoge Radislaw von Kaurim dem noch Ludmila- und Wenzelslegende ineinander flechtenden Dalimil entlehnt wer-
den, der auch für das Holztragen angab: ’)
»Er trug des nachtis vil balde
den witibin holcz vs dem walde.«
Das Blutabwaschen und die Überführungsscenen deuten auf die Heranziehung anderer Legendenfassungen hin.2)
Noch innigere Berührungen als zwischen den Karlsteiner Bildern und den Wenzelsdarstellungen der Welislawbibel
ergeben sich zwischen ersteren und den Wenzelslegendeillustrationen der Wiener Hs. Nr. 370. Dieselbe stellt sich als eine
Sammelhandschrift für die Legendenillustration des späten Mittelalters dar und bietet von Bl. 32 bis Bl. 38' jene Darstellun-
gen der Wenzelslegende bis zur Beisetzung des heil. Wenzel, welche für den Vergleich mit den Cyklen der Wenzels-
kapelle und der gleichfalls mit der Bestattung des heil. Wenzel abschließenden Welislawbibel in Betracht kommen. Doch
wird der Faden der Erzählung in der Darstellung der Ereignisse festgehalten, welche Boleslaws grausamer That folgten,
und reiht von Bl. 44' bis Bl. 48 die Illustrationen der Ludmilalegende an. Jede Seite ist in drei Abtheilungen gegliedert,
deren Scenen durch Überschriften erläutert werden; die Art der Anlage hält also wie die Welislawbibel, in deren Manier
auch die allerdings minder bedeutenden Federzeichnungen der Wiener Hs. ausgeführt sind, den Grundsatz der Seiten-
theilung, die Scenenerklärung durch Beischriften und die Nebeneinanderstellung zweier Scenen in einem Streifen fest,
welche in der Welislawbibel nur vereinzelt begegnet; doch verwerten die Beischriften nicht wie in letzterer theilweise den
Wortlaut eines Legendentextes, sondern sind ganz selbständig nebeneinander gestellt.
Für die Vergleichung mit den Karlsteiner Wenzelsbildern und der Welislawbibel kommen in Betracht: Bl. 32.
I. Hic stat uenceslaus coram patre wratislao petens ut daret eum ad scolas. — Hic portatur ad scolam in civitate budeczt. —
II. Hic magistro presentatur. — Hic sedent studentes. ■— III. Hic wratizlaus pater sancti wenczlai moritur. — Hic prin-
cipes mittunt nunccios pro sancto wencezlao. — Bl. 32'. II. Hic sanctus wenceslaus electus est in ducem. -— III. Hic
sanctus wenceslaus iubet frangere vincula. — Hic percipit succidere patibula. — Bl. 33. III. Hic sanctus wenceslaus educit
captiuos de carcere. -— Hic sanctus wenceslaus mittit pecunias captiuis. — Bl. 34. I. Hic sanctus wenceslaus fodit
agrum. •— Hic sanctus wenceslaus seminat triticum. — Bl. 33'. II. Hic sanctus wenceslaus metit triticum. -— Hic sanctus
wenceslaus componit triticum. — Bl. 34. II. Hic sanctus wenceslaus triculat triticum. -— Hic sanctus wenceslaus molit
triticum. — Bl. 33'. III. Hic sanctus wenceslaus colit vineam. — Hic sanctus wenceslaus deponit vinum in botris. -—
Bl. 34. III. Hic sanctus wenceslaus premit vinum ad officium. — Hic sanctus wenceslaus pistat oblatas pro sacrificio. —
Bl. 34'. I. Hic sanctus wenceslaus dat sacerdotibus vinum et oblatas. — Hic sanctus wenceslaus sepelit mortus (!) — II. Hic
sanctus wenceslaus geniculat ante ecclesiam nudis pedibus. — Bl. 35. I. Hic sanctus wenceslaus fert ligna. —- Hic sanctus
wenceslaus percutitur a siluanis. — Hic sanctus wenceslaus dat ligna viduis. — Bl. 35'. II. Hic angeli ducunt sanctum
wenceslaum. — Hic imperator asurgit sancto wenceslao. ■— Hic sedent duces et principes. — Bl. 37'. II. Hic sanctus
wenceslaus et boleszlaus comedunt simul. — Hic ipsis ministratur. — Bl. 38. II. Hic sanctus wenceslaus geniculat in
lumine ecclesie. — Bl. 37'. III. Hic boleszlaus percuttit in vertice fratrem suum sanctum wenceslaum. — Hic sanctus
wenceslaus expirauit in lumine ecclesie. — Bl. 38'. I. Hic sanctus wenceslaus tumulatur.
1) Dalimili Bohemiae chronicon a. a. O. S. 55. — 2) Gumpoldi vita s. Vencezlavi a. a. O. S. 161 u. f. — Passio s. Uendezlavi a. a- O.
S- 187 u. f. — Christani vita s. Ludmilae et s. Wenceslai a. a. O- S. 219 u- f-
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s. Uendezlavi nichts von denselben wusste. Dagegen sind andere Darstellungen, welche von Bl. 185 bis Bl. 187 der Aus-
weisung des Clerus aus Böhmen, der Weigerung Wenzels hinsichtlich der Theilnahme am Götzendienste, der Wiederein-
führung der Geistlichkeit, der Entsendung der Boten nach Regensburg behufs Erlangung der Erlaubnis zur Erbauung der
Veitskirche gelten, bei den Karlsteiner Bildern nicht berücksichtigt worden. Dieselben berühren sich also theilweise mit
den Illustrationen der Wenzelslegende in der Welislawbibel, erweitern die Darstellungsmotive durch einzelne mehr beliebt
gewordene Züge und verzichten zugleich auf einen Theil der Bilderbehandlung der Welislawbibel. Die Bewegung des die
Sichel führenden oder den Dreschflegel schwingenden Wenzel, die Oblatenform beim Hostienbacken (Taf. XXVII, Abb. 3),
das Abnehmen der Trauben (Taf. XXVII, Abb. 4), die Bestattung in der viereckigen Tumba, hinter welcher die Klagenden
erscheinen, stehen in beiden Cyklen einander ungemein nahe. Ein so nebensächliches Object wie die geradezu überein-
stimmende Oblatenform fällt für diese Thatsache umso schwerer ins Gewicht, weil es zeigt, dass der Maler solche Dinge
einfach herübernahm, wie er auch passende Bewegungsmotive unbedenklich verwertete, ohne dabei etwas von dem Rechte
der Bethätigung seiner künstlerischen Freiheit zu vergeben. Dagegen vollzog sich in den Karlsteiner Bildern eine weitere
Scheidung des Stoffes, indem die Darstellungen aus der Wenzelslegende nicht mehr mit jenen der Ludmilalegende ver-
quickt wurden, sondern letztere mit den besser zu ihnen passenden Beziehungen der Vorgänger des heil. Wenzel, welche
inhaltlich eigentlich dazu gehörten, zu einem Ganzen, zu einem selbständigen Cyklus sich abrundeten; ebenso rückten in
den Textbehandlungen die Ludmilamomente einerseits und die Wenzelsmomente andererseits immer mehr voneinander und
krystallisierten sich allmählich regelmäßiger und abgeschlossener um ihren natürlichen Mittelpunkt. Was die Karlsteiner
Bilder gegen die Welislawbibel als ein Mehr ausweisen, konnte wie der Empfang am Kaiserhofe und die Begegnung mit
dem Herzoge Radislaw von Kaurim dem noch Ludmila- und Wenzelslegende ineinander flechtenden Dalimil entlehnt wer-
den, der auch für das Holztragen angab: ’)
»Er trug des nachtis vil balde
den witibin holcz vs dem walde.«
Das Blutabwaschen und die Überführungsscenen deuten auf die Heranziehung anderer Legendenfassungen hin.2)
Noch innigere Berührungen als zwischen den Karlsteiner Bildern und den Wenzelsdarstellungen der Welislawbibel
ergeben sich zwischen ersteren und den Wenzelslegendeillustrationen der Wiener Hs. Nr. 370. Dieselbe stellt sich als eine
Sammelhandschrift für die Legendenillustration des späten Mittelalters dar und bietet von Bl. 32 bis Bl. 38' jene Darstellun-
gen der Wenzelslegende bis zur Beisetzung des heil. Wenzel, welche für den Vergleich mit den Cyklen der Wenzels-
kapelle und der gleichfalls mit der Bestattung des heil. Wenzel abschließenden Welislawbibel in Betracht kommen. Doch
wird der Faden der Erzählung in der Darstellung der Ereignisse festgehalten, welche Boleslaws grausamer That folgten,
und reiht von Bl. 44' bis Bl. 48 die Illustrationen der Ludmilalegende an. Jede Seite ist in drei Abtheilungen gegliedert,
deren Scenen durch Überschriften erläutert werden; die Art der Anlage hält also wie die Welislawbibel, in deren Manier
auch die allerdings minder bedeutenden Federzeichnungen der Wiener Hs. ausgeführt sind, den Grundsatz der Seiten-
theilung, die Scenenerklärung durch Beischriften und die Nebeneinanderstellung zweier Scenen in einem Streifen fest,
welche in der Welislawbibel nur vereinzelt begegnet; doch verwerten die Beischriften nicht wie in letzterer theilweise den
Wortlaut eines Legendentextes, sondern sind ganz selbständig nebeneinander gestellt.
Für die Vergleichung mit den Karlsteiner Wenzelsbildern und der Welislawbibel kommen in Betracht: Bl. 32.
I. Hic stat uenceslaus coram patre wratislao petens ut daret eum ad scolas. — Hic portatur ad scolam in civitate budeczt. —
II. Hic magistro presentatur. — Hic sedent studentes. ■— III. Hic wratizlaus pater sancti wenczlai moritur. — Hic prin-
cipes mittunt nunccios pro sancto wencezlao. — Bl. 32'. II. Hic sanctus wenceslaus electus est in ducem. -— III. Hic
sanctus wenceslaus iubet frangere vincula. — Hic percipit succidere patibula. — Bl. 33. III. Hic sanctus wenceslaus educit
captiuos de carcere. -— Hic sanctus wenceslaus mittit pecunias captiuis. — Bl. 34. I. Hic sanctus wenceslaus fodit
agrum. •— Hic sanctus wenceslaus seminat triticum. — Bl. 33'. II. Hic sanctus wenceslaus metit triticum. -— Hic sanctus
wenceslaus componit triticum. — Bl. 34. II. Hic sanctus wenceslaus triculat triticum. -— Hic sanctus wenceslaus molit
triticum. — Bl. 33'. III. Hic sanctus wenceslaus colit vineam. — Hic sanctus wenceslaus deponit vinum in botris. -—
Bl. 34. III. Hic sanctus wenceslaus premit vinum ad officium. — Hic sanctus wenceslaus pistat oblatas pro sacrificio. —
Bl. 34'. I. Hic sanctus wenceslaus dat sacerdotibus vinum et oblatas. — Hic sanctus wenceslaus sepelit mortus (!) — II. Hic
sanctus wenceslaus geniculat ante ecclesiam nudis pedibus. — Bl. 35. I. Hic sanctus wenceslaus fert ligna. —- Hic sanctus
wenceslaus percutitur a siluanis. — Hic sanctus wenceslaus dat ligna viduis. — Bl. 35'. II. Hic angeli ducunt sanctum
wenceslaum. — Hic imperator asurgit sancto wenceslao. ■— Hic sedent duces et principes. — Bl. 37'. II. Hic sanctus
wenceslaus et boleszlaus comedunt simul. — Hic ipsis ministratur. — Bl. 38. II. Hic sanctus wenceslaus geniculat in
lumine ecclesie. — Bl. 37'. III. Hic boleszlaus percuttit in vertice fratrem suum sanctum wenceslaum. — Hic sanctus
wenceslaus expirauit in lumine ecclesie. — Bl. 38'. I. Hic sanctus wenceslaus tumulatur.
1) Dalimili Bohemiae chronicon a. a. O. S. 55. — 2) Gumpoldi vita s. Vencezlavi a. a. O. S. 161 u. f. — Passio s. Uendezlavi a. a- O.
S- 187 u. f. — Christani vita s. Ludmilae et s. Wenceslai a. a. O- S. 219 u- f-
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