Apelles und Protogenes
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liehen Gotte erschossen78). Aber Niobe und Niobiden verlangen um so mehr eine
eigene Untersuchung, als eine nach willkürlich dogmatischen Ansichten betriebene
Mythologie, begleitet von einer mangelhaften Quellenmethode, die Dinge und
die Vorstellung von den Dingen verwirrt.
Marburg (Hessen), Februar 1907. ERNST MAASS
Apelles und Protogenes.
I.
1. Petrons .Kaisertreue war bei Nero verdächtigt, ein falsches Zeugnis beschafft
worden. Eine Rechtfertigung des Angeklagten lehnte Nero ab; er ließ einen
großen Teil des Gesindes seines einstigen Günstlinge verhaften. Es war klar,
Petron hatte alles für sein Leben zu fürchten. In dieser kritischen Zeit besuchte
unerwartet Nero Kampanien; Petron verweilte dort auf seiner Villa, er wollte
Klarheit; unerschrocken machte er sich auf, dem Kaiser entgegen1). Das Reise-
ziel, der Ort des Hoflagers, wird zwar näher nicht angegeben, aber am nächsten
liegt doch der Gedanke an die von Lukull erbaute Villa auf Kap Misenum,
schon unter Tiberius die Kaiservilla2). Petron kam aber nicht weiter als bis
Cumae; hier wurde er festgenommen und festgehalten. So Tacitus. Die Worte
lauten Ann. XVI 19: ,Forte illis diebus Campaniam petiverat Caesar; et (ei?)
Cumas usque progressus Petronius illic attinebatur/ ,Bei Cumae', schreibt Momm-
78) Hygin IX. Aischylos Niobe spielt trotz
Amphion in Lydien. Das sah G. Hermann, Opu-
scula III. Hygin IX (die Worte Amphion bis zum
Schluß) ist Inhalt des Stückes: Fr. 155 (auf das
Kostüm der Artemis bezüglich [vgl. G. Haupt, Com-
ment. arch. in Aesch. 23]) ist in der Fabel wieder-
gegeben; die doppelte Siebenzahl der Niobiden kehrt
bei beiden wieder, und Amphion lebt auch bei Hygin
auf dem Sipylos. Das wenige, was bei Hygin hinzu-
gefügt, haben wir als aischyleisch anzusehen: der ver-
spottete lange Kitharodentalar des Gottes als fremde
Tracht; das Paar Tantalos-Dione (d. i. hier Zeus-
tochter, wie bei Theokrit II und im Pervigilium
Veneris; beides sizilische Dichter); Chloris, die
künftige Nelidenmutter, allein verschont. Der Chor
werden bei Aischylos — nach einer Vermutung
Starks, Niobe 4 — die Sipylosnymphen gewesen sein,
welche die Ilias uns in diesem Zusammenhänge ge-
schildert. Thraemer irrt (Pergamon 16 Anm.) über
Aischylos. Drei Personen treten wohl nebeneinander
auf: Niobe, Tantalos und Bote.
b Durch die Tacitusstelle wird Pindars τέρμα
προβάς Nem. VII I05 gegen Verdacht gesichert: ge-
rade bis an die Grenze vorgegangen,“ nicht darüber.
2) Phaedrus II 5, 7 ff.
Caesar Tiberius cum petens Neapolim
In Misenensem villam venisset suam,
Quae monte summo posita Luculli manu
Prospectat Siculum et respicit Tuscum mare etc.
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liehen Gotte erschossen78). Aber Niobe und Niobiden verlangen um so mehr eine
eigene Untersuchung, als eine nach willkürlich dogmatischen Ansichten betriebene
Mythologie, begleitet von einer mangelhaften Quellenmethode, die Dinge und
die Vorstellung von den Dingen verwirrt.
Marburg (Hessen), Februar 1907. ERNST MAASS
Apelles und Protogenes.
I.
1. Petrons .Kaisertreue war bei Nero verdächtigt, ein falsches Zeugnis beschafft
worden. Eine Rechtfertigung des Angeklagten lehnte Nero ab; er ließ einen
großen Teil des Gesindes seines einstigen Günstlinge verhaften. Es war klar,
Petron hatte alles für sein Leben zu fürchten. In dieser kritischen Zeit besuchte
unerwartet Nero Kampanien; Petron verweilte dort auf seiner Villa, er wollte
Klarheit; unerschrocken machte er sich auf, dem Kaiser entgegen1). Das Reise-
ziel, der Ort des Hoflagers, wird zwar näher nicht angegeben, aber am nächsten
liegt doch der Gedanke an die von Lukull erbaute Villa auf Kap Misenum,
schon unter Tiberius die Kaiservilla2). Petron kam aber nicht weiter als bis
Cumae; hier wurde er festgenommen und festgehalten. So Tacitus. Die Worte
lauten Ann. XVI 19: ,Forte illis diebus Campaniam petiverat Caesar; et (ei?)
Cumas usque progressus Petronius illic attinebatur/ ,Bei Cumae', schreibt Momm-
78) Hygin IX. Aischylos Niobe spielt trotz
Amphion in Lydien. Das sah G. Hermann, Opu-
scula III. Hygin IX (die Worte Amphion bis zum
Schluß) ist Inhalt des Stückes: Fr. 155 (auf das
Kostüm der Artemis bezüglich [vgl. G. Haupt, Com-
ment. arch. in Aesch. 23]) ist in der Fabel wieder-
gegeben; die doppelte Siebenzahl der Niobiden kehrt
bei beiden wieder, und Amphion lebt auch bei Hygin
auf dem Sipylos. Das wenige, was bei Hygin hinzu-
gefügt, haben wir als aischyleisch anzusehen: der ver-
spottete lange Kitharodentalar des Gottes als fremde
Tracht; das Paar Tantalos-Dione (d. i. hier Zeus-
tochter, wie bei Theokrit II und im Pervigilium
Veneris; beides sizilische Dichter); Chloris, die
künftige Nelidenmutter, allein verschont. Der Chor
werden bei Aischylos — nach einer Vermutung
Starks, Niobe 4 — die Sipylosnymphen gewesen sein,
welche die Ilias uns in diesem Zusammenhänge ge-
schildert. Thraemer irrt (Pergamon 16 Anm.) über
Aischylos. Drei Personen treten wohl nebeneinander
auf: Niobe, Tantalos und Bote.
b Durch die Tacitusstelle wird Pindars τέρμα
προβάς Nem. VII I05 gegen Verdacht gesichert: ge-
rade bis an die Grenze vorgegangen,“ nicht darüber.
2) Phaedrus II 5, 7 ff.
Caesar Tiberius cum petens Neapolim
In Misenensem villam venisset suam,
Quae monte summo posita Luculli manu
Prospectat Siculum et respicit Tuscum mare etc.