DYNASTIE - HOF - TERRITORIUM
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Großraum um ihre namengebende Burg Wirtemberg, dem heutigen Rotenberg nahe bei
Stuttgart, entfalten.
Beginnen wir mit dem Verhältnis zu den Staufern, das jedenfalls unter Friedrich Barba-
rossa noch unproblematisch war; im Gegenteil: die frühen Württemberger waren von dem
Stauferkaiser auch durch Ämtervergabe an der Herrschaft am mittleren Neckar beteiligt
worden. Doch spätestens gegen die staufische Territorialpolitik Friedrichs II. gingen die
Württemberger in Opposition und drängten zur Ablösung der Stauferherrschaft in Schwa-
ben: Nachdem Papst Innozenz IV. und das Konzil von Lyon Friedrich 1245 für abgesetzt
erklärt hatten, traten die beiden Vettern Ulrich von Württemberg und Hartmann von Grü-
ningen an der Spitze der schwäbischen Adelsopposition hervor. Als Sprecher dieser baro-
nes Sueviae reiste Ulrich damals zum Papst. Im August 1246 verließen Ulrich und Hart-
mann vor der Schlacht zwischen König Konrad IV und dem Gegenkönig Heinrich Raspe
bei Frankfurt das staufische Heer mit zwei Dritteln seiner Krieger, so dass Konrad abzie-
hen musste und seinen Anspruch auf das Herzogtum Schwaben verlor6.
Dieser bereits von den Zeitgenossen als »historische Wendung« eingestufte Abfall des
Württembergers zeigt zum einen die aus seiner Machtfülle gewonnene Stärke und gleich-
zeitig seine herrschaftspolitischen Ambitionen, wohl nicht zuletzt auf das Herzogtum
Schwaben. Schließlich sollten die beiden Vettern von der päpstlichen Partei neben einer
kräftigen Geldsumme auch jeweils die Hälfte des schwäbischen Herzogtums erhalten.
Während die staufischen Anhänger von päpstlicher Bestechung sprachen, schätzten
die Parteigänger der Gegenseite die hervorragende Stellung Graf Ulrichs innerhalb des
schwäbischen Adels »aufgrund seiner Verwandten, seiner Ritter und seiner militärischen
Macht«7. Von Ulrichs Rittern wissen wir nicht allzu viel und seine militärische Macht
können wir nur erschließen. Seine Verwandtschaftskreise aber führen uns tatsächlich in
die Spitzenetage des alten schwäbischen Adels: Die Grafen von Fürstenberg, von Dillin-
gen, von Finstingen, von Kirchberg, von Veringen und auch die Pfalzgrafen von Tübingen
zählten darunter, um nur die prominentesten Familien zu nennen.
Wenn wir die herrschaftliche Machtbasis Graf Ulrichs genauer betrachten, dann erken-
nen wir ihren territorialen Schwerpunkt um Neckar und Rems, der mit den neuen Städten
Leonberg, Stuttgart, Waiblingen und Schorndorf gerade seine maßgeblichen Konturen
gewann8. Hauptsitz des gräflichen Hofes war noch immer die namengebende Stammburg
Wirtemberg, aber vor allem das nahe Stuttgart bot bereits jetzt gediegene Alternativen.
Der Ort war wohl erst durch die Heirat Ulrichs mit Mechthild von Baden kurz vor 1250
an die Herrschaft Württemberg gelangt9. Mechthild war die Schwester des mächtigen
Markgrafen Rudolf I. und Tochter Hermanns V, der Stuttgart - wie etwa Besigheim oder
6 Ebd., S. 14.
7 Ebd., S. 22.
8 Vgl. dazu Die territoriale Entwicklung von Württemberg bis 1796, einschließlich der linksrheini-
schen Besitzungen (mit Beiwort von Elmar Blessing) im HABW, hg. von der Kommission für
geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Karte VI,2, Stuttgart 1971-1988. Daneben
siehe auch S. Lorenz, Waiblingen - Ort der Könige und Kaiser, Waiblingen 2000, S. 121ff., sowie
unten Abb. 5.
9 Vgl. H. Decker-Hauff, Geschichte der Stadt Stuttgart, Bd. 1: Von der Frühzeit bis zur Refor-
mation, Stuttgart 1966, hier v. a. S. 137ff.
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Großraum um ihre namengebende Burg Wirtemberg, dem heutigen Rotenberg nahe bei
Stuttgart, entfalten.
Beginnen wir mit dem Verhältnis zu den Staufern, das jedenfalls unter Friedrich Barba-
rossa noch unproblematisch war; im Gegenteil: die frühen Württemberger waren von dem
Stauferkaiser auch durch Ämtervergabe an der Herrschaft am mittleren Neckar beteiligt
worden. Doch spätestens gegen die staufische Territorialpolitik Friedrichs II. gingen die
Württemberger in Opposition und drängten zur Ablösung der Stauferherrschaft in Schwa-
ben: Nachdem Papst Innozenz IV. und das Konzil von Lyon Friedrich 1245 für abgesetzt
erklärt hatten, traten die beiden Vettern Ulrich von Württemberg und Hartmann von Grü-
ningen an der Spitze der schwäbischen Adelsopposition hervor. Als Sprecher dieser baro-
nes Sueviae reiste Ulrich damals zum Papst. Im August 1246 verließen Ulrich und Hart-
mann vor der Schlacht zwischen König Konrad IV und dem Gegenkönig Heinrich Raspe
bei Frankfurt das staufische Heer mit zwei Dritteln seiner Krieger, so dass Konrad abzie-
hen musste und seinen Anspruch auf das Herzogtum Schwaben verlor6.
Dieser bereits von den Zeitgenossen als »historische Wendung« eingestufte Abfall des
Württembergers zeigt zum einen die aus seiner Machtfülle gewonnene Stärke und gleich-
zeitig seine herrschaftspolitischen Ambitionen, wohl nicht zuletzt auf das Herzogtum
Schwaben. Schließlich sollten die beiden Vettern von der päpstlichen Partei neben einer
kräftigen Geldsumme auch jeweils die Hälfte des schwäbischen Herzogtums erhalten.
Während die staufischen Anhänger von päpstlicher Bestechung sprachen, schätzten
die Parteigänger der Gegenseite die hervorragende Stellung Graf Ulrichs innerhalb des
schwäbischen Adels »aufgrund seiner Verwandten, seiner Ritter und seiner militärischen
Macht«7. Von Ulrichs Rittern wissen wir nicht allzu viel und seine militärische Macht
können wir nur erschließen. Seine Verwandtschaftskreise aber führen uns tatsächlich in
die Spitzenetage des alten schwäbischen Adels: Die Grafen von Fürstenberg, von Dillin-
gen, von Finstingen, von Kirchberg, von Veringen und auch die Pfalzgrafen von Tübingen
zählten darunter, um nur die prominentesten Familien zu nennen.
Wenn wir die herrschaftliche Machtbasis Graf Ulrichs genauer betrachten, dann erken-
nen wir ihren territorialen Schwerpunkt um Neckar und Rems, der mit den neuen Städten
Leonberg, Stuttgart, Waiblingen und Schorndorf gerade seine maßgeblichen Konturen
gewann8. Hauptsitz des gräflichen Hofes war noch immer die namengebende Stammburg
Wirtemberg, aber vor allem das nahe Stuttgart bot bereits jetzt gediegene Alternativen.
Der Ort war wohl erst durch die Heirat Ulrichs mit Mechthild von Baden kurz vor 1250
an die Herrschaft Württemberg gelangt9. Mechthild war die Schwester des mächtigen
Markgrafen Rudolf I. und Tochter Hermanns V, der Stuttgart - wie etwa Besigheim oder
6 Ebd., S. 14.
7 Ebd., S. 22.
8 Vgl. dazu Die territoriale Entwicklung von Württemberg bis 1796, einschließlich der linksrheini-
schen Besitzungen (mit Beiwort von Elmar Blessing) im HABW, hg. von der Kommission für
geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Karte VI,2, Stuttgart 1971-1988. Daneben
siehe auch S. Lorenz, Waiblingen - Ort der Könige und Kaiser, Waiblingen 2000, S. 121ff., sowie
unten Abb. 5.
9 Vgl. H. Decker-Hauff, Geschichte der Stadt Stuttgart, Bd. 1: Von der Frühzeit bis zur Refor-
mation, Stuttgart 1966, hier v. a. S. 137ff.