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nen als Standplatz für Wurfgeschütze und gestatten, weit aus der Mauer herausspringend, bequeme
Schußrichtung nach allen Seiten des Vorfeldes. Die schweren Geschosse der auf den Türmen aufgestell-
ten freibeweglichen Schleudermaschinen machen jede Annäherung des Gegners auch unter dem bedek-
kenden Schutz von Holzbauten unmöglich, und die in den unteren Stockwerken der Türme plazierten
Mannschaften können den Raum vor der Mauer (Berme) ebenfalls flankieren. Der Abstand der Türme
entspricht der wirkungsvollen Reichweite der Pfeile und Wurfspeere.

Wie das Profil zeigt, ist der gesamte Innenraum etwa 1,5-2 m gegen das Außengelände aufgeschüttet
worden, so daß ein Miniergang eine so steile Böschung erhalten mußte, daß es auch bei Bewältigung des
Fließsandes praktisch unmöglich war, mit ihm ins Innere zu gelangen. Auch diese Aufschüttung des In-
nenraumes ist bei späteren Anlagen üblich. Dadurch stand die Festung wie ein Block hoch über dem Vor-
gelände.

Die gewaltige Mauer mit ihrem eisenharten Mörtel ist mit Belagerungsmaschinen, wie sie damals üblich
waren, nicht zu erschüttern, und die dicht an den Mauern angebauten Kasernen liegen unter dem Schutz
der Mauer in einem so günstigen Winkel für die Flugbahn der gegen die Befestigung geschleuderten Ge-
schosse, daß die hier untergebrachten Truppen und Vorräte sehr gut gesichert waren. Dieses Kastell war
für die Kampfmittel der Germanen uneinnehmbar17.

Nun war die neue Festung Alta ripa einmal Glied einer Kette ähnlicher Anlagen zur
Verteidigung der Rheingrenze. Zum anderen aber hatte sie als linksrheinisches Wi-
derlager eines Brückenkopfes auch Offensivfunktion. Denn gerade die Kaiser Ju-
lian und Valentinian I. hatten den Ehrgeiz, den Rhein zu überschreiten und das hun-
dert Jahre zuvor verlorengegangene Decumatland wiederzugewinnen. Um die Nek-
karmündung zu kontrollieren, ließ Valentinian I. auf der rechten Rheinseite gegen-
über von und gleichzeitig mit Alta ripa ein Befestigungssystem errichten: nördlich
der Neckarmündung den Neckarauer Burgus, südlich davon eine kleine wohl vier-
eckige Befestigung und den neuentdeckten Burgus in Ladenburg. Jene geriet durch
die Verlagerung des Stromes in den Rhein, wurde unterspült und brach auseinan-
der. Mindestens zwei Mauerstücke, deren Lage im Strom auf alten Karten markiert
ist18, pflegten bei Niedrigwasser herauszuschauen und wurden als Klostermauer be-
zeichnet. Im Jahre 1891 sprengten bayerische Pioniere diese Mauerreste als Schiffs-
hindernisse weg. Zehn Jahre zuvor, 1881/82, waren sie vom Mannheimer Altertums-
verein untersucht worden. Zwei Spolien, d. h. eingemauerte Steine, die sich ur-
sprünglich an einem anderen Ort befunden hatten und zu einem anderen Zweck ver-
fertigt worden waren, wurden in diesem Mauerstück entdeckt und herausgebro-
chen. Der eine, der sogenannte Afrastein, ist ein Votiv- oder Weihestein von 74 cm
Höhe, 73 cm Breite und 65 cm Dicke mit der Inschrift:

RANIA • AFRA [Af] rania Afra •

RPETVE • QVIETI [pe] rpetu(a)e • Quieti •

VISV • MONITA [ex] visu • monita •

OB SALVTi • SVA • ET ob salute(m) • sua(m) ■ et •

SVORVM • POS VI suorum • posui[t]. ™

(Eckige Klammern ergänzen weggebrochene Buchstaben der Inschrift, runde
Klammern die üblicherweise weggelassenen.)

Diese lautet auf deutsch: Af rania Afra hat der ewigen Ruhe, durch ein Gesicht ge-
mahnt, zu ihrem und der Ihrigen Heil (das Denkmal) errichtet. Auf der Oberseite die-
ses Steines, quer zur Inschrift, befindet sich ein Relief folgenden Inhalts:

Ein geflügelter kindlicher Genius, halb nach links gewendet, führt mit der rechten Hand eine Frucht zum
Munde, während die linke abwärts gestreckt ist. Zu seiner Rechten liegt eine umgestürzte bauchige Urne,
deren Inhalt sich auf den Boden ergießt; auf seiner Linken zieht sich eine Blumengirlande vom Kopf bis
zu den Füßen; daneben steht eine umgekehrte Fackel. - Das ausfließende Wasser und die umgedrehte
Fackel sind Sinnbilder des Todes; diese Symbolik und die Querstellung des Reliefs im Hinblick auf die
Afra-Inschrift scheinen darauf hinzuweisen, daß Relief und Inschrift nicht zusammengehören, sondern
der Stein zweimal als Denkstein zu verschiedenen Zwecken verwendet worden ist und schließlich als

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