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Paul-Pescatore, Anni
Der Meister der bemalten Kreuzigungsreliefs: ein Beitrag zur Geschichte der niederdeutschen Plastik im 15. Jahrhundert — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 206: Strassburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.67612#0066
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Reste der Gemälde vom Hochaltar der Marienkirche zu Lübeck
herausgreifen. Eine Zusammenstellung der Verkündigung in
Schwartau 1 mit der entsprechenden Darstellung vom ehemaligen
Hochaltar2, die sich als einziges inneres Flügelbild erhalten
hat, heute im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte zu
Lübeck, läßt die außerordentlichen Uebereinstimmungen deut-
lich hervortreten.
Sie gehen bis in Einzelheiten hinein, bis in die Art wie
Gabriel über sein brokatenes Untergewand den dunklen Man-
tel geschlungen hat, daß der rechte Arm und die Schulter frei
bleiben, wie seine langen Flügel vom Bildrand überschnitten
werden, wie die Haarwellen der Maria hinter das kräftige Ohr
zurückgestrichen sind, das Schriftband in geschwungener Linie
emporsteigend, den leeren Raum zwischen beiden Figuren glück-
lich füllt und sie zugleich trennt und verbindet usw.3
Den Männerköpfen der anderen Szenen in Schwartau lassen
.sich die beiden Apostel des Hochaltars 4 — als Teil der Außen -
1 Abbildung bei M. Paul a. a. 0. Tafel VII, 1.
2 Abbildung im Inventar. 8. 198 und Goldschmidt a. a. 0. Tafel 3.
Vgl. auch Führer durch das Museum f. Kunst u. Kulturgeschichte zu
Lübeck von Karl Schaefer, 1915, S. 43, Bau- und Kunstdenkmäler, 8. 197
und Goldschmidt a. a. 0. S. 5.
3 Für das zeitliche Verhältnis beider möchte von Bedeutung sein,
daß in der Verkündigungsszene vom alten Hochaltar — der 1425 vollen-
det war — ein weit stärker betontes Streben nach Raumwirkung in dem
nun schräg in die Tiefe gestellten Betpult und dem über Maria ange-
brachten Baldachin sich offenbart. Auch Schaefer im Führer durch das
Museum a. a. 0. hebt diese Raumgestaltung hervor. Sie hindert nicht,
daß gerade die weniger fortgeschrittene Schwartauer Komposition, deren
Figuren sich gleichmäßig lediglich vom Goldgrund abheben, auch stärker
auseinander und in dieselbe Entfernung von den Bildrändern gebracht
sind, ganz besonders liebenswürdig in der Wirkung erscheint. — Die
perspektivische Zeichnung ist übrigens auch auf den Schwartauer Ge-
mälden, wo sie einmal angewandt wird, bemerkenswert sicher, in der
hinter der Darstellung im Tempel sich erhebenden Abschlußwand mit
vorwölbendem Dach und dem Stufenbau, auf dem der zwölfjährige Jesus
sich niedergelassen hat.
4 Schäfer, Führer a. a. 0. S. 43. Bau- und Kunstdenkmäler S. 197
(dort auch Abbildung).
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