Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B. Die Orts- und Flurnamen

1. Die Ortsnamen Hermsheim und Neckarau

Wenn wir über die Ortsnamen Hermsheim und Neckarau Genaueres wissen wollen,
müssen wir einen Blick auf die Örtlichkeitsnamen (Toponyme) überhaupt werfen;
denn Ortsnamen an sich sind schon Geschichtsquellen. Wie versteinerte Fossile ra-
gen sie als Sprachreste früherer, oft vorgeschichtlicher Völker in unsere Zeit. Na-
men haben in der Regel eine zähe Beharrungskraft und werden weiterbenutzt, auch
wenn ihr Sinn nicht mehr verstanden wird. Zur ältesten Namensschicht gehören die
Flußnamen. Denn Flüsse waren die markantesten Kennzeichen einer Landschaft.
Als Verkehrswege wurden sie häufig aufgesucht und immer wieder benutzt, so daß
die Weitergabe ihres Namens gesichert war. Aus der keltischen Vorzeit, also der La-
Tene-Zeit des letzten halben Jahrtausends vor Christi Geburt, stammen die Flußna-
men Rhein und Neckar. Das keltische Wort Rhein heißt einfach Strom und zeigt da-
mit als Name an, daß dieser gewaltige Strom für die frühen Bewohner unserer Hei-
mat der Inbegriff eines fließenden Wassers überhaupt gewesen ist. Auch das kelti-
sche Wort Neckar ist ein sehr sprechender Name; Neckar bedeutet der Wilde oder
der Ungestüm-Gewalttätige. Sehr gut sind damit die Plötzlichkeit und die unbere-
chenbare Gefährlichkeit seiner Hochwasser gekennzeichnet.
Ebenfalls aus dem Keltischen kommen einige Ortsnamen, so z. B. Lopodunum.
Das Wort Lopodunum ist schon latinisiert aus dem keltischen Wort Lokwo-dunum.
Lokwo heißt See oder Sumpf und dunum heißt Berg oder Burg, so daß Lopodunum
See- oder Sumpfburg bedeutet. Als um 260 nach Christus die Alamannen Lopodu-
num besetzten, benutzten sie zwar das ihnen unverständliche Wort weiter, machten
es sich aber durch den Zusatz von Burg verständlich. Aus der Verdoppelung:
Lopodunum-Burg entstand das althochdeutsche Lopotenburg oder Lobdenburg;
daraus erkennt man, wie zäh alte Örtlichkeitsnamen festgehalten werden. Aus Lob-
denburg wurde durch Verschleifung Laudenburg und schließlich Ladenburg. In dem
schon im ausgehenden zwölften Jahrhundert ungebräuchlich gewordenen Wort
Lobdengau haben wir noch die althochdeutsche Form dieses keltisch-lateinischen
Örtlichkeitsnamens. Die neuhochdeutsche Wortform für Lobdengau müßte eigent-
lich Ladengau heißen. Ebenso keltisch ist der alte Name für Worms Borbetomagus.
Magus heißt Feld, Ebene oder auch Markt, so daß Borbetomagus Feld (oder Markt)
der Borbeter heißt. Aus der spätlateinischen Form dieses Namens Wormatia wird
unser heutiges Worms. Während in Ladenburg und Worms über 2000 Jahre alte kel-
tische Wörter stecken, haben wir bei Speyer den Fall eines Namenswechsels. Der ur-
sprüngliche keltisch-lateinische Name für Speyer war Noviomagus, was soviel wie
Neufeld bedeutet. Dieser Name wurde dem um 10 v. Chr. gegründeten römischen
Militärlager von den Römern gegeben, was zeigt, daß sich die Römer der ortsübli-
chen keltischen Namensgebung bedienten. Wahrscheinlich ist dieser Name im Be-
zug auf Borbetomagus - Worms gewählt worden. Bereits ein Jahrhundert später
wird Noviomagus nach dem germanischen Stamm der Nemeter in Nemetae oder Ci-
vitas Nemetum umbenannt. Aber auch dieser Name sollte nicht dauern. Im frühen
siebten Jahrhundert wird für die nun sehr heruntergekommene Stadt Nemetae be-
reits der Name Spira, unser heutiges Speyer, gebraucht.1

Ein letzter, nun eindeutig lateinischer Name liegt in dem spätantiken Kastell Altrip
vor. Bekanntlich steckt darin die lateinische Bezeichnung aha ripa, was hohes Ufer
bedeutet. In dem Namen dieser für Neckarau so wichtigen Ortschaft haben wir nun
wieder das Beispiel eines zähen Beharrens, wobei noch besonders erstaunlich ist,

40
 
Annotationen