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Schwarzmaier, Hansmartin [Hrsg.]; Rückert, Peter [Hrsg.]
Das Land am mittleren Neckar zwischen Baden und Württemberg — Oberrheinische Studien, Band 24: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2005

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Lorenz, Sönke: Im Dunkel des früheren Mittelalters: Zur Geschichte Besigheims - Rahmenbedingungen und Strukturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52741#0064

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SÖNKE LORENZ

Boppo, Eberhardus, Burchardus373. Eine nachträgliche Zubenennung nach der Comburg
hat auch der Vogt von Öhringen erfahren, ein Graf Burchard374. Von diesem Namensbe-
stand finden in der Murrhardter Forsturkunde Poppo und Eberhard Erwähnung,
während in der Zeugenreihe des Stiftungsbriefs von Oberstenfeld die Brüder Adalbert,
Eberhard und Burchard erscheinen, denen als weitere Brüder möglicherweise noch die
folgenden Zeugen Rupert und Otto de Glasehusen hinzuzufügen sind.
Zur Gründung dieses Kanonissenstifts liegen zwei Urkunden vor, die angeblich 1016
geschrieben worden sind373. Es sind Fälschungen aus der Zeit um 1150, aber sie besitzen
einen wahren Kern376. Der Baubestand der Krypta von Oberstenfeld weist in das frühe
11. Jahrhundert377, und die vorhandene nekrologische Überlieferung ist ernstzunehmen,
so daß man mit einigem Grund an einer Stiftung um 1016 festhalten kann378. Als Stifter
geben sich ein Graf Adalhard und sein Sohn Heinrich zu erkennen. Man hat Heinrich als
jenen Grafen Hezil von Oberestenvelt identifiziert, dessen Todestag das Nekrolog von
St. Alban in Mainz unter dem 27. Januar 1054 notiert379. Die Zeugenreihe der Urkunde
von 1016 nennt zuerst die Geistlichen, an ihrer Spitze Udalrich (f 1032), seit 1024 Leiter
der deutschen Kanzlei unter Heinrich II. und Konrad II.380. Die Beziehungen des Kanz-
lers zu Oberstenfeld waren allerdings noch enger, als es der erste Platz unter den Zeugen
373 Weller, Öhringer Stiftungsurkunde (wie Anm. 364), S. 8; Decker-Hauff, Öhringer Stif-
tungsbrief 1 (wie Anm. 364), S. 23. Die Urkunde selbst nennt als Zeugen: Boppo, comes de Henin-
berc. Hugo, comes de Creginecka. Adelbertus, comes de Kalewa. Boppo, comes de Laufen. Eberhar-
dus, comes de Ingeresheim. Burchardus, comes de Kamburc., WUB 1, S. 263ff., Nr. 222, hier S. 264.
Grundsätzlich ist Lubich, Grafen von Comburg und Rothenburg (wie Anm. 82), S. 36-39, zuzu-
stimmen, daß die Zubennungen der Zeugen durch den Fälscher auf spätere Verhältnisse zurückge-
hen, ob jedoch der der Fälschung zugrunde hegende Rechtsakt »zwischen 1078 und 1085« anzuset-
zen und das Jahr 1037 gänzlich zu verwerfen ist, scheint eher problematisch. Für sehr weit hergeholt
halte ich die Identifizierung Eberhards mit Eberhard von Nellenburg, Jackman, The Konradiner
(wie Anm. 186), S. 243, Anm. 193; ders., Eherecht (wie Anm. 186), S. 178 mit Anm. 65.
374 Decker-Hauff, Öhringer Stiftungsbrief 1 (wie Anm. 364), S. 22.
375 WUB 1,S. 249-251, Nr. 211 und 212.
376 Vgl. G. Hess, Beiträge zur älteren Geschichte des Frauenstifts Oberstenfeld, in: ZWLG 9
(1949/50), S. 47-77; H. Ehmer, Das Stift Oberstenfeld von der Gründung bis zur Gegenwart, in:
Geistliches Leben und standesgemässes Auskommen. Adlige Damenstifte in Vergangenheit und
Gegenwart, hg. von K. Andermann (Kraichtaler Kolloquien, Bd. 1), Tübingen 1998, S. 59-89, hier
S. 62f.; ders., Oberstenfeld, in: Zimmermann/Priesching (Hg.), Württembergisches Klosterbuch
(wie Anm. 187), S. 370ff.
377 Vorromanische Kirchenbauten. Katalog der Denkmäler bis zum Ausgang der Ottonen, bear-
beitet von F. Oswald, L. Schaefer, H. R. Sennhauser (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für
Kunstgeschichte in München 3), München 1966, S. 243.
378 Schwarzmaier, Die Reginswindis-Tradition (wie Anm. 183), S. 184.
379 Hess, Oberstenfeld (wie Anm. 376), S. 64; G. Mehring, Stift Oberstenfeld, in: WVjH 6
(1897), S. 241-308, hier S. 263: 27. Januar Ob. grave Hainrich. [...] der lit in der crufte; Annales Wir-
ziburgenses (MGH Scriptores 2, S. 238-247, ed. G. H. Pertz, Hannover 1829), S. 244, ad. a. 1054:
Hezil comes de Oberestenvelt obiit 6. Kal. Februarü.
380 Hess, Oberstenfeld (wie Anm. 376), S. 66ff.; H. Bresslau, Die Kanzlei Kaiser Konrads II. Mit
neu bearbeiteten Regesten und drei ungedruckten Urkunden, Berlin 1869, S. 9f.; ders., Handbuch
der Urkundenlehre, Bd. 1, 2. Aufl. Leipzig 1912, S. 470 u. 472; J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der
deutschen Könige. Teil 2. Die Hofkapelle im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche (Schrif-
ten der MGH, Bd. 16/11), Stuttgart 1966, S. 98, 101, 159, 171 u. 178.
 
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