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schnitt, Kerbe oder Grenzzeichen bedeutete. Da markante Bäume häufig als Grenz-
markierung benutzt und mit einer entsprechenden Kerbe versehen wurden, redete
man auch von Lach- oder Lochbäumen.

Damit sind die vier Wälder bezeichnet, die in der Neckarauer Gemarkung im 16.
Jahrhundert anzutreffen waren. Über die Rechtsverhältnisse dieser Wälder macht
das Weistum folgende Aussage: „Den Weidgang haben die Gemain allein zu besu-
chen, die Waldeynung samt dem Eckern ist gleichgesta.lt der Gemain zuständig. Ha-
gen und Jagen derorten ist meinem Gnädigsten Herrn allein zuständig. - Die Ge-
meinde allein hat das Recht der Waldweide; der Waldnutzen mitsamt dem Eckerich
ist in gleicherweise der Gemeinde zuständig. Der Gnädigste Herr, d. h. der Pfalz-
graf, hat in diesen Wäldern das Recht zu Hegen und zu Jagen."

Die Gemeinde hat also die gesamte Nutzung des Waldes, nämlich den Holzeinschlag
für Bauholz und Brennholz, und den sogenannten Eckerich, unter dem man die
Ernte der verwertbaren Waldfrüchte zu verstehen hat, nämlich Pilze, Beeren, Ei-
cheln oder Bucheckern. Schließlich darf die Gemeinde den Wald als Hütewald be-
nutzen und ihre Großvieh- und Schweineherde in den Wald zur Weide treiben. Der
Landesherr hatte das Hegen - ursprünglich die Anlage von Zäunen „Hag", um das
Wild zu halten - und natürlich das Jagdrecht. Das Recht der Hege bedeutete damals
auch, daß die Gemeinde Wildschaden in Kauf nehmen muß und es ihr streng verbo-
ten ist, auch überzähliges Wild abzuschießen. Bei den herrschaftlichen Rheinwör-
then stand der gesamte Waldnutzen dem Landesherrn zu, der ihn in Bestand gab.
Neben der Jagd auf das vierfüßige Wild, im Neckarauer Wald in erster Linie Wild-
schweine, stand in den Rheinauen die Vogeljagd, die sogenannte Vogelwaid, ganz
entschieden im Vordergrund. Dazu heißt es im Weistum: „alle Vogelgründ uff dem
Rhein seint one Mittel meinen Gnädigsten Herrn von Obrigkeit wegen des Rheins zu-
ständig, werden verliehen und durch ein Küchenschreiber verrechnet - alle Vogel-
gründe im Bereich des Rheins sind unmittelbar dem Landesherrn zuständig auf-
grund seiner Oberherrschaft über den Rhein. Sie werden durch den Küchenschrei-
ber verlehnt und verrechnet."

Diese Vogelweid oder Vogeljagd im Auengebiet des Rheins ging auf Großvögel wie
die Trappen, ein inzwischen ausgestorbener straußenähnlicher Laufvogel, und die
Antvögel, worunter wilde Enten und Gänse verstanden wurden. Unter den Wilden-
ten und Wildgänsen sind in erster Linie die Zugvögel zu verstehen, die im Winter zu
Hunderttausenden über unsere Heimat hinwegzogen und in den offenen Wasserflä-
chen des Rheins einen Zwischenaufenthalt nahmen. Zu den Antvögeln kamen Sta-
re, wilde Tauben, Haselhühner, Schnepfen, Krammetsvögel, Wachteln, Rebhühner
und vielerlei Singvögel. Vögel spielten auf der fürstlichen Tafel eine wichtige Rolle.
Bei der Verlehnung der Vogeljagd, die grundsätzlich auf Widerruf erfolgte, behielt
sich der Pfalzgraf in der Regel vor, auch selbst nach Vögeln stellen zu dürfen. Je nach
der Art der Vogelstellerei unterschied man die Vogelstang, d. h. die Jagd mit Leim-
ruten, den Vogelsang, d. h. die Lockung durch gefangene „Lockvögel", oder die
Vogelschneise, worunter eine mit Netzen und Schlingen behängter Waldweg zu ver-
stehen ist, in den z. B. Starenschwärme hineingetrieben wurden.74
Wie die Gemeinde ihre Waldnutzung regelte, ist in einem Weistum, das wahrschein-
lich aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts stammt, festgehalten. Dieses Weistum ist
im Neckarauer Dorfbuch aufgezeichnet.75

„Ordnung zu Necker au.

1. Erstlich, wann man holz außgibt, soll daßelbige jedes jähr uff mitfasten gehauen
sein.

2. Zum andern, welcher bellen- oder espenholz heimführt, so viel fahrt er tut von jeder
fahrt ein Pfund heller zu straff geben.

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