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Schwarzmaier, Hansmartin [Hrsg.]; Rückert, Peter [Hrsg.]
Das Land am mittleren Neckar zwischen Baden und Württemberg — Oberrheinische Studien, Band 24: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2005

DOI Kapitel:
Brendle, Franz: Besigheim und der mittlere Neckarraum zwischen Kurpfalz, Württemberg und Baden im Konfessionellen Zeitalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.52741#0315

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Besigheim und der mittlere Neckarraum
zwischen Kurpfalz, Württemberg und Baden
im Konfessionellen Zeitalter
VON FRANZ BRENDLE

1. Grundprobleme der Konfessionalisierung
Im Jahre 1595 konnte Herzog Friedrich von Württemberg die badischen Ämter Besig-
heim und Mundelsheim erwerben. Er kam damit dem Pfälzer Kurfürsten zuvor, dem
diese Orte ebenfalls zum Kauf angeboten worden waren. Der Gewinn Besigheims bedeu-
tete für den württembergischen Herzog nicht nur einen wichtigen Prestigegewinn gegen-
über den territorialpolitischen Konkurrenten, sondern stand auch für eine erfolgreiche
Arrondierungspolitik Württembergs im mittleren Neckarraum. Die Ansprüche des
mächtigen Nachbarn, der Kurpfalz, waren damit erfolgreich abgewehrt, die unter Druck
stehende badische Markgrafschaft endgültig auf ihre oberrheinischen Besitzungen
zurückgedrängt worden. Insofern markiert der Übergang Besigheims auch einen gewis-
sen Abschluß des Konkurrenzkampfes zwischen der Kurpfalz, Württemberg und Baden,
der seit dem späten Mittelalter zu vielfältigen Auseinandersetzungen gerade in diesem
Gebiet geführt hatte. Die Einbindung Besigheims in das württembergische Territorium
stellt darüber hinaus auch einen Markstein für den Erfolg des Luthertums in dieser
umkämpften Einflußzone dar. Im Zeitalter der Konfessionalisierung bedeutete diese
Anbindung eine Verfestigung der lutherischen Ausrichtung dieses Raums vor allem in
Hinblick auf die expansive Politik der calvinistischen Kurpfalz.
Anknüpfend an die Forschungen des Tübinger Reformationshistorikers Ernst Walter
Zeeden, der in den 1950er und 1960er Jahren mit dem Begriff der Konfessionsbildung auf
die parallelen Vorgänge bei der Ausbildung der drei großen Bekenntniskirchen im Reich
hinwies1, hat sich in den beiden letzten Jahrzehnten ein vieldiskutierter, aber auch frucht-
barer Forschungsstrang in der frühneuzeitlichen Geschichte etabliert: das Konzept der
Konfessionalisierung. Gegen die ältere Sicht von Reformation und Gegenreformation als
aufeinanderfolgende Prozesse hat die neuere Forschung eine gänzlich andere Sicht ent-
wickelt, nämlich daß aus der spätmittelalterlichen gemeinsamen europäischen Christen-
heit durch die Reformation und ihre Folgen im 16. Jahrhundert etwas völlig Neues ent-

1 E. W. Zeeden, Gegenreformation, Darmstadt 1973; Ders., Konfessionsbildung. Studien zur
Reformation, Gegenreformation und katholischen Reform, Stuttgart 1985.
 
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