lichste Grundlage für die Zuerkennung der einzelnen Antheile bilden die Eigentümlichkeiten der Werke selbst, bei deren
genauester Vergleichung die Scheidung durchaus nicht zu schwierig erscheint.
Für die Abgrenzung des Antheiles, den Thomas von Modena an der Ausschmückung Karlsteins gehabt haben
könnte, kommen die beiden mit seinem Namen versehenen Altarwerke im Wiener Hofmuseum und in Karlstein in Betracht.
Ob er als Sohn des Rarisinus oder Barisinus zu gelten hat, was bei der Verstümmelung der Wiener Inschrift nicht mehr
sicher zu entscheiden ist, fällt dabei weniger in die Wagschale, als dass der Meister sich auf beiden Bildern als »Thomas de
Mutina« bezeichnet. Steht durch diese Bezeichnung wie durch die künstlerische Eigenart der genannten Werke zweifellos
fest, dass der Künstler als ein Vertreter der italienischen Malerei des 14. Jahrhundertes zu betrachten sei, der allerdings
nur ein oberitalienischer Nachfolger Giottos und ein untergeordnetes Talent. zweiter Classe gewesen sein soll,1) so ist mit
der Thatsache, dass die beiden Werke mit des Meisters Namen offenbar durch mehrere Jahrhunderte in Karlstein aufbe-
wahrt wurden, noch nicht der Antheil des Thomas von Modena an Karlsteins Malereien selbst erwiesen. Das Vorkommen
des heil. Wenzel auf dem Wiener Altarwerke allein verbürgt ebensowenig den Aufenthalt des Künstlers in Böhmen,
dessen Landespatrone er nicht die traditionelle Form des Herzogshutes, sondern die Dogenmütze gab. Hielt der Maler
sich bei der Darstellung eines auswärtigen Landesheiligen nicht an die Art, welche Bilderhandschriften, Tafelbilder,2)
Statuen 3) und selbst Siegel4) sonst gleichmäßig bewahrten, sondern wählte eine andere, auffallend abweichende Form des
Herzogshutes, so könnte gerade diese, wenn sie durch die Orte der Wirksamkeit des Meisters eine besondere, ganz natür-
liche und überaus nahe liegende Erklärung fände, vor allem dafür sprechen, dass der Künstler, welcher einen solchen ab-
weichenden, aber aus seinen persönlichen Verhältnissen vollständig erklärlichen Typus verwendete, den anderwärts üblichen
nicht kannte, das ihm für den bestimmten Darstellungszweck Geläufige seiner Umgebung benützte und gar nicht in Böhmen
selbst gearbeitet zu haben brauchte, um den heil. Herzog Wenzel mit einer Dogenmütze abzubilden. Letztere konnte für
die Darstellung einer Herzogskrone einem in Oberitalien thätigen Meister gleichsam von selbst in den Pinsel fließen, wenn
es sich um ein Herzogsbild handelte, und hat bei dem in Treviso thätigen Thomas von Modena gar nichts Auffallendes.
Denn derselbe vermochte diese Darstellungsform zu bieten, selbst wenn er nicht in Böhmen weilte, als er diesen Auftrag
ausführte. Muss demnach das Wiener Altarwerk des Thomas von Modena nicht schon in Böhmen gemalt sein, weil es
den heil. Wenzel bietet, für dessen Dogenmütze dem Künstler ein anderes Vorbild als der Herzog Böhmens vorschwebte,
so ist es doch zweifellos für Böhmen und speciell für Karlstein angefertigt worden. Da auf die Anordnung eines Kunst-
werkes der Wunsch des Auftraggebers einen unbestreitbaren Einfluss hat und Einzelheiten, die ganz außerhalb der ge-
wöhnlichen Verhältnisse des Meisters liegen, darin zunächst ihre Erklärung finden müssen, so ist die Ausführung eines
Altarwerkes, das ein italienischer Maler vollendet hat, bei Einbeziehung des wohl in Böhmen, nicht aber in Italien hoch-
verehrten heil. Wenzel auf einen Besteller aus Böhmen zu beziehen. Dass dieser Besteller nur Karl IV. gewesen sein
kann, beweist die gleichzeitige Berücksichtigung des heil. Palmatius, dessen Leichnam der genannte Herrscher von Trier
nach Prag gebracht hatte, worauf er zu Ehren des Heiligen die heute noch bestehende Palmatiuskapelle in Budnian unter-
halb der Burg Karlstein erbaute. Für das Gotteshaus dieses im ganzen eine sehr beschränkte Verehrung genießenden
Heiligen war augenscheinlich das Altarwerk bestimmt, dessen Herstellung in erster Linie der die Palmatiusreliquien erwer-
bende Herrscher beeinflussen musste. Erfolgte die Erwerbung im Jahre 135b,5) so kann der Auftrag nicht vor diesem
Zeitpunkte gegeben worden sein. Da der Bruder Karls IV., Herzog Johann von Kärnthen, schon am 3. September 1358
eine tägliche heil. Messe für die Palmatiuskapelle stiftete, war der Bau derselben wahrscheinlich bis dahin vollendet und
auch die Innenausstattung abgeschlossen, zu welcher ein Altarwerk mit einer Darstellung des heil. Palmatius gehörte. Dass
dasselbe außerdem gewiss sogleich auf eine Darstellung des heil. Wenzel Bezug nahm, beweist der Palmatiusaltar in Karl-
stein, dessen Mittelstück Christus zwischen dem heil. Palmatius und Wenzel zeigt, mit welchen Heiligengestalten offenbar
eine ältere Anordnung festgehalten wurde. Als Altarwerk sind demnach die drei Tafeln des Wiener Hofmuseums aufzu-
fassen, welche offenbar von Karl IV. für die von ihm erbaute Palmatiuskirche unterhalb der Burg Karlstein bei dem Maler
Thomas von Modena bestellt, aber sofort anderweitig verwendet wurden. Hat nun vor kurzem erst fachmännische Unter-
suchung festgestellt, dass die Wiener Tafelbilder des Thomas von Modena auf Buchenholz6) gemalt sind, so spricht die Beschaf-
fenheit des nordischen Materiales für eine Ausführung der Tafeln in Böhmen selbst, wobei der Maler mit der Dogenmütze einen
ihm aus früherer Zeit geläufigeren Zug der Herzogskrone festhielt. Das Verweilen des Thomas von Modena in Böhmen ist
demnach durchaus nicht unwahrscheinlich, sondern sogar kaum ernstlich zu bestreiten, da nicht anzunehmen ist, dass er bei
der Ausführung der Tafeln im Süden nordisches Holz bezog oder durch einen Zufall gerade dafür in die Hand bekam.
x) Crowe u. Cavalcaselle, Geschichte d. Italien. Malerei II. S. 381. — 2) Mikowec, Photographisches Album böhmischer Alterthümer
(Prag 1862), Bild d. heil. Wenzel aus d. aufgehobenen Kleinseitener Wenzelskirche in Prag; ähnliche Auffassung zeigt ein kleineres Tafelbild d. städt.
Museums in Prag. — 8) Mikowec, Alterthümer u. Denkwürdigkeiten Böhmens. 1. Bd. (Prag 1860), S. 42 u. f. — 4) Benes, Pamätky kultu Svato-
väclavsk£ho. Pamätky arch. a mfstop. VII. S. 482 u. f. — Illustrirte Chronik v. Böhmen. I. S. 676. — Mittheilungen d. k. k. Centralcommission. N. F.
*6. Jhg. S. 201, Abb. 8. — ,5) Körner, Burg Karlstein. S. 39 u. f. — 6) Die Verwendung des Buchenholzes bei einem Tafelbilde weicht von dem wäh-
rend des 14. Jahrhundertes in Italien herrschenden Brauche ab, den Cennino Cennini eingehend beschreibt; vgl. Cennino Cennini da Colle di Val-
delsa, Das Buch von der Kunst oder Tractat der Malerei. (Ausgabe v. II g in Eitelbergers Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik
des Mittelalters und der Renaissance. 1. Band, Wien 1871.) S. 71, Cap. 113. Wie man anfangen soll, auf der Tafel oder auf dem Bilde zu arbeiten:
»Jetzt kommen wir wirklich zur Arbeit auf der Tafel oder vielmehr auf dem Bilde. Vor allem muss jene aus einem Holze gefertigt sein, welches man
Baum- oder eigentlich Pappelholz nennt, welches zart sei, oder Linde oder Weide «
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genauester Vergleichung die Scheidung durchaus nicht zu schwierig erscheint.
Für die Abgrenzung des Antheiles, den Thomas von Modena an der Ausschmückung Karlsteins gehabt haben
könnte, kommen die beiden mit seinem Namen versehenen Altarwerke im Wiener Hofmuseum und in Karlstein in Betracht.
Ob er als Sohn des Rarisinus oder Barisinus zu gelten hat, was bei der Verstümmelung der Wiener Inschrift nicht mehr
sicher zu entscheiden ist, fällt dabei weniger in die Wagschale, als dass der Meister sich auf beiden Bildern als »Thomas de
Mutina« bezeichnet. Steht durch diese Bezeichnung wie durch die künstlerische Eigenart der genannten Werke zweifellos
fest, dass der Künstler als ein Vertreter der italienischen Malerei des 14. Jahrhundertes zu betrachten sei, der allerdings
nur ein oberitalienischer Nachfolger Giottos und ein untergeordnetes Talent. zweiter Classe gewesen sein soll,1) so ist mit
der Thatsache, dass die beiden Werke mit des Meisters Namen offenbar durch mehrere Jahrhunderte in Karlstein aufbe-
wahrt wurden, noch nicht der Antheil des Thomas von Modena an Karlsteins Malereien selbst erwiesen. Das Vorkommen
des heil. Wenzel auf dem Wiener Altarwerke allein verbürgt ebensowenig den Aufenthalt des Künstlers in Böhmen,
dessen Landespatrone er nicht die traditionelle Form des Herzogshutes, sondern die Dogenmütze gab. Hielt der Maler
sich bei der Darstellung eines auswärtigen Landesheiligen nicht an die Art, welche Bilderhandschriften, Tafelbilder,2)
Statuen 3) und selbst Siegel4) sonst gleichmäßig bewahrten, sondern wählte eine andere, auffallend abweichende Form des
Herzogshutes, so könnte gerade diese, wenn sie durch die Orte der Wirksamkeit des Meisters eine besondere, ganz natür-
liche und überaus nahe liegende Erklärung fände, vor allem dafür sprechen, dass der Künstler, welcher einen solchen ab-
weichenden, aber aus seinen persönlichen Verhältnissen vollständig erklärlichen Typus verwendete, den anderwärts üblichen
nicht kannte, das ihm für den bestimmten Darstellungszweck Geläufige seiner Umgebung benützte und gar nicht in Böhmen
selbst gearbeitet zu haben brauchte, um den heil. Herzog Wenzel mit einer Dogenmütze abzubilden. Letztere konnte für
die Darstellung einer Herzogskrone einem in Oberitalien thätigen Meister gleichsam von selbst in den Pinsel fließen, wenn
es sich um ein Herzogsbild handelte, und hat bei dem in Treviso thätigen Thomas von Modena gar nichts Auffallendes.
Denn derselbe vermochte diese Darstellungsform zu bieten, selbst wenn er nicht in Böhmen weilte, als er diesen Auftrag
ausführte. Muss demnach das Wiener Altarwerk des Thomas von Modena nicht schon in Böhmen gemalt sein, weil es
den heil. Wenzel bietet, für dessen Dogenmütze dem Künstler ein anderes Vorbild als der Herzog Böhmens vorschwebte,
so ist es doch zweifellos für Böhmen und speciell für Karlstein angefertigt worden. Da auf die Anordnung eines Kunst-
werkes der Wunsch des Auftraggebers einen unbestreitbaren Einfluss hat und Einzelheiten, die ganz außerhalb der ge-
wöhnlichen Verhältnisse des Meisters liegen, darin zunächst ihre Erklärung finden müssen, so ist die Ausführung eines
Altarwerkes, das ein italienischer Maler vollendet hat, bei Einbeziehung des wohl in Böhmen, nicht aber in Italien hoch-
verehrten heil. Wenzel auf einen Besteller aus Böhmen zu beziehen. Dass dieser Besteller nur Karl IV. gewesen sein
kann, beweist die gleichzeitige Berücksichtigung des heil. Palmatius, dessen Leichnam der genannte Herrscher von Trier
nach Prag gebracht hatte, worauf er zu Ehren des Heiligen die heute noch bestehende Palmatiuskapelle in Budnian unter-
halb der Burg Karlstein erbaute. Für das Gotteshaus dieses im ganzen eine sehr beschränkte Verehrung genießenden
Heiligen war augenscheinlich das Altarwerk bestimmt, dessen Herstellung in erster Linie der die Palmatiusreliquien erwer-
bende Herrscher beeinflussen musste. Erfolgte die Erwerbung im Jahre 135b,5) so kann der Auftrag nicht vor diesem
Zeitpunkte gegeben worden sein. Da der Bruder Karls IV., Herzog Johann von Kärnthen, schon am 3. September 1358
eine tägliche heil. Messe für die Palmatiuskapelle stiftete, war der Bau derselben wahrscheinlich bis dahin vollendet und
auch die Innenausstattung abgeschlossen, zu welcher ein Altarwerk mit einer Darstellung des heil. Palmatius gehörte. Dass
dasselbe außerdem gewiss sogleich auf eine Darstellung des heil. Wenzel Bezug nahm, beweist der Palmatiusaltar in Karl-
stein, dessen Mittelstück Christus zwischen dem heil. Palmatius und Wenzel zeigt, mit welchen Heiligengestalten offenbar
eine ältere Anordnung festgehalten wurde. Als Altarwerk sind demnach die drei Tafeln des Wiener Hofmuseums aufzu-
fassen, welche offenbar von Karl IV. für die von ihm erbaute Palmatiuskirche unterhalb der Burg Karlstein bei dem Maler
Thomas von Modena bestellt, aber sofort anderweitig verwendet wurden. Hat nun vor kurzem erst fachmännische Unter-
suchung festgestellt, dass die Wiener Tafelbilder des Thomas von Modena auf Buchenholz6) gemalt sind, so spricht die Beschaf-
fenheit des nordischen Materiales für eine Ausführung der Tafeln in Böhmen selbst, wobei der Maler mit der Dogenmütze einen
ihm aus früherer Zeit geläufigeren Zug der Herzogskrone festhielt. Das Verweilen des Thomas von Modena in Böhmen ist
demnach durchaus nicht unwahrscheinlich, sondern sogar kaum ernstlich zu bestreiten, da nicht anzunehmen ist, dass er bei
der Ausführung der Tafeln im Süden nordisches Holz bezog oder durch einen Zufall gerade dafür in die Hand bekam.
x) Crowe u. Cavalcaselle, Geschichte d. Italien. Malerei II. S. 381. — 2) Mikowec, Photographisches Album böhmischer Alterthümer
(Prag 1862), Bild d. heil. Wenzel aus d. aufgehobenen Kleinseitener Wenzelskirche in Prag; ähnliche Auffassung zeigt ein kleineres Tafelbild d. städt.
Museums in Prag. — 8) Mikowec, Alterthümer u. Denkwürdigkeiten Böhmens. 1. Bd. (Prag 1860), S. 42 u. f. — 4) Benes, Pamätky kultu Svato-
väclavsk£ho. Pamätky arch. a mfstop. VII. S. 482 u. f. — Illustrirte Chronik v. Böhmen. I. S. 676. — Mittheilungen d. k. k. Centralcommission. N. F.
*6. Jhg. S. 201, Abb. 8. — ,5) Körner, Burg Karlstein. S. 39 u. f. — 6) Die Verwendung des Buchenholzes bei einem Tafelbilde weicht von dem wäh-
rend des 14. Jahrhundertes in Italien herrschenden Brauche ab, den Cennino Cennini eingehend beschreibt; vgl. Cennino Cennini da Colle di Val-
delsa, Das Buch von der Kunst oder Tractat der Malerei. (Ausgabe v. II g in Eitelbergers Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik
des Mittelalters und der Renaissance. 1. Band, Wien 1871.) S. 71, Cap. 113. Wie man anfangen soll, auf der Tafel oder auf dem Bilde zu arbeiten:
»Jetzt kommen wir wirklich zur Arbeit auf der Tafel oder vielmehr auf dem Bilde. Vor allem muss jene aus einem Holze gefertigt sein, welches man
Baum- oder eigentlich Pappelholz nennt, welches zart sei, oder Linde oder Weide «
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