hat die Teile geformt und zu einer Einheit zusammengefügt. Die in Schwaben übliche einfache
Reihung der Schreinfiguren ist einer wohldurchdachten rhythmischen Gliederung unterworfen,
die nicht nur durch die Überhöhung der Mittelfigur bewirkt wird. In einem Crescendo der
Formgestaltung nehmen die Linienzüge in der energiegeladenen Figur des Hl. Benedikt ihren
Ausgang, steigern sich in den aufgewühlten Vertikalen beim Johannes Bapt. und gipfeln in der
Madonna, deren Gewandfalten fontänengleich, umbrandet vom Geplätscher kleiner Wellen, in
die Höhe steigen, in immer feinere Linienzüge sich verzweigend, bis in den krönenden Engeln
die rückläufige Bewegung einsetzt, die über die stille Figur des Johannes Ev. führend bei der Hl.
Scholastika verebbt. Die Gewandung ist nach echt spätgotischer Weise Ausdrucksträger der
Körper und der Stimmung geworden. Der Wechsel von Blau und Rot in den Gewändern der
Schreinfiguren und die Vereinigung beider Farben bei der Madonna dient der gleichen rhyth/
mischen Gliederung und der Hervorhebung der Mitte. Der Schmelz der alten Fassung mit der
Leuchtkraft der Farben und dem Schimmer des Goldes erhöht die Geschlossenheit der ganzen
Schöpfung und verleiht ihr den verklärenden Glanz. Die beseelte Leidenschaft jugendlicher
Hingabe und freudiger Schöpferkraft hat hier einen Lobgesang in Formen und Farben ange/
stimmt, dessen Empfindungstiefe und Schönheit nur ganz selten erreicht worden ist.
Doch auch für sich allein gesehen behält jede Figur Größe und Bedeutung. Hochaufgerichtet,
mit abwesendem Blick, steht die Muttergottes da(Taf. 12— 15), den Oberkörper etwas nach rückwärts
geneigt, einer steilen Rautenform eingebaut, die durch die krönenden Engel wiederholt wird. Der
Wucht der Figur ist damit die Schwere genommen, ein glücklicher Ausgleich von erdhafter Stand/
festigkeit und schwebender Ferne ist erreicht, der auch den seelischen Ausdruck der Madonna in
seiner Mischung von fraulicher Güte und königlicher Würde kennzeichnet. Es ist „Unsere liebe
Frau“, die durch das Fluidum ihrer Empfindung, ihrer menschlichen Wärme, ihrer Feinheit und
Milde eine unmittelbare Beziehung zu dem Andächtigen schafft und ihn in ihren Bann zieht.
Das Kind, pausbäckig und drall, wendet sich, unbekümmert um Repräsentation, dem Beschauer zu
und beglückt ihn mit seinem Lächeln. Die drei krönenden Engel betonen die festliche Erscheinung
der Madonna und erhöhen gleichzeitig durch ihre Lieblichkeit und die Grazie ihrer Haltung den
frohen Stimmungscharakter, der trotz der repräsentativen Absicht über dem Altar liegt.
Von den vier Assistenzfiguren(Taf.i6—19) verkörpern die beiden aufder linken Seite, Johannes d.T.
und der Hl. Benedikt, den aktiven, kämpferischen Menschen, während die beiden Figuren der rech/
ten Seite, der Johannes Ev. und die Scholastika, den kontemplativen Typus vertreten. Mit großer
Eindringlichkeit ist der Täufer gestaltet. Der glühende Glaubenseifer, der Fanatismus seiner
Rede, das Mitreißende seiner Überzeugung spricht aus seinen Zügen und Gesten. Er ist
sprechend, mitten in einer Predigt dargestellt und seine Rechte weist in empfindsarmschöner Geste
auf das Lamm, als das Symbol des Kommenden, auf den er vorbereitet. Das Aufwühlende seiner
Persönlichkeit setzt sich bis in die Gewandung fort, die in einer für Schwaben seltenen Bewegtheit
kontrastreicher Drapierung und mit harten Knicken der dicken Röhrenfalten gegeben ist.
Die willensstarke und in sich gefestigte Erscheinung des Hl. Benedikt dagegen ist in geschlossenem
Kontur aufgebaut und die Vertikalen der Falten werden nur wenig von zuckenden Linienzügen
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Reihung der Schreinfiguren ist einer wohldurchdachten rhythmischen Gliederung unterworfen,
die nicht nur durch die Überhöhung der Mittelfigur bewirkt wird. In einem Crescendo der
Formgestaltung nehmen die Linienzüge in der energiegeladenen Figur des Hl. Benedikt ihren
Ausgang, steigern sich in den aufgewühlten Vertikalen beim Johannes Bapt. und gipfeln in der
Madonna, deren Gewandfalten fontänengleich, umbrandet vom Geplätscher kleiner Wellen, in
die Höhe steigen, in immer feinere Linienzüge sich verzweigend, bis in den krönenden Engeln
die rückläufige Bewegung einsetzt, die über die stille Figur des Johannes Ev. führend bei der Hl.
Scholastika verebbt. Die Gewandung ist nach echt spätgotischer Weise Ausdrucksträger der
Körper und der Stimmung geworden. Der Wechsel von Blau und Rot in den Gewändern der
Schreinfiguren und die Vereinigung beider Farben bei der Madonna dient der gleichen rhyth/
mischen Gliederung und der Hervorhebung der Mitte. Der Schmelz der alten Fassung mit der
Leuchtkraft der Farben und dem Schimmer des Goldes erhöht die Geschlossenheit der ganzen
Schöpfung und verleiht ihr den verklärenden Glanz. Die beseelte Leidenschaft jugendlicher
Hingabe und freudiger Schöpferkraft hat hier einen Lobgesang in Formen und Farben ange/
stimmt, dessen Empfindungstiefe und Schönheit nur ganz selten erreicht worden ist.
Doch auch für sich allein gesehen behält jede Figur Größe und Bedeutung. Hochaufgerichtet,
mit abwesendem Blick, steht die Muttergottes da(Taf. 12— 15), den Oberkörper etwas nach rückwärts
geneigt, einer steilen Rautenform eingebaut, die durch die krönenden Engel wiederholt wird. Der
Wucht der Figur ist damit die Schwere genommen, ein glücklicher Ausgleich von erdhafter Stand/
festigkeit und schwebender Ferne ist erreicht, der auch den seelischen Ausdruck der Madonna in
seiner Mischung von fraulicher Güte und königlicher Würde kennzeichnet. Es ist „Unsere liebe
Frau“, die durch das Fluidum ihrer Empfindung, ihrer menschlichen Wärme, ihrer Feinheit und
Milde eine unmittelbare Beziehung zu dem Andächtigen schafft und ihn in ihren Bann zieht.
Das Kind, pausbäckig und drall, wendet sich, unbekümmert um Repräsentation, dem Beschauer zu
und beglückt ihn mit seinem Lächeln. Die drei krönenden Engel betonen die festliche Erscheinung
der Madonna und erhöhen gleichzeitig durch ihre Lieblichkeit und die Grazie ihrer Haltung den
frohen Stimmungscharakter, der trotz der repräsentativen Absicht über dem Altar liegt.
Von den vier Assistenzfiguren(Taf.i6—19) verkörpern die beiden aufder linken Seite, Johannes d.T.
und der Hl. Benedikt, den aktiven, kämpferischen Menschen, während die beiden Figuren der rech/
ten Seite, der Johannes Ev. und die Scholastika, den kontemplativen Typus vertreten. Mit großer
Eindringlichkeit ist der Täufer gestaltet. Der glühende Glaubenseifer, der Fanatismus seiner
Rede, das Mitreißende seiner Überzeugung spricht aus seinen Zügen und Gesten. Er ist
sprechend, mitten in einer Predigt dargestellt und seine Rechte weist in empfindsarmschöner Geste
auf das Lamm, als das Symbol des Kommenden, auf den er vorbereitet. Das Aufwühlende seiner
Persönlichkeit setzt sich bis in die Gewandung fort, die in einer für Schwaben seltenen Bewegtheit
kontrastreicher Drapierung und mit harten Knicken der dicken Röhrenfalten gegeben ist.
Die willensstarke und in sich gefestigte Erscheinung des Hl. Benedikt dagegen ist in geschlossenem
Kontur aufgebaut und die Vertikalen der Falten werden nur wenig von zuckenden Linienzügen
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