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FOLGERUNGEN ZUM PROBLEM DER STILENTWICKLUNG

um Zeitstilwandlung. Wir sind gewohnt, solche Wandlungen zur Grundlage unserer Datierung zu
machen, die in jener Epoche leicht auf fünf Jahre genau abgestuft werden können.

In unserem Fall ist es möglich, noch innerhalb eines Jahrfünfts diesen Wandel genau zu verfolgen. Von
1503-1508 bzw. 1510 ergaben sich für Dürer wie für Baidung gemeinsame neue Stilkonzeptionen. Aber
sie werden sichtlich mit rhythmischen Pendelschlägen erreicht, wobei sich zwei Pole abstrahieren lassen.

1503, 1505/06, 1508, 15x0 sind Phasen der Konvexform, der massigen Figur und der Figur vor dem
Raum.

1504/05, 1506/07, 1509 sind Phasen der hageren Form, der schlanken und dynamischen Figur und des
Raumes mit Figur.

Um zu zeigen, daß diese Erscheinung in der Tat eine solche des allgemeinen Stilwandels oder zu-
mindest des Stilwandels der Dürergeneration gewesen ist, müßten vergleichend zumindest die drei
übrigen großen Maler dieser Generation in Deutschland, Grünewald, Cranach und Altdorfer, heran-
gezogen werden.

Für Altdorfer ist die Grundlage dafür in meinen ’Altdorferstudien“183 a geboten. Und hier ergibt sich
auch, der Grundverschiedenheit des Persönlichen zum Trotz, eine weitgehende Analogie. Auch dort war
für die früheren Stiche und Zeichnungen des Jahres 1506 von einer klassischen Phase zu sprechen, auch
dort ergab sich für die Phase 1506/07 ein expressiver Stil, den wir nach Thematik und Grundstimmung als
’Hexenphase“ charakterisieren konnten. Auch dort folgt eine'burleske Phase“ 1508, und darauf eine wieder
raumbetonte, die wir nach der Berliner Ölberg-Zeichnung von 1509 benannt haben und endlich 1510
wieder eine figurenbetonte Phase, für die die Flamburger Christoph-Zeichnung den Namen bot. Nicht
minder entspricht die von F. Winkler nach unserer Meinung aus stilistischen wie paläographischen
Gründen mit Recht Altdorfer zugewiesene früheste Zeichnung, das Berliner Liebespaar von 1504, den
gleichzeitigen Blättern Baidungs.

Es bleibt als nächste Aufgabe, auch das Frühschaffen Cranachs und Grünewalds in jenen Jahren zu
differenzieren. Dann wird Gelegenheit sein, das Phänomen zu umgrenzen und etwas zu seiner Deutung
beizusteuern.
 
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