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WILHELM BAUM
fache an Einnahmen gehabt wie der Kaiser aus den Reichssteuern. Seit der spanischen
Hochzeit war seine Politik stärker von der habsburgischen globalen und dynastischen
Perspektive geprägt als von den Erfordernissen des Reiches, dessen grundlegende Reform
auch ihm nicht gelungen war. Er betrieb eine globale Politik, die auch die spanischen
Kolonien in seine Überlegungen einbezog. Im Juli 1493 beauftragte er den Nürnberger
Arzt Hieronymus Münzer, dem portugiesischen König Johann II. brieflich zu empfehlen,
von Portugal aus in Richtung Westen den Seeweg nach Asien (das sehr reiche östliche Cat-
hay) zu suchen. Den legendären Priester-Johannes-Brief vom angeblichen christlichen
Reich im Rücken des Islam ließ er in das »Ambraser Heldenbuch« aufnehmen. In seinem
Gebetbuch waren Bilder von Indianern und Orientalen, Affen und Kamelen von der
Hand Dürers. Nach der Fahrt Vasco da Gamas erhielt er einen Brief von König Manuel
von Portugal - den er 1516 in den Orden vom Goldenen Vließ aufnahm - , der ihm mit-
teilte, daß die Portugiesen die äthiopischen und indischen Völker gefunden hätten; in
Äthiopien lebe ein christliches Volk unter dem seit langem gesuchten Priester Johannes
und auch in Indien gebe es Christen, die von den Muslimen von der christlichen Gemein-
schaft abgetrennt worden seien53. Als sein Gesandter Serntein sich 1502 sträubte, nach
Frankreich zu gehen, sagte er ihm, er müsse sogar bereit sein, nach Kalykut zu gehen, das
weiter sei als Jerusalem. Den Nürnberger Kartografen und Seefahrer Martin Behaim
bezeichnete Maximilian als den weitest gereisten Bürger seines Reiches54. 1505 erteilte er
den Deutschen, die nach Indien gingen, ein Empfehlungsschreiben an die Großfürsten
Indiens. Daß er in seinem Triumphzug (1518) die kalikutischen Leut mitmarschieren ließ
und hier und in der Ehrenpforte Ansprüche auf über 1500 Inseln vor der Ostküste Asiens
erhob55 - die sein Enkel Karl V. noch im Titel führte -, zeigt die Weite seines Horizontes.
Allerdings verfügte er nicht über die Ressourcen, um eine derartige »globale« Politik
führen zu können. Immerhin hatte sich der politische Horizont der Habsburger in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vom Bodensee und vom Oberrhein über Burgund
und die Niederlande bis zu den kalikutischen Leut und nach Südamerika geweitet. Die
regionale Perspektive der Habsburger von 1450 hatte sich 1500 zur globalen vergrößert;
neue Konsequenzen ergaben sich daraus. Hatten Albrecht VI. und Sigmund vor allem mit
den Eidgenossen, Burgund, Kurpfalz, Bayern, Württemberg, Baden und Mailand zu tun,
so waren Frankreich, der Papst, Ungarn und Moskau die Adressaten der Bündnispolitik
Friedrichs III., während Maximilian auch England, Portugal, Schweden, Moskau, die
Türkei und Spanien in seine politischen Pläne einbezog. Von Österreich und vom Ober-
53 P. Krendl, Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas, in: Mitteilungen des Öster-
reichischen Staatsarchivs 33 (1980), S. 1-21 und Wilhelm Baum, Die Verwandlungen des Mythos
vom Reich des Priesterkönigs Johannes, Klagenfurt 1999, S. 285.
54 P. Malekandathil, The Germans, the Portuguese and India (= Periplus Parerga 6), Münster-
Hamburg-London 1999, S. 28.
55 H. Kleinschmidt, Der Anspruch auf »Kalikutische Leut«. Der Weltherrschaftsgedanke Maxi-
milians L, in: Damals 32 (2000), S. 42—48. Vgl. dazu Hispania Austria. Kunst um 1492. Die katholi-
schen Könige, Maximilian I. und die Anfänge der Casa de Austria in Spanien, Milano 1992 (Ausstel-
lungskatalog Ambras 1992), S. 325f., Nr. 137. Hans Burgkmairs Holzschnitt der »kalikutischen leut«
geht zurück auf die Holzschnitte des Meisters in der »Merfahrt« des Tirolers Balthasar Springer; vgl.
dazu: A. Erhard/E. Ramminger, Die Meerfahrt. Balthasar Springers Reise zur Pfefferküste, Inns-
bruck 1998, S. 74f.
WILHELM BAUM
fache an Einnahmen gehabt wie der Kaiser aus den Reichssteuern. Seit der spanischen
Hochzeit war seine Politik stärker von der habsburgischen globalen und dynastischen
Perspektive geprägt als von den Erfordernissen des Reiches, dessen grundlegende Reform
auch ihm nicht gelungen war. Er betrieb eine globale Politik, die auch die spanischen
Kolonien in seine Überlegungen einbezog. Im Juli 1493 beauftragte er den Nürnberger
Arzt Hieronymus Münzer, dem portugiesischen König Johann II. brieflich zu empfehlen,
von Portugal aus in Richtung Westen den Seeweg nach Asien (das sehr reiche östliche Cat-
hay) zu suchen. Den legendären Priester-Johannes-Brief vom angeblichen christlichen
Reich im Rücken des Islam ließ er in das »Ambraser Heldenbuch« aufnehmen. In seinem
Gebetbuch waren Bilder von Indianern und Orientalen, Affen und Kamelen von der
Hand Dürers. Nach der Fahrt Vasco da Gamas erhielt er einen Brief von König Manuel
von Portugal - den er 1516 in den Orden vom Goldenen Vließ aufnahm - , der ihm mit-
teilte, daß die Portugiesen die äthiopischen und indischen Völker gefunden hätten; in
Äthiopien lebe ein christliches Volk unter dem seit langem gesuchten Priester Johannes
und auch in Indien gebe es Christen, die von den Muslimen von der christlichen Gemein-
schaft abgetrennt worden seien53. Als sein Gesandter Serntein sich 1502 sträubte, nach
Frankreich zu gehen, sagte er ihm, er müsse sogar bereit sein, nach Kalykut zu gehen, das
weiter sei als Jerusalem. Den Nürnberger Kartografen und Seefahrer Martin Behaim
bezeichnete Maximilian als den weitest gereisten Bürger seines Reiches54. 1505 erteilte er
den Deutschen, die nach Indien gingen, ein Empfehlungsschreiben an die Großfürsten
Indiens. Daß er in seinem Triumphzug (1518) die kalikutischen Leut mitmarschieren ließ
und hier und in der Ehrenpforte Ansprüche auf über 1500 Inseln vor der Ostküste Asiens
erhob55 - die sein Enkel Karl V. noch im Titel führte -, zeigt die Weite seines Horizontes.
Allerdings verfügte er nicht über die Ressourcen, um eine derartige »globale« Politik
führen zu können. Immerhin hatte sich der politische Horizont der Habsburger in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vom Bodensee und vom Oberrhein über Burgund
und die Niederlande bis zu den kalikutischen Leut und nach Südamerika geweitet. Die
regionale Perspektive der Habsburger von 1450 hatte sich 1500 zur globalen vergrößert;
neue Konsequenzen ergaben sich daraus. Hatten Albrecht VI. und Sigmund vor allem mit
den Eidgenossen, Burgund, Kurpfalz, Bayern, Württemberg, Baden und Mailand zu tun,
so waren Frankreich, der Papst, Ungarn und Moskau die Adressaten der Bündnispolitik
Friedrichs III., während Maximilian auch England, Portugal, Schweden, Moskau, die
Türkei und Spanien in seine politischen Pläne einbezog. Von Österreich und vom Ober-
53 P. Krendl, Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas, in: Mitteilungen des Öster-
reichischen Staatsarchivs 33 (1980), S. 1-21 und Wilhelm Baum, Die Verwandlungen des Mythos
vom Reich des Priesterkönigs Johannes, Klagenfurt 1999, S. 285.
54 P. Malekandathil, The Germans, the Portuguese and India (= Periplus Parerga 6), Münster-
Hamburg-London 1999, S. 28.
55 H. Kleinschmidt, Der Anspruch auf »Kalikutische Leut«. Der Weltherrschaftsgedanke Maxi-
milians L, in: Damals 32 (2000), S. 42—48. Vgl. dazu Hispania Austria. Kunst um 1492. Die katholi-
schen Könige, Maximilian I. und die Anfänge der Casa de Austria in Spanien, Milano 1992 (Ausstel-
lungskatalog Ambras 1992), S. 325f., Nr. 137. Hans Burgkmairs Holzschnitt der »kalikutischen leut«
geht zurück auf die Holzschnitte des Meisters in der »Merfahrt« des Tirolers Balthasar Springer; vgl.
dazu: A. Erhard/E. Ramminger, Die Meerfahrt. Balthasar Springers Reise zur Pfefferküste, Inns-
bruck 1998, S. 74f.