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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0130
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Aßmannshart (O.A. Biberacli) aufbewalirt wird. Die Forni des Schädels
mit. den vortretenden Jochbeinen und der starken Nase, ebenso die Hände
mit den schlanken Fingern, die aufrechte, langgestreckte Gestalt sind Merk-
male, die beide gemeinsam haben. Stärker macht sich noch in den Teilen, die
handwerksmäßig-rezepthaftem Arbeiten am giinstigsten sind, in der Ge-

wand- und Faltengebung, die völlige Identität, die
Anwendung ein und desselben Werkstattschemas
geltend. Man verfolge den Kontur der Kasel und die
einzelnen Faltengebilde im Innern, um zu sehen wie
Fischblase, Dreieck und Rolle genau an derselben
Stelle sitzen und auf ganz die nämliche Weise mit-
einander verbunden werden.

Noch weitere Ausblicke als die männlichen Figuren
eröffnet uns die Madonna von Ennetach (Abb. 132).
Schon das württembergische Inventar hat die Mutter-
gottes (Abb. 133) in der Pfarrkirche zu F r b a c h
(O.A. Ehingen) der Ennetacher Madonna an die Seite
gestellt 1. Die beiden gleichen sich voll und ganz. In
der feinen Durchbildung von Kopf und Händen ent-
sprechen sie sich unmittelbar, die Silhouette der
einen Figur mit der Ausbiegung der linken Hiifte
findet bei der andern ihr Analogon und die Gewan-
dung vollends zeigt denkbar enge Übereinstimmung.
Beidemale haben wir das Strahlenbtindel von Falten,
das unter dem rechten Arm entspringt, beidemale das
nämliche Auslaufen der Grate, die sich zum Teil
in der Brticke vor dem Leib vereinigen, zum Teil,
mehr nach unten ziehend, die Einrahmung des rechten
Knies bilden. Ganz ähnlich ist auch die Anordnung
des Kopftuches, und endlich fehlt auch die Mantel-
schlinge unter der linken Hand nicht, die für alle
Syrlinmadonnen so charakteristisch ist. Ähnlich wie bei den Apostelpaaren
von Bingen und Ochsenhausen bietet sich uns hier die wörtlichste Überein-
stimnmng bei zwei Werken voneinander nahezu ebenbtirtiger lioher Qualität.

Schon einen beträchtlichen Abstieg ins Gröbere und Handwerksmäßigere
bedeutet ein weiteres Bildwerk dieses Typus, die Muttergottes (Abb. 134)
in A y (B.A. Neu-Ulm). Es fehlt ihr die Frische und Ursprünglichkeit,
aber ihre stilistische Zusammengehörigkeit mit den beiden vorher bespro-
chenen Bildwerken ist offenbar. Wieder haben wir die bekannte Schädel-
form mit der breiten, runden Stirn und dem schmalen Untergesicht, wieder
die typische Haarbehandlung, die langen, wenig gewellten Strähnen bei

1 vgl. Kunst- und Altertumsdenkmale O.A. Ehingen S. 70.

I2Ö

Abb. 130.

Johannes !Ev.
 
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