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Andermann, Kurt [Hrsg.]
"Raubritter" oder "Rechtschaffene vom Adel"?: Aspekte von Politik, Friede und Recht im späten Mittelalter — Oberrheinische Studien, Band 14: Sigmaringen: Thorbecke, 1997

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Andermann, Kurt: Raubritter - Raubfürsten - Raubbürger? Zur Kritik eines untauglichen Begriffs
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https://doi.org/10.11588/diglit.52732#0015
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Raubritter - Raubfürsten - Raubbürger?
Zur Kritik eines untauglichen Begriffs1

VON KURT ANDERMANN
Die um die Wende zum 19. Jahrhundert aufgekommene Burgenromantik hat zwar im
Laufe der Zeit manchen Wandel erlebt, sich im ganzen aber doch als außergewöhnlich
beständig erwiesen2. Ausdruck ihrer Vitalität sind nicht zuletzt vielerlei ältere und neue-
re Sagen, wie sie allenthalben an »Bergschlössern« und Ruinen anknüpfen und noch
heute gern erzählt werden, Geschichten, die ihrerseits bestrebt sind, das Leben, von dem
die alten Mauern einst erfüllt waren, einzufangen und zu veranschaulichen3. Von großer
Beständigkeit erweist sich aber auch die aus der Beschäftigung mit den Burgensagen ge-
borene Figur des »Raubritters«4, eine Gestalt, die offenbar in besonderem Maße geeignet
ist, die Phantasie von jung und alt zu beflügeln, und die mithin den Reiz vieler dieser Er-
zählungen überhaupt erst ausmacht.
Der »Raubritter« fand, bald nachdem er entdeckt war, Eingang in die bildungsbür-
gerliche Literatur. Friedrich Christoph Schlossers Weltgeschichte5, das Staatslexikon von
1 Überarbeitete und mit Anmerkungen versehene Fassung eines Vortrags, der unter dem Titel
»Raubritter - Raubfürsten. Zur Beurteilung der Anwendung von Gewalt am Ende des Mittelalters«
am 23. Oktober 1994 bei der Tagung »>Raubritter< oder »Rechtschaffene vom Adel<? Aspekte von
Politik, Friede und Recht im späten Mittelalter« (Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landes-
kunde am Oberrhein e.V., Protokoll Nr. 339, Karlsruhe 1995) in Gochsheim (Stadt Kraichtal) und
am 22. April 1995 auf dem Rittertag des St. Georgen-Vereins der Württembergischen Ritterschaft
e.V. in Gutenzell (Oberschwaben) gehalten wurde.
2 Die romantische Stimmung ist sehr treffend eingefangen bei F. Schnelbögl, Die deutschen Bur-
gennamen, in: ZBayerLdG 19 (1956) S. 205-235, hier S. 205; vgl. auch: Badische Burgen aus roman-
tischer Sicht [Ausstellungskatalog], bearb. von S. Bock, Freiburg i.Br. 1993.
3 Zur modernen Sagenforschung: K. Graf, Thesen zur Verabschiedung des Begriffs der »histori-
schen* Sage, in: Fabula 29 (1988) S. 21-47; W. Seidenspinner, Sage und Geschichte, in: Fabula 33
(1992) S. 14—38; W. Seidenspinner, Kinder der Natur, Kinder der Nation. Die neue Perzeption von
Burg und Volkssage in der Romantik, in: Badische Burgen (wie Anm. 2) S. 28-35; K. Graf, Sagen
rund um Stuttgart, Karlsruhe 1995, S. 7-18.
4 Das nach derzeitigem Kenntnisstand erste Mal begegnet der Begriff »Raubritter« im Titel des Ro-
mans [von unbekanntem Verfasser] »Der Raubritter mit dem Stahlarme, oder der Sternenkranz, eine
Geistergeschichte*, o.O. 1799 - für freundliche Auskunft danke ich Herrn Dr. Klaus Graf, Winnin-
gen. Zur Begriffsgeschichte vgl. auch K. Graf, Feindbild und Vorbild. Bemerkungen zur städti-
schen Wahrnehmung des Adels, in: ZGORh 141 (1993) S. 121-154, hier S. 136-141; R. Görner,
Raubritter. Untersuchungen zur Lage des spätmittelalterlichen Niederadels, besonders im südlichen
Westfalen (VeröffHistKommWestfalen 22), Münster i.W 1987, S. 3-6.
5 F.Chr. Schlossers Weltgeschichte für das deutsche Volk, unter Mitwirkung des Verfassers bearb.
von G.L. Kriegk, 18 Bde., Frankfurt a.M. 1844-1856, hier 7, S. 452.
 
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