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Pechmann, Günther von; Pechmann, Günther von; Bustelli, Franz Anton [Ill.]
Franz Anton Bustelli: die italienische Komödie in Porzellan — Der Kunstbrief, Band 39: Berlin: Verlag Gebr. Mann, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.61770#0037
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DEUTSCH-TANAGRA
Die 'Bezeichnung „Deutsch-Tanagra" stammt von dem Münchner Ver-
leger und Xunstsammler Qeorg Tlirth, der dem 1898 erschienenen
Katalog seiner Sammlung deutscher Porzellanfiguren diesen treffenden
Titel gab.
Jn Meißen, wo 1709 durch Böttger das europäische Porzellan erfunden
wurde, wirkte Johann Joachim Kaendler von 1730—1775 als Modell-
meister an der Königlichen Porzellan-Manufaktur. Er schuf zuerst
große Tiermodelle für die Ausschmückung des japanischen Palais in
Dresden und andere großfigurige Arbeiten. Die nachfolgende Schilde-
rung des Tibergangs zur Kleinplastik inPorzellan, ihrer künstlerischen
und kulturhistorischen Bedeutung, ist dem ausgezeichneten Buch von
Max S au e rl an dt, „ Deutsche Porzellanfiguren des XVIII. Jahr-
hunderts" entnommen.
Es mußte Kaendler gleich bei den ersten Versuchen deutlich
werden, daß nur bei kleinen Figuren und Gruppen alle Vorzüge
der neuen Masse, ihr reines Weiß, der sanfte Schimmer ihrer
Glasur und ihre allen äußeren Einflüssen gegenüber beständige
Farbigkeit zu voller Wirkung kommen konnten. Nur in diesen
kleinen Modellen konnte sich zugleich auch das bildnerische Ver-
mögen und die Erfindungskraft des plastischen Künstlers ganz
ungehemmt auswirken.
Aus einem zunächst scheinbar ganz Äußerlichen, dem kleinen
Format der neuen Modelle, wird so etwas eminent Künstlerisches
gewonnen, der eigene, von der Großskulptur rein abgelöste Stil
einer intensiv farbigen Kleinplastik, die in dieser Form etwas
völlig Neues war, und die sich in ihrem Eigenwert der Groß-
plastik so frei und selbständig gegenüberstellen durfte, wie die
graphische Kunst des Holzschnitts, des Kupferstichs und der Ra-
dierung der Monumental- und Tafelmalerei schon lange gegen-
überstand.
Und nun ist es, als ob mit einem Schlag ein Tor weit auf-
gesprungen wäre: in hellen, bunten Scharen dringt die ganze, der
plastischen Darstellung bisher fremde Gestaltenfülle des Tages
heran: die Kavaliere und Damen des Hofes und der großen Ge-

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