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Rückert, Peter [Hrsg.]; Schwarzmaier, Hansmartin [Hrsg.]
850 Jahre Kloster Herrenalb: auf Spurensuche nach den Zisterziensern — Oberrheinische Studien, Band 19: Stuttgart: Thorbecke, 2001

DOI Kapitel:
Köpf, Ulrich: Zisterziensische Spiritualität im Kloster Herrenalb?
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https://doi.org/10.11588/diglit.52736#0166

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Zisterziensische Spiritualität
im Kloster Herrenalb?
VON ULRICH KÖPF

I
Wer als religiös oder theologisch interessierter Zuhörer an Vortragsreihen und Tagungen
von Historikern über Klöster teilnimmt, dem fällt nicht selten ein Ungleichgewicht zwi-
schen den Themen auf: Die Gründung einzelner monastischer Niederlassungen und ihre
weitere Entwicklung werden umfassend dargestellt, ihre Besitzungen und Schenkungen,
wirtschaftlichen Aktivitäten und technischen Einrichtungen werden detailreich aufge-
zählt, der Bestand und die Geschichte ihrer Baulichkeiten ausführlich analysiert, auch die
Reste ihrer Ausstattung mit Bildwerken, liturgischen Geräten und Büchern genau be-
schrieben1. Wer sich aus diesen zahlreichen Angaben ein Bild vom Leben in einem mittel-
alterlichen Kloster machen möchte, der kann leicht den Eindruck gewinnen, es handle
sich um eine Gruppe von der übrigen Bevölkerung abgesondert lebender Menschen, de-
ren Tätigkeit hauptsächlich im Wirtschaften, in einem besonders erfolgreichen Erwerben,
Verwalten und Vermehren von Besitz bestanden habe. Wenn dabei immaterielle Gesichts-
punkte zur Sprache kommen - etwa religiöse Motive, wie die Sorge um das eigene Seelen-
heil - so scheinen sie nur die genannten Aspekte zu verstärken: zum Beispiel den Wunsch
von Stiftern und Stifterfamilien, ihren Besitz und Einfluß zu sichern, ein Repräsentations-
bedürfnis, das Streben nach politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Macht und
dergleichen. Dabei kommt häufig die Frage zu kurz, ob nicht auch oder vielleicht sogar
primär ganz andere Motive den Eintritt in eine monastische Gemeinschaft und das Leben
in ihr geprägt haben könnten, nämlich religiöse Motive, die den Grund dafür bilden, daß
die Begriffe religio und vita religiöse im Mittelalter speziell auf die monastische Lebens-
form angewandt und daß Mönch und Nonne als religiöses und religiöse bezeichnet wor-
den sind.

1 Dieser Beitrag ergänzt meine die Schlußdiskussion der Tagung in Herrenalb am 14.3.1999 einlei-
tenden Bemerkungen, deren Wortlaut auf Grund eines Tonbandfehlers nur unvollständig aufge-
zeichnet wurde (vgl. 379. Protokoll der Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am
Oberrhein über die Arbeitstagung vom 12.-14. März 1999 in Bad Herrenalb, S. 80-82). Leider war
es mir aus Zeitmangel nicht möglich, die am Ende formulierten Aufgaben selbst zu lösen.
 
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