BEIBLATT
Bericht über die Jahresversammlung des österr. archäologischen Institutes 1908.
Am 3. März d. J. fand die statutenmäßige Jahres-
versammlung des Institutes statt, zu der außer den
in Wien und vielen auswärts weilenden Mitgliedern
auch die neu ernannten Mitglieder: die Professoren
A. Bauer, K. J. Jirecek, Hofrat D. H. Müller, E.
Oberhummer, Hofrat L. Reinisch, H. Swoboda und
A. Wilhelm erschienen waren. In Vertretung Sr.
Exzellenz des Herrn Ministers für Kultus und Unter-
richt begrüßte Herr Sektionschef Graf Wickenburg die
Versammelten, gedachte sodann in eindrucksvollen
Worten zweier Dahingeschiedener, des Direktors
Sektionschefs O. Benndorf und des Mitgliedes Ministers
a. D. und Geh. Rates W. v. Hartei, und ihres ent-
scheidenden Anteils an dem Zustandekommen und
Gedeihen des Institutes und versicherte dessen Leitung
für ihre Unternehmungen, namentlich aber für die im
Süden der Monarchie immer dringlicher eine Lösung
heischenden Musealfragen der wärmsten Fürsorge der
Unterrichtsverwaltung.
Hierauf erstattete der Direktor, Hofrat Prof. Dr.
Robert R. v. Schneider, nachdem er auch seinerseits
O. Benndorf einige Worte der Erinnerung, die be-
sonders die letzte Zeit seines der Krankheit in vor-
bildlicher Pflichttreue abgerungenen Wirkens berück-
sichtigten, gewidmet hatte, einen die Zeit von Juni
1906 bis Februar 1908 umfassenden Tätigkeitsbericht,
der nachstehend auszugsweise wiederholt wird.
Publikationen. Von Publikationen kamen zur
Vorlage der erste Band der „Forschungen in Ephesus“,
von den „Jahresheften des Institutes“ die 2. Lieferung
des IX. Bandes und der X. Band, von Sonder-
schriften die Aushängebogen eines demnächst er-
scheinenden Werkes von A. Wilhelm: „Beiträge zur
griechischen Inschriftenkunde“.
Ausgrabungen in Ephesus. In beiden
Jahren begannen die Arbeiten in den ersten Tagen
Septembers, wurden mit 60—80 Arbeitern geführt
und Anfang Dezember beschlossen. Die Grabungen
leitete wie in den früheren Jahren Sekr. Prof. Dr.
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. XI Beiblatt.
R. Heberdey; ihm zur Seite standen der Architekt
W. Wilberg und Sekr. Dr. J. Keil. Im Jahre 1907
gesellte sich zu ihnen der mit der Ausgrabung
der Basilika betraute Ingenieur im Staatsbaudienste,
Friedrich Knoll. Für den ihm hierzu gewährten
Urlaub gebührt Sr. Exz. dem Herrn Statthalter von
Niederösterreich, Grafen Kielmannsegg, der Dank
des Institutes.
Abgesehen von nachträglichen Untersuchungen
und Aufnahmen der bereits 1904—1905 aufgedeckten
Baulichkeiten an dem vom Theater zum magnesischen
Tore laufenden Straßenzuge erstreckten sich die Ar-
beiten auf zwei Komplexe: den hellenistischen Markt-
platz und die Marienkirche mit dem Baptisterium. Die
ganze Anlage des Marktplatzes ist nunmehr im wesent-
lichen klargestellt. Sie läßt in ihrer jetzigen Gestalt
durch später erfolgte Modifikationen hindurch den ur-
sprünglichen Plan erkennen. Vor der Marienkirche
wurde ein anschließender Apsidenbau freigelegt und
das Baptisterium von Schutt und Trümmern geräumt,
so daß der noch in 2 m Höhe aufrechtstehende Innen-
bau nun von allen Seiten zugänglich ist. Für die
Rekonstruktion des Ganzen sind die wesentlichsten
Anhaltspunkte gewonnen. Das Polygon des Innen-
raumes war von einer kreisrunden Kuppel überwölbt,
die im Tambour von acht breiten Fenstern durch-
brochen war. In den Fußboden war ein kreisrundes
Taufbecken, circa i1/2m tief, eingelassen, von zwei
Seiten durch Treppenabgänge zugänglich. Da der
Bau in ganz später Zeit ein Wohnhaus und eine
Werkstätte wurde, ist von dem Innenschmucke,
von 8 Reliefkreuzen an Mauerpfeilern abgesehen,
nichts mehr erhalten. Untersuchungen am magnesi-
schen Tore wiesen einen breiten, für Wagen be-
stimmten mittleren und zwei schmälere Seitendurch-
gänge nach. Zahlreiche aufgefundene Architekturteile
werden die zeichnerische Rekonstruktion des Stadt-
tores zulassen; große marmorne Löwen, deren Bruch-
stücke sich fanden, dürften die Torpfeiler flankiert
I
Bericht über die Jahresversammlung des österr. archäologischen Institutes 1908.
Am 3. März d. J. fand die statutenmäßige Jahres-
versammlung des Institutes statt, zu der außer den
in Wien und vielen auswärts weilenden Mitgliedern
auch die neu ernannten Mitglieder: die Professoren
A. Bauer, K. J. Jirecek, Hofrat D. H. Müller, E.
Oberhummer, Hofrat L. Reinisch, H. Swoboda und
A. Wilhelm erschienen waren. In Vertretung Sr.
Exzellenz des Herrn Ministers für Kultus und Unter-
richt begrüßte Herr Sektionschef Graf Wickenburg die
Versammelten, gedachte sodann in eindrucksvollen
Worten zweier Dahingeschiedener, des Direktors
Sektionschefs O. Benndorf und des Mitgliedes Ministers
a. D. und Geh. Rates W. v. Hartei, und ihres ent-
scheidenden Anteils an dem Zustandekommen und
Gedeihen des Institutes und versicherte dessen Leitung
für ihre Unternehmungen, namentlich aber für die im
Süden der Monarchie immer dringlicher eine Lösung
heischenden Musealfragen der wärmsten Fürsorge der
Unterrichtsverwaltung.
Hierauf erstattete der Direktor, Hofrat Prof. Dr.
Robert R. v. Schneider, nachdem er auch seinerseits
O. Benndorf einige Worte der Erinnerung, die be-
sonders die letzte Zeit seines der Krankheit in vor-
bildlicher Pflichttreue abgerungenen Wirkens berück-
sichtigten, gewidmet hatte, einen die Zeit von Juni
1906 bis Februar 1908 umfassenden Tätigkeitsbericht,
der nachstehend auszugsweise wiederholt wird.
Publikationen. Von Publikationen kamen zur
Vorlage der erste Band der „Forschungen in Ephesus“,
von den „Jahresheften des Institutes“ die 2. Lieferung
des IX. Bandes und der X. Band, von Sonder-
schriften die Aushängebogen eines demnächst er-
scheinenden Werkes von A. Wilhelm: „Beiträge zur
griechischen Inschriftenkunde“.
Ausgrabungen in Ephesus. In beiden
Jahren begannen die Arbeiten in den ersten Tagen
Septembers, wurden mit 60—80 Arbeitern geführt
und Anfang Dezember beschlossen. Die Grabungen
leitete wie in den früheren Jahren Sekr. Prof. Dr.
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. XI Beiblatt.
R. Heberdey; ihm zur Seite standen der Architekt
W. Wilberg und Sekr. Dr. J. Keil. Im Jahre 1907
gesellte sich zu ihnen der mit der Ausgrabung
der Basilika betraute Ingenieur im Staatsbaudienste,
Friedrich Knoll. Für den ihm hierzu gewährten
Urlaub gebührt Sr. Exz. dem Herrn Statthalter von
Niederösterreich, Grafen Kielmannsegg, der Dank
des Institutes.
Abgesehen von nachträglichen Untersuchungen
und Aufnahmen der bereits 1904—1905 aufgedeckten
Baulichkeiten an dem vom Theater zum magnesischen
Tore laufenden Straßenzuge erstreckten sich die Ar-
beiten auf zwei Komplexe: den hellenistischen Markt-
platz und die Marienkirche mit dem Baptisterium. Die
ganze Anlage des Marktplatzes ist nunmehr im wesent-
lichen klargestellt. Sie läßt in ihrer jetzigen Gestalt
durch später erfolgte Modifikationen hindurch den ur-
sprünglichen Plan erkennen. Vor der Marienkirche
wurde ein anschließender Apsidenbau freigelegt und
das Baptisterium von Schutt und Trümmern geräumt,
so daß der noch in 2 m Höhe aufrechtstehende Innen-
bau nun von allen Seiten zugänglich ist. Für die
Rekonstruktion des Ganzen sind die wesentlichsten
Anhaltspunkte gewonnen. Das Polygon des Innen-
raumes war von einer kreisrunden Kuppel überwölbt,
die im Tambour von acht breiten Fenstern durch-
brochen war. In den Fußboden war ein kreisrundes
Taufbecken, circa i1/2m tief, eingelassen, von zwei
Seiten durch Treppenabgänge zugänglich. Da der
Bau in ganz später Zeit ein Wohnhaus und eine
Werkstätte wurde, ist von dem Innenschmucke,
von 8 Reliefkreuzen an Mauerpfeilern abgesehen,
nichts mehr erhalten. Untersuchungen am magnesi-
schen Tore wiesen einen breiten, für Wagen be-
stimmten mittleren und zwei schmälere Seitendurch-
gänge nach. Zahlreiche aufgefundene Architekturteile
werden die zeichnerische Rekonstruktion des Stadt-
tores zulassen; große marmorne Löwen, deren Bruch-
stücke sich fanden, dürften die Torpfeiler flankiert
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