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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0046
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dem vollen Untergesicht, dem vorstehenden Kinn und den runden, halb be-
deckten Augen hat den nämlichen Ausdruck wie dort. Auch auf die Behand-
lung der Haare, die bei den weiblichen Figuren des Meisters in sanftenWellen,
bei Männerköpfen (man denke an den Johannes der Ochsenhauser Gruppe)

in stark gedrehten Uocken gegeben
sind, muß als Übereinstimmung hin-
gewiesen werden. Ebenso verrät sich in
der Gewandung die für den Stil un-
serer Werkstatt charakteristische Form-
gebung: die langen dicken Röhren und
das weiche Ineinanderübergehen der
dazwischen liegenden Falten, die star-
ken Rundungen und die geschmeidigen
Übergänge ohne viele Knickungen sind
ständig wiederkehrende Eigentümlich-
keiten. In den tiefen Unterschneidungen,
den Gewandumschlägen, die der Gott-
vater mit der hl. Dorothea von Ersingen
(Abb. 34) gemeinsam hat, und in dem
Schleifen der Stoffmassen am Boden er-
weist sich die GroßallmendingerMarien-
krönung ebenso wie in der Körperbe-
handlung als ein Werk der letzten Peri-
ode unseres Meisters.

In der gleichen Kirche von Großall-
mendingen steht außer dieser Marien-
krönung noch ein hl. Michael (Abb. 37),
der gleichfalls in unsere Zusammen-
hänge einzureihen ist. In der Kopfbil-
dung und in der Behandlung der Uocken
kommt er dem trauernden J ohannes in
Ochsenhausen (Abb. 32) nahe; die nie-
dere Stirn, das breite Gesicht mit den
tiefliegenden Augen, die eckige Um-
rahmung des Kopfes durch die stark gerollten Uocken gleichen sich genau.
Die Gewandgebung zeigt die typischen Motive der Werkstatt. In der ruhigen
Uinienfiihrung weist der hl. Michael auf die friihere Periode unseres Meisters;
er dürfte ungefähr gleichzeitig mit denOchsenhausener Figuren entstanden
sein, an die er ja auch in der Kopfbildung am meisten gemahnt.

In dem Nebeneinander von früheren und späteren Werken des Meisters
vom Acker-Altar, wie wir es in Großallmendingen finden, wird so recht
die stilistische Einheitlichkeit deutlich, die in seinem Schaffen trotz aller

Abb. 37. Großallmendingen

Pfarrkirche. Hl. Michael.

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