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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0286
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schema. Charakteristisch ist das Hervortreten des einen Knies, durch das sich
am Oberschenkel eine halbkreisförmige, stark unterschnittene Faltenbrticke
bildet, die an zwei von oben herabziehenden Stegen aufgehängt ist. Das
Knie prägt sich durch eine senkrecht gestellte Mulde mit haarnadelförmiger

Umgrenzung aus. Nicht minder be-
zeichnend lst als weitere Kigenttim-
lichkeit das pappdeckelartig-steife
Abstehen des Mantelsaums mit dem
auf halber Höhe angebrachten platt-
gedrückten Umschlag.

Den Figuren von Oberstadion und
der Madonna von Betlinshausen steht
eine hl. Afra (Abb. 321) in der Kirche
zu R e c h b e r g r e u t h e n (B.A.
Gtinzburg) nahe. Gesichtsbildung und
Faltenschema bieten die engsten Be-
ziehungen. Die leichte Neigung des
Kopfes, das schmale Oval des Ge-
sichts, der gesenkte Blick und das in
sich Versunkene des Ausdrucks er-
innern an die Madonna von Betlins-
hausen. Die Manteldrapierung wieder-
holt das Schema der Selbdritt des
Altars von Oberstadion.

Allen bisher besprochenen Figuren
ist der schlanke, zartgliedrige Bau
des Körpers und die feine Bildung des
schmalen Gesichts gemeinsam. Auch
abgesehen von dem vielleicht etwas
unsicheren Datum des Altars von
Oberstadion wird man sie sämtlich
etwa dem 2. Jahrzehnt des 16. Jahr-
hunderts zuzuweisen haben 1. Innerhalb der uns beschäftigenden Werkstatt
scheinen sie eine Art Sondergruppe zu bilden. Zu der Madonna der Samm-
lung Örtel leitet nachdrücklicher eine Reihe anderer Arbeiten über, die sich
jenen eng verwandt zeigen.

Fine größere Zahl zusammengehöriger Figuren haben sich als Überreste
wohl des ehemaligen Hochaltars in der Kirche zu Unterstadion
(O.A. Fhingen) erhalten. Die Madonna (Abb. 323) als Mittelfigur des
Schreins, mtissen ursprünglich die hl. Barbara und Katharina (Abb. 326),

1 Auf eine verhältnismäßig späte Bntstehung deutet vor allem die sich bereits leise bekundende Neigung,
den Kontur der einzelnen Faltenmotive zu erweichen und nachgiebiger zu gestalten.

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Abb. 319. Oberstadion

Pfarrkirche.

Hl. Barbara u. Katharina des Stockeraltars.
 
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