380 Ludwig Klages
merkwürdige Problem zu berühren, weshalb es bis heute niemandem
gelungen sei und auch gar nicht gelingen könne, Rechenschaft zu
geben über das Postulat der Unterscheidbarkeit von Intensitäten
an qualitativen Eigenzuständen, führen wir den Nachweis, daß der
Empfindungsbegriff an seiner Hälftenhaftigkeit verenden müsse. —
Jedermann weiß, daß reine Qualitäten etwas jeweils schlechthin
Singuläres sind und gewissermaßen ebensoviele Eeiche bedeuten, die
durch nichts miteinander zusammenhängen. Lassen wir nun auch
angesichts ihrer Zagehörigkeit zur Vitalität des mit sich identischen
Trägers die Annahme eines allen gemeinsamen Merkmales zu: wie
will man sie dadurch bezogen denken auf den Sachverhalt des exi-
stierenden Dinges? Es leuchtet ja doch ein, daß wir den Begriff
der Empfindung gar nicht besäßen, läge nicht in allen ein irgendwie
Selbiges darin, nnd es hat sich wohl noch niemand der Einsicht
verschlossen, daß es gesucht werden müsse in der unterscheidenden
Eigentümlichkeit alles Empfundenen, an einem Körper empfunden
zu sein, handle es sich um den eigenen oder um fremde. Nichts-
destoweniger glaubt man die Empfindungen aufgehen lassen zu dürfen
in bloße »Modifikationen der Sinnlichkeit« (um einmal Kantisch zu
reden), ohne zu bedenken, daß allein schon die Notwendigkeit, solche
zu benennen nach Eigenschaften der Dinge zwingend hinausweist in
eine von ihnen verschiedene Wirklichkeit!
Wir weisen schon hier auf den gewiß höchst sonderbaren Um-
stand hin, dessen Gründe unten ausführlicher zur Sprache kommen,
daß noch kein Mensch den Empfindungsbegriff definieren
dämmern von Etwas, was da ist«, so geht es nämlich weiter, ». .. stößt das
Kind bereits auf ein Objekt, in dem (trotz seines Gegebenseins in einer reinen
Empfindung) alle Kategorien des Verstandes enthalten sind. Es besitzt Außen-
sein, Einheit, Snbstantialität, Kausalität ganz in demselben Sinne,
in dem irgend ein späterer Gegenstand oder ein späteres System
von Gegenständen diese Merkmale besitzt.« (Von James gesperrt.)
Gleich jedem echten »Sensualisten« unfähig, Empfindungserlebnis und objekti-
vierenden Akt auseinanderzuhalten, bringt Verfasser dergestalt den Selbstwider-
sprueh dieses Empfindungsbegriffes unvergleichlich greller zum Ausdruck, als
es beim Apperzeptionspsychologen zu geschehen pflegt, welche beide unter-
scheidend ihn mit dem Begriff des geistigen Erfassens verschleiert. Wie näm-
lich konnte ein bloß Qualitatives, als welches auch nach James die »reine Emp-
findung« ist, zugleich etwas Objektives sein oder auch nur zu einem objekti-
vierenden Akte Anlaß geben?!
merkwürdige Problem zu berühren, weshalb es bis heute niemandem
gelungen sei und auch gar nicht gelingen könne, Rechenschaft zu
geben über das Postulat der Unterscheidbarkeit von Intensitäten
an qualitativen Eigenzuständen, führen wir den Nachweis, daß der
Empfindungsbegriff an seiner Hälftenhaftigkeit verenden müsse. —
Jedermann weiß, daß reine Qualitäten etwas jeweils schlechthin
Singuläres sind und gewissermaßen ebensoviele Eeiche bedeuten, die
durch nichts miteinander zusammenhängen. Lassen wir nun auch
angesichts ihrer Zagehörigkeit zur Vitalität des mit sich identischen
Trägers die Annahme eines allen gemeinsamen Merkmales zu: wie
will man sie dadurch bezogen denken auf den Sachverhalt des exi-
stierenden Dinges? Es leuchtet ja doch ein, daß wir den Begriff
der Empfindung gar nicht besäßen, läge nicht in allen ein irgendwie
Selbiges darin, nnd es hat sich wohl noch niemand der Einsicht
verschlossen, daß es gesucht werden müsse in der unterscheidenden
Eigentümlichkeit alles Empfundenen, an einem Körper empfunden
zu sein, handle es sich um den eigenen oder um fremde. Nichts-
destoweniger glaubt man die Empfindungen aufgehen lassen zu dürfen
in bloße »Modifikationen der Sinnlichkeit« (um einmal Kantisch zu
reden), ohne zu bedenken, daß allein schon die Notwendigkeit, solche
zu benennen nach Eigenschaften der Dinge zwingend hinausweist in
eine von ihnen verschiedene Wirklichkeit!
Wir weisen schon hier auf den gewiß höchst sonderbaren Um-
stand hin, dessen Gründe unten ausführlicher zur Sprache kommen,
daß noch kein Mensch den Empfindungsbegriff definieren
dämmern von Etwas, was da ist«, so geht es nämlich weiter, ». .. stößt das
Kind bereits auf ein Objekt, in dem (trotz seines Gegebenseins in einer reinen
Empfindung) alle Kategorien des Verstandes enthalten sind. Es besitzt Außen-
sein, Einheit, Snbstantialität, Kausalität ganz in demselben Sinne,
in dem irgend ein späterer Gegenstand oder ein späteres System
von Gegenständen diese Merkmale besitzt.« (Von James gesperrt.)
Gleich jedem echten »Sensualisten« unfähig, Empfindungserlebnis und objekti-
vierenden Akt auseinanderzuhalten, bringt Verfasser dergestalt den Selbstwider-
sprueh dieses Empfindungsbegriffes unvergleichlich greller zum Ausdruck, als
es beim Apperzeptionspsychologen zu geschehen pflegt, welche beide unter-
scheidend ihn mit dem Begriff des geistigen Erfassens verschleiert. Wie näm-
lich konnte ein bloß Qualitatives, als welches auch nach James die »reine Emp-
findung« ist, zugleich etwas Objektives sein oder auch nur zu einem objekti-
vierenden Akte Anlaß geben?!