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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0314
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(Abb. 328) zu verweisen. In den Kopftypen, am ausgesprochensten vielleicht
bei der hl. Veronika, gibt sich ein neues Ideal zu erkennen. Der nämliche
Kiinstler, von dem die beiden Figuren in Scheppach stammen, muß auch
die Anna Selbdritt (Abb. 362) in Bllzee (B.A. Krumbach) geschaffen
haben. Genau wie bei der hl. Veronika umrahmt die straff um den Kopf
gezogene Haube, die im Gegensatz zu der iiblichen Art nur aus einem
einzigen, mit seinem freien Ende seitlich eingesteckten Stoffstück be-
steht, ein feines, schmales Gesicht mit gerader Nase und spitzem Kinn.
Die Wiedergabe der Gewandung zeigt eine ähnliche Abwandlung der ge-
wohnten Motive ins Stängige und Geradlinige, wie sie bei der Madonna in
Stetten (Abb. 358) oder derjenigen aus Wiblingen (Abb. 353) erreicht war.
Auch in Fllzee ist die Faltenbrücke iiber dem Knie in ein sich kreuzendes Ge-
stänge uminterpretiert. Als weitere typische Motive treten die beiden durch
einen Steg verbundenen F altengrate, die zu dem Mantelumschlag herabfiihren,
und die in die Kniemulde einbindende Diagonale deutlich erkennbar auf.

Mit den Figuren von Ellzee und Scheppach greift unsere Werkstatt be-
reits in das Schaffen eines Kiinstlers iiber, mit dem wir uns erst im nächsten
Kapitel eingehender zu beschäftigen haben werden. Nur kurz seien hier
noch einige Arbeiten angereiht, die in unmittelbarer Beziehung zu der
Selbdritt von Ellzee stehen. Aufs nächste verwandt ist mit dieser im Kopf-
typus und in der Wiedergabe der Haube eine sitzende Selbdritt (Abb. 363)
in der Pfarrkirche zu T o m e r d i n g e n (O.A. Blaubeuren). In weicherer
und bewegterer Dinienführung legen sich in Tomerdingen die Falten um
die Körper. Ähnliche Gepfiogenheiten sind in Ellzee bei der kleinen Maria
oder in der Gestaltung der untersten Saumpartien zu beobachten. Eine
weitere Selbdritt 1 in der Annakirche zu Steinhausen (O.A. Biberach)
geht mit ihr hinsichtlich der Komposition und der Kopftypen eng zusammen.
Mit der Selbdritt von Tomerdingen lassen sich ferner eine Pietä (Abb. 365) in
Weinried (B.A. Illertissen) und eine zweite (Abb. 364) in Klein-
s ü ß e n (O.A. Geislingen) zusammenbringen. Die beiden Vesperbilder
geben durch die Übereinstimmung in zahlreichen Details der Körperbildung
und der Faltengebung die Herkunft aus der nämlichen Werkstatt zu er-
kennen. Mit der Selbdritt in Tomerdingen verbindet die Pietä in Klein-
siißen vor allem der Kopftypus der Madonna, diejenige in Weinried daneben
noch die kreisende Unruhe und die geschmeidige Weichheit der sich tiber
die Kniee breitenden Manteldrapierung. Nahe verwandt mit der Selbdritt
von Ellzee und der Sippe in Tomerdingen ist das aus Reichenbach
(O.A. Geislingen) stammende Sippenfragment (Abb. 372) der Dorenzkapelle
in Rottweil. Es gehört bereits zu denjenigen Arbeiten, die schon immer dem
Daniel Mauch als eigenhändige Schöpfungen zugeschrieben worden sind,
und die erst im nächsten Kapitel Besprechung finden sollen.

1 Abb. iu Kunst- und Altertumsdenkmal'e O.A. Biberach S. 224.

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