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Krimm, Konrad [Editor]; Brüning, Rainer [Editor]
Zwischen Habsburg und Burgund: der Oberrhein als europäische Landschaft im 15. Jahrhundert — Oberrheinische Studien, Band 21: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2003

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Babel, Rainer: Frankreich und der Oberrhein zur Zeit König Karls VII.
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Brüning, Rainer: "Wie ich mich in disen dingen halten solle?": die Reaktion der Reichsstände am Bodensee auf die Belagerung von Neuss durch den Herzog von Burgund 1474/75
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https://doi.org/10.11588/diglit.52738#0204

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RAINER BRÜNING

sind mehr oder minder variationsreich in der Stadtchronik des Bürgermeisters Lienhard
Wintersulger verzeichnet. Insgesamt ist etwa von 100 Bewaffneten auszugehen, darunter
17 oder 18 Reiter. Sie hatten einen roten Rock an und als Erkennungszeichen an einem
Ärmel braune und grüne Streifen. Ihr Sold mochte wohl wie beim Zug in die Niederlande
im Jahre 1488 jeweils vier Gulden im Monat betragen. Mit ihnen zogen die von Wangen
und Lindau, erstere hatten weniger als 30, letztere unter der Führung des Heinrich Hans
von Landenberg über 40 Mann mit dem Fähnrich Hans Richsner und zwei Wagen
geschickt25. Der Anteil der im Verzeichnis des Reichsheeres vor Neuss erwähnten Stadt
Buchhorn bleibt unklar: Sie war erst zu Jahresbeginn vom Kaiser aus der seit April 1474
währenden Acht wegen ihres Streits um Eriskirch entlassen worden26.
Indessen wuchs die allgemeine Unruhe unter den Städten und erzwang eine Versamm-
lung in Ulm27: Einige Fürsten, wie etwa Graf Eberhart von Württemberg, die Sachsen und
Brandenburger, hätten bereits Teile ihrer Truppen wieder heimgeschickt, während statt
dessen alle Lasten den Städten aufgebürdet würden, so klagten sie Mitte April. Was würde
geschehen, wenn die Fürsten den Kaiser und sie im Stich ließen? Überhaupt gestaltete sich
die ganze Affäre vor Neuss geradezu verdächtig langwierig. Zugleich trafen die ersten
Berichte vom Überlinger Feldhauptmann ein, der den Weg über Pfullendorf, Reutlingen,
Weil der Stadt und Pforzheim eingeschlagen hatte28: Er erzählte vom Sammeln und Vor-
marsch der zahlreichen verschiedenen Kontingente, aber auch von ernsten Streitigkeiten
über die Kriegsführung in der Umgebung des Kaisers. Zudem gab es Ärger mit dem Abt
des Klosters Petershausen, der sich selbst hinter den Anforderungen der Stadt Konstanz
versteckte, um die Überlinger an der Besteuerung seiner Untertanen in Herdwangen zu
hindern29. Das Kloster Löwental rief gegen die Erhebung von Reisgeldern gleich den
Landvogt um Hilfe an30.
Ein reger Briefwechsel entspann sich zwischen dem Überlinger Rat und seinem Feld-
hauptmann zum einen über die Probleme bei Ausrüstung, Verpflegung und Besoldung,
zum anderen über den Kriegsverlauf und die Zusammenarbeit mit den anderen Städten31.
Jacob Rüd aus der Küferzunft wurde schon auf dem Weg krank und mußte heimgeschickt
werden, andere liefen ohne Erlaubnis von der Fahne und nahmen eine drohende Haltung
ein, wenn sie ermahnt wurden. Bereits auf dem Hinmarsch scheint es zu Spannungen um
die Soldzahlungen zwischen den einfachen Kriegsknechten und den Hauptleuten gekom-
men zu sein, so daß jene mit Umkehr drohten. Zur ernsten Belastung für die Disziplin der
25 Vgl. Niederstätter (wie Anm. 21), S. 40-41; K. Wolfart (Hg.): Geschichte der Stadt Lindau
im Bodensee, Bd. 1, Lindau 1909, S. 166-167; vgl. dazu eine Mannschaftsliste im StA Lindau, Reichs-
städtische Akten Nr. 35,6 und zwei Chronikerwähnungen, ebd. Lit. 20 und 21.
26 Vgl. Lange (wie Anm. 7), S. 178-180; F. A. Rief, Urkunden und Regesten zu der Geschichte
der Stadt Buchhorn, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 18
(1889), Anhang S. 27; F. Maier, Friedrichshafen. Heimatbuch, Bd. 1, Friedrichshafen 1983, S. 108—
109.
27 Vgl. GLA 67/1400, Bl. 17v-21r; vgl. auch Th. Fritz, Ulrich der Vielgeliebte (1441-1480). Ein
Württemberger im Herbst des Mittelalters (Schriften zur südwestdeutschen Landesgeschichte 25),
Leinfelden-Echterdingen 1999, S. 373-396; vgl. zu den Markgrafen von Baden GLA 46/1022.
28 Vgl. StA Überlingen 33/665a; GLA 67/1400, Bl. 21v-22r.
29 Vgl. StA Überlingen 64/1766.
30 Vgl. GLA 225/101.
31 Vgl. zum folgenden StA Überlingen 33/665a; GLA 225/1259.
 
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